Die Panik ist wie eine Bombe. Eine Bombe, die mit widersprüchlichen Gefühlen und ungelösten Fragen gespickt ist. Diese sammeln sich in einer dunklen, staubigen Ecke des Gemüts und wälzen sich dort, bis diese Bombe irgendwann – immer im unpassendsten Moment und völlig unerwartet – platzt. So beschreibt Max (Daniel Plier), einer der Protagonisten des Stückes „Panik – Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs“, das Gefühl der Panik, das ihn ab und an überkommt.
Geschrieben wurde das Stück vom finnischen Regisseur Mika Myllyaho 2005, kurz vor seinem 40. Geburtstag, als es auch uraufgeführt worden ist. Und genau um dieses schwere Alter geht es im Stück, das dem Hermannstädter Publikum am 10. Dezember von der deutschen Abteilung des Radu-Stanca-Theaters präsentiert wurde. Die Regie führte der bereits erwähnte Luxemburger Daniel Plier. Die Rolle von Leo spielte der Deutsche Daniel Bucher und der Österreicher Wolfgang Kandler versetzte sich in die Rolle von Joni. Drei Männer an der Schwelle der Mittlebenskrise, jeder mit seinen Problemen und unterschiedlichen Lösungsversuchen dafür.
Max, der von seiner Geliebten verlassen wurde, findet den Fluchtweg aus der Realität in Yoga-Übungen und die Arbeit als Grafikdesigner. Seine Wohnung hat er seit Monaten nicht mehr verlassen. Joni, Max Bruder, der „mit sich und der Welt zufriedene“ Fernsehmoderator, versteckt sich vor seiner „Panik“ hinter einer Fassade des Zynismus und der zahlreichen Frauenaffären.
Der Auslöser der dargestellten Geschichte ist Leo, dessen Beziehung zu seiner Frau auf der Klippe steht und der keinen Sinn in seinem Job als Ingenieur und Fahrstuhlverkäufer mehr sieht. Sein nächtliches Auftauchen in der Wohnung von Max stellt nicht nur die langjährige Freundschaft auf die Probe, sondern bringt den inneren Damm der angestauten Gefühle aller drei Männer zum Bersten. Die Handlung ist als eine stetige Steigerung des Gefühlszustandes gestaltet, die unausweichlich mit einer heftigen Explosion der „Bombe“ endet und zum Auseinanderdriften der zumindest im Moment beruhigten Freunde führt. Eigentlich verändert sich nichts in ihrem gewohnten Leben. Sie haben nur ihren Gefühlen freien Lauf gegeben und damit die „staubige Ecke“ entrümpelt, bis sie sich wieder füllt.
Die Verkörperung des Männer-Trios gelingt den Schauspielern sehr gut. Plier wirkt zwar etwas hölzern und viel zu ernst, aber genauso ist auch sein Protagonist – romantisch, zutiefst unglücklich, depressiv, entrückt, der seine Gefühle mit Hilfe der Psychoanalyse zu ergründen sucht und doch Angst hat herauszufinden, was in seiner Psyche verborgen ist. Kandlers Rolle als erfolgreicher TV-Moderator und pragmatischer Schürzenjäger hilft dem Zuschauer, einen „anderen“ Schauspieler zu sehen, ihn von seiner bis dato stärksten Rolle als Poprischtschin im „Tagebuch eines Wahnsinnigen“ loszulösen. Buchers Leo ist authentisch, ein wenig bemitleidenswert und sehr glaubhaft dargestellt. Schlussendlich profitiert er am meisten von der ganzen Gefühlsduselei, denn er kehrt zu seiner Mari zurück, um sie zu fragen, was sie über die Liebe denkt.
Das minimalistisch gehaltene Bühnenbild mit Papierwänden stellt in gewisser Weise die fragile männliche Gefühlswelt dar, was auch vom Schlusslied „Männer“ von Herbert Grönemeyer verdeutlicht wird: „Männer sind so verletzlich“. Die Sprache, und das verdankt man dem Autor, ist etwas gepfeffert, oft viel zu direkt und umso echter. Der Versuch einer leichten und dennoch tiefgründigen Auslotung der echten und imaginären Krisen des Mannseins gelang dem Ensemble sehr gut. Auch wenn am Ende der Vorstellung wahrscheinlich mehr Fragen als Antworten im Raum bleiben. Die wichtigste davon stellt wiederum Grönemeyer: „Wann ist ein Mann ein Mann?“