In der letzten Woche lud Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli von der evangelischen Kirchengemeinde A.B. in Bukarest hohe Gäste zur Ausstellungseröffnung „Reformatio Transilvaniae 500“ – Geschichte der Reformation in Siebenbürgen“ und einem anschließenden Empfang ein. Gekommen waren der deutsche Botschafter Werner Hans Lauk, weitere Vertreter der deutschen Botschaft, der lokalen staatlichen Institutionen, der Wirtschaft und der christlichen Freikirchen sowie die Mitglieder des Templerordens, letztere erschienen allesamt in ihren feierlichen weißen Wappenumhängen mit rotem Kreuz.
Bischofsvikar und Stadtpfarrer Dr. Daniel Zikeli, Pfarrer Andrei Pinte und die Mitglieder des Presbyteriums begrüßten die Gäste, die sich an jenem Donnerstagabend zu der Veranstaltung versammelt hatten, die als Startschuss für die Festivitäten in Bukarest rund um das 500-jährige Jubiläum der Reformation gilt. International wurde das Gedenkjahr in Lund in Schweden unter Beteiligung des Papstes Franziskus eröffnet, stand also ganz im Zeichen der Ökumene, wie Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli in seinem Grußwort betonte. Damit leitete er über zu den Vorhaben der evangelischen Landeskirche in Rumänien, die als Großprojekt im Oktober nächsten Jahres einen Kirchentag mit 1000 Gästen in Kronstadt abzuhalten gedenkt.
Des Weiteren sind in Bukarest eine Konzertreihe und die Herausgabe verschiedener Publikationen geplant, ebenso hofft man, die im letzten Jahrbuch der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ bereits angekündigte Dauerausstellung zur Geschichte der evangelischen Gemeinde in Bukarest Mitte nächsten Jahres eröffnen zu können. Über all dem solle das Wesentliche nicht vergessen werden, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ in mehreren Artikeln bereits angemahnt habe – mehr Luther und mehr Theologie, weniger Fanartikel, wie zum Beispiel Bierdeckel, sollten auf dem Programm stehen. Das Nachdenken über die Kernbotschaften des Evangeliums sollte wieder in den Vordergrund treten. In dieser Hinsicht sei den Gästen auch die hier eröffnete Wanderausstellung zur Geschichte der Reformation in Siebenbürgen ans Herz gelegt, die vom Deutschen Kulturforum östliches Europa in Potsdam erstellt wurde. Eine Einführung in die Thematik nahm der Leiter des Kronstädter Archivs der Honterusgemeinde, Thomas [indilariu, im Anschluss vor.
Gerahmt wurden die Wortbeiträge von musikalischen Werken von J.S. Bach und D. Buxtehude, die von Vlad N˛stase an der Orgel, der Flötistin Aurelia Mihai und der Sopranistin Daniela Caraman interpretiert wurden.
Thomas [indilariu erinnerte zunächst an den Auslöser der Reformation, den Anschlag der 95 Thesen am 31. Oktober 1517 an die Schlosskirche von Wittenberg durch Martin Luther, dessen historischer Wahrheitsgehalt heute umstritten ist, nicht zuletzt, so bemerkte [indilariu, da die erste Veröffentlichung dieses theologischen Thesenpapiers auf Latein erfolgte, was für die Mehrheit der damaligen Bevölkerung sicher ebenso unverständlich war wie heute. Nichtsdestotrotz ist die Wirkung der Veröffentlichung dieser Thesen, die wenig später auch ins Deutsche übertragen wurden, über den Missbrauch des Ablasshandels selbstredend unbestritten.
Über eine kurze zusammenfassende Darstellung der religionsgeschichtlichen Folgen in Europa, die Gegenreformation, die Religionskriege, als deren verheerendster der Dreißigjährige Krieg zu nennen ist, kam er auf die Besonderheit der Geschichte der Reformation in Siebenbürgen zu sprechen. Während in den Kernländern der Reformation das von 1530 stammende Augsburger Bekenntnis längere Zeit umstritten blieb, galt es relativ früh in Siebenbürgen als verbindlich für die deutsche evangelische Kirche, die mit dem Zusatz A.B. dies auch heute noch kenntlich macht.
Ein wesentlicher Bestandteil der Ausstellung und eine Besonderheit gerade auch im Verhältnis zum westlichen Europa ist jedoch die Festschreibung der siebenbürgischen Religionsfreiheit auf dem Thorenburger Landtag von 1568. Nicht von ungefähr sind die Schautafeln der Ausstellung dreisprachig auf Rumänisch, Ungarisch und Deutsch und stellen ganz bewusst auch die anderen in Siebenbürgen verbreiteten Konfessionen vor. Die Einigung der drei Nationen auf den Landtagen von Thorenburg und Neumarkt, auf denen die vier Konfessionen der Lutheraner, Katholiken, Reformierten und Unitarier anerkannt wurden, stellte einen bedeutenden Akt interkonfessioneller Toleranz dar, selbst wenn die rumänische orthodoxe Kirche ledig-lich geduldet wurde. Auch wenn man diesen einzigartigen Prozess nicht losgelöst von den historischen Bedingungen, unter denen er sich vollzog, sehen sollte, so einerseits der Fall Budas 1541 unter die osmanische Herrschaft und anderer-seits die versöhnlicheren Töne auf dem Regensburger Reichstag. Der noch fehlende politische Einfluss der katholischen Habsburger erleichterte zum Teil die Ausbreitung der Reformation in Siebenbürgen. Eine Hochburg der Reformation wurde das sächsische Kronstadt, vor allem durch das Wirken des Humanisten Johannes Honterus, der bereits 1543 das „Burzenländer Reformationsbüchlein“ herausbrachte. Einen Sonderweg, betont [indilariu, beschritt Honterus durch sein Wirken auf die schulische Erneuerung, die den kirchlichen Reformationsbemühungen noch vorausging. Auch die noch im späten 16. Jahrhundert erfolgten Übersetzungen reformatorischer Schriften in rumänische Sprache seien weniger aus missionarischem Antrieb, sondern aus Motiven der Wissensübermittlung im Sinne eines besseren Verständnisses erfolgt. Am Kronstädter Beispiel ließen sich zwei Aspekte der Reformation feststellen: Rückbesinnung auf die Grundlagen des Glaubens und eine gesellschaftliche Erneuerung. Das Reformationsjubiläum zeige über seine eigentliche Bedeutung hinaus auch, wie nah sich bereits im 16. Jahrhundert die einzelnen Völker und Kulturen standen. Als Beispiel seien hier nur die Briefe Luthers und Melanchthons an Honterus genannt, von denen sich zumindest der an Melanchthon noch heute im Kronstädter Archiv befände. Auch wenn Siebenbürgen nur eine Region darstellt, die im Reformationsjahr innerhalb der internationalen Projekte des Deutschen Kulturforums östliches Europa betrachtet wird – die Projekte beziehen sich auf die Reformation vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer oder Sibirien –, so sei Siebenbürgen doch eine besondere Region, da sich hier Formen des überwiegend friedlichen Zusammenlebens herausgebildet haben, von denen das restliche Europa durchaus lernen könne.
Zu sehen ist die Ausstellung parallel im Teutsch-Haus in Hermannstadt. Sie wurde bereits auf Schloss Horneck gezeigt. Zum Schluss dankte [indilariu noch Dr. Harald Roth, dem Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, für die erfolgreiche Zusammenarbeit bei diesem Projekt, an dem neben dem Kronstädter Archiv auch das Teutsch-Haus und das Archiv in Klausenburg beteiligt waren.
Nach einer Bibellesung und dem erteilten Segen durch Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli wünschte dieser der Gemeinde einen angenehmen Besuch der Ausstellung, die neben den hier vorgestellten Themen aus der Reformationszeit auch weitere Informationen zur Kirchengeschichte bot. Besonders zu erwähnen sind hier die Glaubensflüchtlinge, die Siebenbürgen im 17. und 18. Jahrhundert aufnahm, die Blütezeit der Kirche im 19. Jahrhundert samt ihren Modernisierungsbestrebungen und die Prüfungen und Verwerfungen, die das letzte Jahrhundert so dramatisch prägten.
Im Gemeindesaal konnten die Gäste anschließend bei bester Verpflegung noch einige Eindrücke im Gespräch vertiefen.