Mehr als nur schmerzvolle Rückblicke

Zweites jüdisches Filmfestival in Bukarest überrascht auch mit neuen Gedanken

Bukarest - Das Wetter meinte es nicht gut mit dem zweiten jüdischen Filmfest in Bukarest, trotz hochkarätiger Galagäste – darunter die Botschafter Deutschlands, Polens und Israels – lief der frühe Sommer dem Kino (Cinema City/MNŢR) ein wenig den Rang ab. Wer dennoch den Weg auf die roten Plüschbänke fand, erlebte Qualität der Spitzenklasse: prämierte Filme, darunter die Oscar-Nomination „In Darkness“, berührende Themen („Korcsak“ - die wahre Geschichte eines Arztes, der sich mit 200 Waisenkindern deportieren ließ), und eine gewagte Frage für die Zukunft in „David“: Kann es Freundschaft zwischen Arabern und Juden geben? Hier zwei kurze Einblicke.

„In Darkness“: Darf man bei einem Holocaust Film lachen? Nach eineinhalb Stunden atemloser Spannung, Schrecken und Entsetzen, mit dem die Zuschauer des auf einer wahren Geschichte beruhenden Films der Regisseurin Agnieszka Holland konfrontiert wurden, ist es jedenfalls so weit. Ein Lachen der Erleichterung geht durch die Reihen, als Hauptheld Leopold Socha auf die Gestalten zeigt, die den Kanalöffnungen der Lvover Unterwelt entsteigen. Einer Welt, die sie neun lange Monate gefangen hielt, in Dunkelheit, Hunger, Angst und Gestank. Wanda Socha reicht freudestrahlend das Kuchentablett herum, fremde Passanten bleiben ungläubig stehen. Ihr Mann tanzt um die Gestalten und ruft : „Schaut her! Das sind meine Juden!“ Er hat sie gerettet.

Monatelang versteckt im dunklen Labyrinth des städtischen Kanalsystems. Er riskierte sein Leben und das seiner Familie. Zuerst für Geld, dann aus Angst – bis ihn die Schicksale derer, für deren Überleben er kämpfte, zutiefst berühren. Nichts wird einem in diesem Film erspart: Ratten, instinktvoller Sex, eine hautnah miterlebte Geburt, das Baby  erstickt, damit sein Geschrei die Überlebenden nicht verrät. Packend, diese Untiefen der menschlichen Seele, auf beiden Seiten. Der Film lebt von prägnanten Schlüsselszenen, Realität gewinnt er durch das Sprachgemisch aus Polnisch, Jiddisch, Deutsch.

„David“ hingegen ist ein sensibler Versuch des Regisseurs Joel Fendelmann zur Auseinandersetzung mit einer zukunftsorientierten Frage: Kann es Freundschaft zwischen Juden und Arabern geben? Der Film spielt in Brooklyn, wo traditionell gekleidete Juden und Muslime zum täglichen Straßenbild gehören. Der elfjährige Daud, Sohn des Imam, beobachtet ein paar Jungen, die im Park ein Buch vergessen. Er läuft ihnen nach, sieht sie in einem Haus verschwinden und steckt das Buch in den Postkasten.

Erst zuhause bemerkt er den fatalen Irrtum: versehentlich hat er seinen kostbaren Koran eingeworfen! Die Torah mit den fremden Schriftzeichen in der Hand, macht sich Daud erneut auf den Weg zur Yeshiva, geht einfach hinein. Während er noch überlegt, wie er den Tausch der Bücher bewerkstelligen könne, wird er unversehens in diese neue Welt hineingezogen.

Aus Daud wird David... Als sein unbeabsichtigtes Doppelleben auffliegt, findet  auch seine neue Freundschaft mit Yaev ein jähes Ende. Zurück bleibt auf beiden Seiten der Gedanke: Warum darf es diese Freundschaft eigentlich nicht geben? Einfühlsam setzt sich der Film auch mit den Problemen zweier traditionsbeladener Kulturkreise auseinander. Der Muslimjunge Muatasem Mishal, der Daud spielte, beantwortete am Ende mit Produzentin Stephanie Levy die zahlreichen Fragen des Publikums – mehr unter www.david-themovie.com.