Seit 2021 steht Dr. Filip Petcu (38) an der Spitze des Kunstmuseums (MNArT) in Temeswar/Timișoara. Der begabte Gemälderestaurator und Ikonenmaler hat die Nikolaus-Lenau-Schule und anschließend die Fakultät für Kunst und Design der West-Universität Temeswar abgeschlossen, wo er parallel zu seiner Museumstätigkeit weiterhin als Dozent beschäftigt ist. Als Manager des MNArT hat sich Filip Petcu einiges vorgenommen, von der Veranstaltung herausragender Kunstausstellungen bis hin zur allgemeinen Neugestaltung des Auftritts seiner Institution. Was im europäischen Kulturhauptstadtjahr noch bevorsteht und vieles mehr verrät der Museumsleiter im Gespräch mit ADZ-Redakteurin Raluca Nelepcu.
Was waren die ersten drei Dinge, die Sie nach der Übernahme der Leitung des Kunstmuseums unternommen haben?
Nach der Übernahme der Leitung des Kunstmuseums in Temeswar, in der Übergangsphase, wurden folgende drei Dinge umgesetzt: die Erstellung eines strategischen Plans zur Prüfung und Planung der grundlegenden Infrastruktursysteme, die für das Museumsgebäude erforderlich sind, die Ausarbeitung des Plans für die Neugestaltung der Ausstellungen für das laufende Jahr – und dazu gehört auch die Konsolidierung und Wiederaufnahme der Verbindungen mit nationalen und externen Mitarbeitern -, und nicht zuletzt die Maßnahmen für das Online- und Vor-Ort-Rebranding, die interne und räumliche Umstrukturierung, eine Aktion, die die Mobilisierung, Ausbildung und Entwicklung der menschlichen Ressourcen im MNArT voraussetzt. Der Temescher Kreisrat hat über 2,5 Millionen Euro in die Modernisierung der Infrastruktursysteme des MNArT investiert. All dies, um Partnerschaften mit renommierten Institutionen wie dem Centre Pompidou in Paris eingehen zu können und im Jahr 2023 in den Genuss von Leihgaben der Werke von Victor Brauner und Constantin Brâncuși zu kommen.
Im Kulturhauptstadtjahr haben Sie den Kunstliebhabern zwei herausragende temporäre Ausstellungen geboten: „Paul Neagu. Eine Retrospektive“ und „Victor Brauner: Erfindungen und Magie“. Wie groß war das öffentliche Interesse? Wie viele Besucher hatten Sie?
Die beiden Star-Ausstellungen haben eine beispiellose Interessenswelle ausgelöst, denn – es ist kein Geheimnis – diese Ausstellungen im MNArT sind zwei der bedeutendsten „Triebwerke“ im Bewerbungsbuch der Kulturhauptstadt. Sie wurden parallel zur kompletten Neugestaltung der Dauerausstellungen gestaltet. Diese Neugestaltung hatte ein Konzept und betraf alle Ebenen der Umstrukturierung, von der Auswahl der Werke über ihre räumliche Neukontextualisierung bis hin zur farblichen Neudefinition des Raums, der Beschriftung, der angemessenen Beleuchtung und innovativen Elementen wie dem besuchbaren Restaurierungslabor, dem Lagerraum für dekorative Kunst als besuchbares Digitalisierungslabor und der Umbenennung der Mercy-Vitrine in MNArT Open View Gallery, wo das Museum in Dialog mit Sammlern und der Öffentlichkeit tritt.
Die Eröffnung der Victor-Brauner-Ausstellung fiel mit der Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres zusammen. Diese Überschneidung führte zu einer Besucherzahl von mehr als 6000 Personen allein in den ersten Tagen. Von der Eröffnung der Ausstellung bis heute haben wir einen Rekord von mehr als 12.000 Eintrittskarten verzeichnet. Siehe da, wir haben 2023 in nur einem Monat so viele Besucher wie in einem Jahr! Ein erstmaliger Erfolg, würde ich sagen.
Sie haben kürzlich angekündigt, dass verschiedene Besuchergruppen – Rentner, Schüler, Kunststudenten usw. – freien Eintritt haben werden. Welche Überlegung steckt dahinter?
Wir haben natürlich versucht, das Museum für die breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und wir arbeiten auch heute noch an diesen für ein Museum wesentlichen Aspekten. Eine der Maßnahmen war die Anschaffung von zwei Treppenliften, um einen behindertengerechten Zugang zum Barockpalais und zu den Ausstellungen zu ermöglichen. Eine andere bestand darin, die Öffentlichkeit anzulocken, indem jeden dritten Mittwoch im Monat Freikarten für Rentner für alle Ausstellungen des Museums angeboten wurden, oder kostenlose Besuche der Brauner- und Neagu-Ausstellungen. Auf Beschluss des MNArT-Verwaltungsrats gewährten wir auch den Begleitern von Schülergruppen freien Eintritt, die nach den geltenden Gesetzen nicht in den Genuss des freien Eintritts gekommen wären. Gleichzeitig haben wir versucht, das Museum den Studenten und Lehrern der bildenden Künste näher zu bringen, indem wir sie ermutigten, das Museum so oft wie möglich zu besuchen und dort zu arbeiten, wie man das im Ausland beobachten kann. Wir haben auch Kulturvermittlungsprogramme initiiert, im Rahmen derer wir zusammen mit dem Museumsteam Fanzine, Malbücher und Arbeitsbroschüren entworfen haben, die an das Erbe des Museums angepasst sind und sich an verschiedene Kategorien von Besuchern wie Kinder, Jugendliche usw. richten.
Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um die Kinder für das Museum zu gewinnen?
Wir haben die spielerische Dimension im Museum gefördert, Führungen, Workshops, Innovationen mit überdimensionalen Rätseln, das Einbinden von technologischen Elementen, virtuelle Führungen, Online-Quizspiele, Wettbewerbe mit Preisen, trans- und multidisziplinäre Aktionen, die sich auf die Beziehung zwischen Wissenschaft und Kunst konzentrieren, Workshops, die das Engagement des jungen Publikums und die partizipatorische Dimension fördern, organisiert, wir haben an Aktionen im Freien teilgenommen, an kreativen Workshops außerhalb des Museums, wie im Frühlings- oder im Weihnachtspark. Wir haben auch eine Ermäßigung für Schülergruppen von Schulen eingeführt, die eine Partnerschaft mit dem Kunstmuseum eingehen. Das übergroße Puzzle, das Theodor Amans „Mädchen mit Pony“ (Fata cu breton), ein Werk aus der Sammlung des MNArT, darstellt, war ein echter internationaler Erfolg auf der Weltausstellung in Dubai 2022, wo wir uns am rumänischen Pavillon beteiligten.
Wegen des ehemaligen Direktors hat das Museum einen Teil der Corneliu-Baba-Ausstellung verloren. Gibt es eine Möglichkeit, die Werke zurückzuholen? Was umfasst die derzeitige Baba-Ausstellung im Kunstmuseum?
Es gibt viele Unzulänglichkeiten, die durch die vorherige Leitung verursacht wurden, über die wir viel gesprochen haben (...) und die wir nun versuchen, zu beheben. Eine davon ist die Corneliu-Baba-Ausstellung selbst, die durch die Rückgabe der Werke an das Nationale Kunstmuseum von Rumänien (MNAR) in Bukarest aufgrund der Nichteinhaltung von Vertragsklauseln gelitten hat. Die Corneliu-Baba-Ausstellung in Temeswar bleibt jedoch in ihrer jetzigen Form die bedeutendste Sammlung in Rumänien. Anlässlich der Wiedereröffnung der Dauerausstellungen am 17. Februar d. J. wurde die Ausstellung in einer neu gestalteten Form präsentiert. Sie wird auf einem farbigen Hintergrund projiziert, den Corneliu Baba gutgeheißen hat und den wir in Zusammenarbeit mit Frau Maria Albani, Corneliu Babas testamentarischer Vermächtnisnehmerin, ausgehend vom Farbton eines farbigen Papierumschlags, der dem Künstler gehörte, geschaffen haben. Wir laden alle dazu ein, die Ausstellung (wieder) zu entdecken! Im Laufe des nächsten Jahres wird die Corneliu-Baba-Ausstellung jedoch eine weitere Umgestaltung erfahren, mit überraschenden Elementen, über die wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts Näheres verraten können.
Welche Dauerausstellungen können derzeit besichtigt werden?
Folgende Dauerausstellungen sind im MNArT zu sehen: Die auf der Sammlung Ormos Zsigmond basierende Ausstellung Europäischer Kunst ist im 2. Stock des Barockpalais untergebracht und umfasst europäische Kunstwerke vom 15. bis zum 19. Jahrhundert, die thematisch präsentiert werden; es handelt sich um eine Ausstellung, die um die Figur dieses Mäzens, des Gründers einer städtischen Kunstgalerie, kreist, die im Jahr 2022 ihr 150-jähriges Bestehen feierte. Die Ausstellung beginnt auf dem Platz vor dem Barock-saal und gipfelt im Kunstlabor für Besucher, das die Bedeutung des kulturellen Erbes unterstreicht, die mit dem Bewusstsein für den Eigenwert der Sammlung und der Verantwortung, dieses Erbe zu bewahren, zu erforschen, zu restaurieren und (neu) zu kontextualisieren, einhergeht. Das Mäzenatentum und der aufklärerische Geist von Ormos lassen sich in der Struktur dieser Ausstellung anhand von zwei Selbstporträts ablesen, die den Ausstellungsparcours eröffnen und abschließen.
Weniger explizit, aber ebenso wichtig ist die Präsenz von Ormos in der Galerie für Banater Kunst und moderne rumänische Kunst, wo die Szenografie der Ausstellung interkulturelle Dialoge zwischen der Nachahmung der mitteleuropäischen Kunstszene des 18. bis 20. Jahrhunderts und dem levantinisch-westlichen Nachhall des französischen Einflusses auf die Kunst der rumänischen Länder schafft. Dabei folgen die dargestellten Themen einem chronologischen und thematischen Pfad, und die Farbkodierung der Wände und Beschriftungen sowie die Elemente der Beschilderung unterstützen diesen Dialog. Die warme Atmosphäre der Räume wird durch Farben, Möbelelemente und kuratorische „Fenster“ zum Sammlerraum oder zum besuchbaren Lager für dekorative Kunst – Digitalisierungslabor – unterstützt.
Sie sind Absolvent des deutschen Nikolaus-Lenau-Lyzeum. Gibt es Kooperationen mit Kunstinstitutionen in Deutschland? Planen Sie etwas in dieser Hinsicht?
Natürlich haben wir eine enge Beziehung zum Deutschen Konsulat und planen für die Zukunft eine Zusammenarbeit mit ähnlichen Institutionen in Deutschland. Wir haben an einer Konferenz im Museum für Kommunikation in Frankfurt teilgenommen, und dieses Jahr bereiten wir eine Konferenz mit Vertretern dieses Museums vor. Dieses Jahr veranstalten wir eine Ausstellung mit deutschen Malern aus dem Banat, die sich mit den Heimattagen überschneiden wird. Auch für 2024 sind Kooperationen mit Institutionen in Deutschland geplant, unter anderem mit dem Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm.
Die Brâncuși-Ausstellung im September wird ein wirklich einzigartiges Ereignis sein. Was wird die Öffentlichkeit in dieser Ausstellung bewundern können?
Die Ausstellung im September ist eine symbolische Geste in der Reihe der „Rückholungen“ rumänischer Künstler, die ins Ausland emigriert sind oder dort gearbeitet haben: darunter Oskar Szuhanek, Jacques Herold, Paul Neagu, Victor Brauner und Constantin Brâncuși.
Wie die Victor-Brauner-Ausstellung wird auch die Brâncuși-Ausstellung gemeinsam mit dem Französischen Institut und der Stiftung „Art Encounters“ organisiert. Das Centre Pompidou in Paris war mit 40 Werken aus seiner Sammlung und der Kuratorin Camille Morando Mitveranstalter der Victor-Brauner-Ausstellung.
Die Constantin-Brâncuși-Ausstellung ist eine Gelegenheit, Werke zusammenzubringen, die in Rumänien noch nie zu sehen waren, und hier geht es um Skulptur, Grafik, Fotografie, Film, eine Auswahl von Werken, die von der Kuratorin Doina Lemny zusammengestellt wurde.
Was soll in Temeswar nach dem europäischen Kulturhauptstadtjahr für die Zukunft bleiben?
Über den Moment der Kulturhauptstadt hinaus glaube ich, dass das Museum und die Stadt es verdienen, mit einer Infrastruktur zu bleiben, die Status und Erfahrung sichern soll, um in der Zukunft weiterhin zu wachsen. Dieses Wachstum wird durch eine gemeinsame Anstrengung erreicht, einen Zusammenschluss von Kräften, die auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet sind, nämlich Temeswar den Platz zu verleihen, den es verdient, die Chance, ein Modell des Wiederaufbaus von Werten und Strukturen darzustellen, die seine Identität definiert haben. Die erste freie Stadt, eine Stadt der Innovation, ein multikulturelles Universitätszentrum. Das Kulturerbe, die Bildung und die Forschung bleiben, in dieser Reihenfolge, die Säulen, die auf Langzeit einen respektablen Status garantieren.