Über den 1. Mai gab es im „Musikalischen Temeswar“ eine kurze Ruhepause. Danach allerdings verliehen die Veranstalter der 39. Ausgabe so etwas wie eine zusätzliche Vielfalt, einen kunterbunten Mix, vor allem durch die Orientierung auf seltener Gespieltes, auf Stücke, die eher außerhalb des laufenden Repertoires der Temeswarer Philharmonie liegen.
Den Anfang machte ein wahres Multimedia-Spektakel, das sich auf die Musik von J. S. Bach stützte und durch dem kompositorischen Filter Adrian Enescus gegangen war. Für die Projektionen sorgte der Temeswarer Zoli Tóth. Neben dem bekannten Drummer (er wurde vor allem durch das von ihm gegründete Ensemble „Sistem“ bekannt, das sich auf die musikalisch-rhythmische Bearbeitung von Blechfässern stützt und das beim Temeswarer Auftritt im Rahmen seiner gegenwärtigen Rumänientournee dabei war), traten die Violonistin Amalia Gâscă, die Cellistin Flaminia Nastai und der Schlagzeuger Bogdan Pop (Enescus Vorzugsschüler) auf. Sicherlich spielte im Gesamtkonzept Zoli Tóth mit seinen 3D-Projektionen eine Schlüsselrolle.
„Bach im Showbizz“, wie sich das Ganze betitelte, brachte uns eine neue Form gepflegter Musik ins Bewusstsein, wo der Rhythmus vorherrschend ist, aber die Fragmente aus dem Werk des großen Leipziger Kantors den Leitfaden bildeten, der mit dem Gegenwartsfilter zu einem Gesamtkunstwerk modelliert wurde.
Schön zu verfolgen, wie Adrian Enescu kreativ und interpretativ es geschafft hat, Vergangenes und Gegenwärtiges zusammen und zu etwas Neuem zu führen. Bewundernswert das Geschick, die Virtuosität und völlige Hingabe aller Beteiligten, die letztendlich eine bedingungslose Bewunderung der Anwesenden weckten.
Auch ein nächster Punkt des Megafestivals war vom Schlagzeug beherrscht. Diesmal war es der Auftritt der Schüler von Alina Jumuga-Cuibaru, die als Ensemble SPLACH auftreten (Andra Uza, Philip Goron, Samira und Samar Moru]an, Bogdan Blescun, Amelia Trifu, Daniel Jumuga-Cuibaru und Paula Romo]an) und die, diesmal verstärkt mit einer Kollegin der Klausenburger Schule, quer aus allen Klassen der Musikschule rekrutiert sind. Mit Werken von J. Spears, E. Kopetzki, N. I. Zivkovic, T. L. Davis, P. Hudec, H. Mancini und A. Keown bewältigten sie glänzend ein schwieriges und anspruchsvolles Programm, mit dem es ihnen gelungen ist, das Interesse derer im Saal vollauf zu fesseln.
Den zweiten Teil dieses Konzerts bestritt das sinfonische Orchester des Musikkollegiums „Ion Vidu“, am Dirigentenpult der Student der Musikhochschule Temeswar, Cezar Verlan. Das Orchester klang ziemlich gut und homogen in der Ouvertüre „Il sinior Brischino“ von G. Rossini und in der Arie „Non piú andrai“ von Ioan Berhuescu, ziemlich zurückhaltend und blass blieb es, zusammen mit Dan Sărăcuţi im Konzert für Klavier und Orchester Nr. 8 in C-Dur von W. A. Mozart und zeigte seine Defizite im „Gloria“ von A. Vivaldi, wo die Vokalsolisten unter aller Erwartung blieben. Der von Lucian Oniţă gleitete Chor war überraschend massiv, beging aber die Unhöflichkeit, sich beim Finalapplaus nicht mehr zu zeigen. Aber er hat machtvoll den gesamten Auftritt unterstützt.
Leider ist zum Saalprogramm einmal mehr zu bemerken, dass es ungenau verfasst war und nicht einmal mit Exaktheit alle Stücke nannte, die zur Aufführung kamen. Der Information des Publikums diente es bloß beschränkt. Aber wenn sogar Vornamen von Komponisten fehlen...
Attraktiv war das Programm mit Film- und Musicalmusik, das Aurel Manciu zusammengestellt und dirigiert hat. Aufgetreten sind dabei die Bläser der Temeswarer Philharmonie „Banatul“. Manciu selber hat unter ihnen früher die Trompete geblasen und ist inzwischen in Deutschland in diversen Blasmusikorchestern aktiv. Die starken Klänge, die er aus dem Orchester herauslockte, aber auch die lyrischen Sensibilitäten, die er herauszustreichen verstand, zeugten von viel Intuition und Sicherheit sowie einer allumfassenden Präzision bei der Interpretation von A. L. Webber, J. Williams, K. Badelt, H. Arlen und F. Poursel. Es war ein Konzert, das zum Europatag im Hochsicherheitsgefändnis von Temeswar stattfand.
Nicht zuletzt soll der besondere musikalische Abend erwähnt werden, den uns der Holländer Theo Wolters bescherte. Seine Hauptinterpreten waren das „Trio Contraste“ (Ion Bogdan Ştefănescu – Flöte, Doru Roman – Perkussion, Sorin Petrescu – Klavier), ein Teil des Ensembles „Percutissimo“ und das Streichorchester der Philharmonie „Banatul“, nur streckenweise und sparsam unterstützt von einigen ihrer Bläser. Fritz Kreisler, F. Poulenc, Cornel Ţăranu (mit „Siciliana Blues“), der Deutsche Siegfried Fink, der Ire Phil Coulter (mit einer spannenden Suite, inspiriert von der Alternanz der rumänischen Doina und des Joc), aus Übersee Radames Gnatali mit „Two Sambas“ kamen in bemerkenswerten Interpretationen zu Gehör.