Im September 1979 beschloss der Auktionator Dr. Jürgen Fischer die erste Spezialauktion, die sich rein um das Thema Glas dreht, zu veranstalten. Seitdem führt das Auktionshaus Dr. Fischer jährlich drei spezielle Glasauktionen – wovon eine in der Glashochburg Zwiesel stattfindet – mit großem Erfolg durch und erzielt dabei immer Topzuschläge. Bei den Auktionen werden Gläser aus der Antike bis hin zu zeitgenössischen Glasobjekten angeboten. Heilbronn hat sich somit zu einem der wichtigsten Umschlagorte für den Glashandel entwickelt. Für Museen und Sammler aus der ganzen Welt ist der Auktionstermin ein Muss. Auch die diesjährige Herbstsaison wird mit einer Glasauktion eingeleitet. Knapp 1200 Glasobjekte verschiedenster Glasepochen werden in dieser Spezialauktion angeboten.
Am 19. Oktober 2019 kommt eine kleine aber sehr bedeutende norddeutsche Privatsammlung von 30 hochwertigen Gläsern zum Aufruf, wie es in einer Pressemitteilung des Hauses heißt. Die Sammlung umfasst u. a. einen venezianischen Fadenglaspokal aus dem 17. Jahrhundert, mehrere sächsische Hofkellerei-Gläser aus dem 17. Jahrhundert, einen auf 1714 datierten Ochsenkopfhumpen aus dem Fichtelgebirge, verschiedene Deckelpokale mit Schnitt- und Schliffverzierung, meist aus Böhmen und Schlesien, aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und einen Zechliner Deckelpokal mit geschnittenem, vergoldetem Bildnis von Friedrich den Großen um 1740. Hervorzuheben ist ein 15,5 cm hoher Kurfürstenhumpen, der auf das Jahr 1670 datiert ist (Taxe: 8000 – 12.000 Euro). Der Humpen zeigt, über zwei Reihen in feiner Emailmalerei ausgeführt, sieben Kurfürsten und Kaiser zu Pferde, gerahmt von Säulen und Lorbeerranken. Zwei ähnliche Humpen befinden sich im Kestner-Museum in Hannover. Herauszustellen ist auch ein Fußbecher mit Musikantenzug. Auf der sechsfach facettierten Wandung sind in verschiedenen, feinen Schlifftechniken musizierende Putti vor einer Schlossschaft dargestellt. Die Gravur ist Christian Gottfried Schneider (1710 – 1773) zugeschrieben. Wie zu seiner Zeit üblich, arbeitete C. G. Schneider auch mit Stichvorlagen, jedoch bei der Gestaltung der Umgebung ließ er seiner Gestaltungsfreude freien Lauf. Seine präzise eingesetzte Schneidetechnik, gepaart mit großen Ideenreichtum, machte ihn zum überragenden Glasgraveurs seiner Zeit (Taxe: 3500 – 4000 Euro).
Im Bereich des alten Glases kommen außerdem gleich mehrere Gläser von Anton Kothgasser (1769 Wien – 1851 Wien) zum Aufruf. Kothgassers Gläser zieren Themen, die auch in der Porzellanmalerei üblich waren: Stadtansichten, Landschaften, Blumenstücke, Allegorien und Ornamente. Die Gläser der Auktion zeigen jeweils ein im Goldmalerei gerahmtes Feld mit Karlsbader bzw. Wiener Ansichten aus feiner, polychromer Transparentemail-Malerei. Die Gläser sind jeweils auf 1500 bis 3500 Euro angesetzt.
Im Bereich des modernen Glases ist das Objekt „La main noire“ des Glaskünstlers James Coignard (1925-2008) hervorzuheben. Coignard arbeitete zunächst als Maler und entdeckte dann das Material Glas für sich. Ihn faszinierte vor allem die Möglichkeit, mit den verschiedenen Lichteinfällen zu spielen. Seine Werke spiegeln das Dilemma der Menschheit – der Mensch als Gefangener seiner Umgebung – wider. Diese Thematik zieht sich durch all seine Werke (Taxe: 8000 – 12.000 Euro).
Im Rahmen der Auktion wird außerdem eine ca. 30 Objekte umfassende Sammlung des 1947 in der Glashochburg Zwiesel geborenen Künstlers Theodor Sellner zum Aufruf kommen. Sellners Werk zeichnet sich durch eine unheimliche Komplexität aus, indem er verschiedenste Techniken benutzt und unterschiedliche Materialien in seine Arbeiten integriert. So entstehen malerische Vasen, aber auch Pâte-de-verre-Objekte oder großformatige Skulpturen. Diese Varietät spiegelt sich auch in der zur Auktion angebotenen Privatsammlung wider. Neben verschiedenen Vasenobjekten sind hier auch neun der sogenannten „Friedenswächter“ zu finden. Diese stelenartigen, 70 – 170 cm hohen Figuren bestehen aus einem im Glasschmelzofen frei geformten und in Überfangtechnik gefertigten Kopf und aus Flachglasscheiben geschmolzenen Seitenteilen. Die Glasskulpturen sind mit jeweils 400 – 700 Euro sehr attraktiv ausgesetzt.
Das Auktionshaus Dr. Fischer ist auch dafür bekannt, dass regelmäßig Auktionen zu Kunst und Kunsthandwerk aus Siebenbürgen veranstaltet werden. Im November 1976 fand die erste Auktion des Hauses zu diesem Theam statt. Auch heute kann man noch siebenbürgische Kunst im Katalog des Hauses finden. Erst im Jahr 2017 fand eine Spezialauktion unter den Motto der siebenbürgischen Kunst statt, bei der vor allem Silbergegenstände Anklang fanden. Ein Kokosnusspokal aus Siebenbürgen, datiert auf das Jahr 1598, ging beispielsweise für 19.000 Euro an einen deutschen Bieter. Da die siebenbürgische Kunst vor allem auch wegen ihres prunkvollen Trachtenschmucks bekannt ist, war auch die Schmucksparte durchaus erfolgreich. So erzielte etwa ein Prunkgürtel des Silberschmieds Josephus Traugott Römer einen Erlös von 15.000 Euro. (lb)