Geschichte des Banats vom Mesolithikum bis zum EU-Beitritt

Eine Rezension des umfassenden wissenschaftlichen Werks aus der Reihe „Geschichte der Gegenwart“

Der umfangreiche, von Ioan Bolovan und Rudolf Gräf vom Zentrum für Transsilvanische Studien in der Reihe „Geschichte der Gegenwart“ (Betreuer der Reihe: Univ.-Prof. Dr. Vasile Pușcaș) herausgegebene Sammelband in rumänischer Sprache „Eine Geschichte des Banats. Ein Handbuch“, 2. Auflage, umfasst mit zahlreichen in den Text integrierten Darstellungen und Landkarten 679 Seiten.

Eingangs wird die geografische Lage des Banats samt Reliefformen und Klima festgehalten, damit sich der Leser in das Milieu hineinzuversetzen vermag – eine amphitheaterartige Erscheinungsform – ausgehend im Westen von der Theißtiefebene und nach Osten und Südosten zu ansteigend bis hin im Osten zum Retezat-Gebirge im Südwesten der Karpatenausläufer bzw. zum Banater Bergland im Südosten...

Funde und Artefakte bezeugen die Existenz menschlichen Lebens im Theiß-Donau-Westkarpaten-Raum im Mesolithikum (Mittelsteinzeit:120.000 bis 40.000 v. Chr.). Leider ist das Paläolithikum (beginnend um zirka 700.000 v.Chr.) in diesem Raum noch kaum erforscht (S.49 ff).    

Im Epipaläolithikum (S. 54) – also in der Mittelsteinzeit – geprägt von der Übergangs-Entwicklung vom Jäger und Sammler zur Feld- und Viehwirtschaft  bzw. zur Ansässigkeit des Menschen – sind  vor allem im Südosten des Banats dementsprechende Belege auszumachen, wie z. B. im Gebiet um das Eiserne Tor bei Dubova, Alibeg, in den Höhlen von Veterani und Climente II., aber auch im Cerna-Gebirge oder in der Räuberhöhle (Peștera Hoțior) bei Herkulesbad.

Wesentlich mehr Funde stammen aus dem Neolithikum – der Neusteinzeit – (um 5800 und 4000 v. Chr.) als diese von der sogenannten Theiß-Kultur abgelöst worden war. Ausgestellte Objektfunde aus jener Zeit, der Theiß-Kultur, befinden sich im Museum für Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie in der niederösterreichischen Marktgemeinde Asparn an der Zaya.

Im Banat wurden in Freidorf (Temeswar), bei Gornea, Dubova, Foeni, Paratz/Parța, Uivar, Hodoni und Sankt Andres/Sânandrei Beweise für diese Zeit erbracht. Reichlicher wurden die Funde (S. 62ff) aus der Bronzezeit (2600 > 1200 v.Chr.), als auf terrassenförmigen Anlagen Ackerbau betrieben wurde und Ansiedlungen nachweisbar sind, wie z. B. in Foeni, Cornești, Perjamosch/Periam, Petschka/Pecica, Knes/Satchinez, Neupetsch/Peciu Nou u. a.

Auch die Eisenzeit (1200 > 4. Jh. v.Chr.) ist gut dokumentiert. So wurden beispielsweise Eisenverarbeitungsnachweise in Susani, Bobda aber auch fertige Produkte in Tirol (Banat), Brebu, Moldova Veche, Temesch-Tal/Valea Timișului) u. a. sichergestellt.

In Kapitel II., „Die Daker im Banat“ (S. 75 ff.), wird der Leser in die Zeit vor, während und nach den Dakerkriegen unter Decebal und Trajan sowie deren Nachfolger eingebunden, weil das Banat zum Dakerterritorium gehörte und unter Burebista und Decebal den kriegerischen Auseinandersetzungen jener Zeit ausgesetzt war. Dem Leser werden diese Auseinandersetzungen zwischen dem Dakerkönig Decebal (85-106 n. Chr) – ein ausgezeichneter Diplomat und Stratege – und dem römischen Kaiser Trajan (98–117) detailliert berichtet, die nach dem ersten Feldzug 101, mit dem zweiten im Jahre 105/6 mit 15 Legionen und Zusatztruppen zur Unterwerfung Dakiens führten. Während dieser Kriege wurde das Banat in Mitleidenschaft gezogen. Zu erfahren ist, dass die römische Provinz Dacia das gesamte Banat, den Westen Olteniens (etwa die heutigen Bezirke Mehedinți, Dolj, Gorj und den größten Teil Siebenbürgens (ausgenommen den Südosten, d. h. die Kreise Hermannstadt/Sibiu und Kronstadt/Brașov umfasste.

Aus den Berichten von Cassius Dio und Plinius dem Jüngeren erfährt der Leser über die Stationierung der Legionen II Adiutrix („die Helferin“), IV-Flavia Felix („glückliche flavische“) und der XIII. Legion Gemina (die 13. Zwillingslegion), die dem Gouverneur im Rang eines Konsuls der kaiserlichen Provinz Dacia zur Verfügung standen. Bei Ausgrabungen im Raum Großsanktnikolaus wurde der Grabstein des Hornisten dieser XIII. Legion Gemina gehoben.

Die  römische Provinz Dacia mit Colonia Ulpia Traiana Augusta Dacica Sarmizegetusa als Hauptstadt wurde von den Römern sorgfältig verwaltet, Kriegsveteranen durften sich nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem römischen Heer hier niederlassen, erhielten ein Stück Feld zur Bearbeitung usw.

Der Bau von Straßen und Befestigungsanlagen folgte dem römischen Vorbild: Wohlhabende konnte sich sogar villenartige Bauten leisten, wie sie im Raum Dalboșeț (Valea Almăjului), in Petroșnița und Bucoșnița, Zăgujeni, Brebu, Tibiscum (römisches Kastell der Hilfstruppen etwa im Munizipium im Raum Karansebesch in der Limes(Grenz)-Provinz Dacia Superior bzw. nachmals Dacia Apulensis) und Dierna (Orschowa) gefunden wurden. Die bodenständige Bevölkerung war der Beeinflussung durch die römischen Besatzungstruppen und vor allem durch die der Veteranen ausgesetzt, sodass sich ein Sprachengemisch entwickelte, fußend auf der Altsprache der Daker, die dem Volkslatein römischer Sprachelemente entsprechenden Nährboden lieferte. Altdakische Ausdrücke waren barza, băiat, dava (daua, daba- für Stadt, (vgl. Sucidava- auf dem heutigen Stadtgebiet von Corabia). Der Gebirgsname Karpaten geht auf dakisch karpa (albanisch karpë -„Fels“;  indogermanisch kar/ker bzw. korpa-„schneiden“ zurück. 

So hat sich nach dem Abzug der Römer unter Kaiser Aurelian (S. 121 ff,) um das Jahr 271 und zu Beginn der Völkerwanderung am Anfang des 5. Jahrhunderts durch Hunnen, Awaren, Ostgoten das Banat wie der gesamte Karpaten-Raum bis zur Theiß-Tiefebene zum Durchzugsgebiet mit temporärem Aufenthalt dieser Völkerschaften gewandelt. Was zur Römerzeit aufbauend gestaltet wurde, erlitt in der Folge einen Niedergang durch Gewalt, Plünderungen und allgemeine Verwüstungen.

Die Herauskristallisierung der Gesellschaft des Mittelalters vom 6. bis 10. Jahrhundert wird eingehend (S. 141 ff) dargestellt, während das Banater Hoch- und Spätmittelalter (1000 - 1715) auffallend ausgedehnt erscheint; das Spätmittelalter, mitunter auch als Herbst des Mittelalters bezeichnet, von zirka 1250 bis ungefähr 1500, verlängert sich im Banat um mehr als 200 Jahre. Man bedenke die ständigen Entwicklungsrückschläge und Hemmnisse durch viele anhaltende Kriege.

Im Spätmittelalter (S. 185 ff) und der frühen Neuzeit war das Banat Schauplatz ständiger Kämpfe, ob es nun der Bauernkrieg von 1514/15 unter dem in Temeswar hingerichteten Georg Dózsa war oder die Türkeneinfälle Mitte des 16. Jahrhunderts, die das Banat von 1552 bis 1716 in die Abgängigkeit der Hohen Pforte bis zur Befreiung durch Prinz Eugen brachte.

Die Moderne (1716-1918) (ab S.283 ff ) unterteilt das Kapitel in die imperiale Zeit im Banat (1716–1778) und in die Periode im 19. Jahrhundert (wohl die königliche ungarische Zeit, Anmerk. H.D.).

Als Neustrukturierung (S. 283 ff.) nach den Türkenkriegen erfolgte im dem Habsburgerreich unterstellten Banat durch das erste habsburgische Impopulationspatent vom 11. August 1689 und den folgenden diesbezüglichen Maßnahmen die Besiedlung der durch die Kriege ausgedünnten Region durch Kolonisten aus diversen Teilen des Hl. Römischen Reiches. Die Wirtschaft florierte, neue Dörfer entstanden oder alte wurden ausgebaut; in den Städten beginnt sich eine Industrie zu entwickeln, die z. T. für bescheidenen Wohlstand sorgte; Schulbildung und Kultur nahmen einen steten Aufschwung.

Mit dem Jahr 1778 und dem Übergang der Verwaltung des Banats an Ungarn, vollzogen sich dementsprechende Änderungen: lediglich die Militärgrenze verblieb unter habsburgischer Kontrolle (S. 316).

Durch den Verkauf von Cameraldomänen polarisierte sich das Vermögen, indem es die Schicht der reichen ungarischen Magnaten stärkte. Verschiedene Unruhen von Minderheiten waren auch religiös bedingt. Die Rumänen unter Dimitrie Țichindeal und Teodor Șerban bemühten sich um die religiöse Unabhängigkeit und die Beibehaltung der Orthodoxie.

Dem Leser werden die Abläufe der Revolution von 1848/49 (S.332 ff.) näher erläutert und es wird auch auf die Ereignisse in der Wojwodina und im Temeswarer Banat eingegangen. Erwähnung findet auch die Bogaroscher Schwabenpetition (S.336) als erstes politisches Manifest der Deutschen im Banat.

Mit dem sogenannten Ausgleich von 1867 und der Gründung der österreichisch-ungarischen Monarchie wurden die Minderheiten in der ungarischen Reichshälfte steten Nationalisierungstendenzen ausgesetzt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfolgten zahlreiche Auswanderungen nach Übersee.

Im Banat war – vor allem in den Industriestädten- und -gebieten – eine aufkeimende und immer stärker werdende Arbeiterbewegung zu verzeichnen.

Nach dem Zusammenbruch der Doppelmonarchie Österreich-Ungarns wurde im multiethnischen Banat zwecks Rettung vor der zerstückelnden Aufteilung des historischen Banats zwischen Ungarn, Serbien und Rumänien am 1. November 1918 in Temeswar die Banater Republik ausgerufen (S. 391/92).

Mit dem Einmarsch serbischer Truppen am 15. November 1918 endete diese kurze Republik und am 21. Juni 2018 erfolgte die Aufteilung des historischen Banats zwischen Rumänien, Serbien und Ungarn.

Das Kapitel „Das Banat der Gegenwart“ setzt sich mit der Zwischenkriegszeit, dem Zweiten Weltkrieg, mit der Nachkriegszeit und der Dezemberrevolution von 1989 sowie mit dem Momentum Temeswar auseinander.

Der zunehmende Einfluss der von Deutschland ausgehenden nationalsozialistischen Bewegung fand auch unter manchen Deutschen im Banat  einen entsprechenden Zulauf – allerdings keine allumfassende Bewegung.

Doch während und nach dem Zweiten Weltkrieg (S.437 ff.)  wurde diesbezüglich der deutschen Bevölkerung eine Kollektivschuld aufgebürdet: Verschleppungen von Teilen der deutschen Bevölkerung des Banats zum zwangsbedingten Wiederaufbau in die Sowjetunion waren die Folge.

Anfang der 50er Jahre erfolgte dann die Zwangsumsiedlung in die Bărăgan-Steppe. Dieser schikanösen Handlungen und den Unzulänglichkeiten und Einschränkungen ihrer Freiheit überdrüssig waren viele Banater – nicht nur Deutsche – zu einer Umsiedlung ins Ausland bestrebt.

Erst die Ereignisse der sogenannten aus Temeswar ausgehenden Revolution vom Dezember 1989 und der Umsturz des Ceaușescu-Regimes läuteten die politische Wende in Rumänien ein.

Nicht zu vergessen: wichtige Termine in der Geschichte Rumäniens, wie z. B. der 29. März 2004, der NATO-Beitritt; Banater Militäreinheiten nehmen an gemeinsamen Manövern teil; und am 1. Januar 2007 erfolgte der EU-Beitritt Rumäniens.

Verschiedene Autoren, Banater Persönlichkeiten, werden auf den Seiten 537 bis 624 in Wort und Bild vorgestellt, wie etwa Vincen]iu Babeș, Béla Bartók, Ana Blandiana, Constantin Daicoviciu, Traian Doda, Adam Müller-Guttenbrunn, Stefan Walter Hell, Ioan Holender, Ștefan Jäger, Paul Kinizsi, Romul Victor Ladea, Nikolaus Lenau, Constantin Diaconovici Loga, Felix-Bódog-Srecko Milleker, Herta Müller, Eftimie Murgu, Dositej Obradovic, Zsigmond Ormós, Augustin Pacha, Dimitrie Țichindeal, Traian Vuia, Johnny Weissmüller – , um nur einige zu nennen.

In Kapitel IX (S. 625 - 669) wird eine übersichtliche Chronologie der Banater Geschichte präsentiert, die wertvolle Daten und Ereignisse von den Anfängen bis ins Jahr 2013 anbietet.

Die Autoren der Kapitel, Unterkapitel und Kapitel-Abschnitte konfrontieren den Leser mit den Ergebnissen ihrer akribischen Forschungen und bieten bis in kleinste Details reichende Auskünfte zur behandelten Thematik.