Seit dem Jahresanfang bietet der Brukenthalmuseums-Komplex in Hermannstadt/Sibiu – zu ihm gehören neben dem Brukenthalpalais, d.h. der ehemaligen Residenz Barons Samuel von Brukenthal am Großen Ring/Pia]a Mare und dem danebengelegenen Blauen Stadthaus ferner das Geschichtemuseum im Altemberger Haus, das Naturkunde-, Apotheken- und Jagdmuseum sowie die Galerie für zeitgenössische Kunst – Rentnern jeweils am ersten Donnerstag im Monat den kostenlosen Besuch an. Museumsbesuche sind hier-zulande zwar durchaus auch für Rentner erschwinglich, doch war ich neugierig, ob und wie es funktioniert. Zudem lobte ein Freund, der das Museum nach vielen Jahren wiedermal besichtigt hat, seine Ausstellungen und Einrichtungen. Ich hatte diese seit meiner Verrentung nicht mehr betreten, übersättigt von den zahlreichen vorherigen Besuchen von Dienst wegen.
Unbedingt sehen wollte ich die von Art Safari Bukarest dem Internationalen Theaterfestival Hermannstadt weitergeleitete Marcel- Iancu/Ianco-Ausstellung. Vor Jahren war ich in Bukarest auf der Suche nach den von ihm entworfenen Häusern gewandelt, denn er ist der Architekt des ersten, 1927 gebauten, „kubistischen Hauses“ in Rumäniens Hauptstadt. Auch fasziniert der Dadaismus mich und da spielte Ianco ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Ausstellung in einem Raum der Galerie für zeitgenössische Kunst ist leider sehr klein, aber aufschlussreich, was den Künstler angeht und sehenswert. (Sie ist bis 30. Juli zu sehen.)
Nicht entgehen lassen wollte ich mir die ebenfalls im Rahmen des Theaterfestivals eröffnete Ausstellung „Albertina & Brukenthal“. Sie wurde als die erste in der Reihe der neugestarteten Kooperation des Hermannstädter mit dem renommierten Museum in Wien angekündigt. Laut Info-Text sollen die Gemeinsamkeiten gezeigt werden, die zwischen den beiden Museen bestehen und die beginnen bei ihren Begründern: Albert Kasimir von Sachsen-Teschen und Samuel von Brukenthal waren befreundet, gehörten der Entourage von Kaiserin Maria Theresia an, waren Freimaurer, von Kunst und Wissenschaft angetan, Sammler und hinterließen ihr Eigentum zur Gemeinschaftsnutzung.
Die in den beiden Räumen rechts unter dem zweiten Portal im Hof des Palais eingerichtete kleine, aber sehr feine Ausstellung vereint Lithografien, Zeichnungen, Gemälde, Faksimile und Gemälde von Dürer, Rafael, Leonardo da Vinci, Michelangelo, Brueghel, Rem-brandt, Rubens, Neuhauser – aus der Zeit der beiden Museumsgründer in den Sammlungen – sowie später hinzugekommene Werke von Schiele, Munch, Klimt, Smigelschi, Tonitza, Baba u.a. Diese Exposition bleibt bis zum 20. August geöffnet.
In den beiden temporären Ausstellungen war ich alleinige Besucherin. Mehr Leute als erwartet traf ich in den beiden Galerien im Vordergebäude des Palais an und zwar in jener für europäische Kunst im ersten und teilweise zweiten Stock sowie der ebenfalls im zweiten Stock untergebrachten Galerie für rumänische Kunst (in der auch die Werke der siebenbürgisch-sächsischen Malerinnen und Maler zu sehen sind). Ihrem Verhalten entnahm ich, dass sie Touristen sind, der Besuch des Brukenthalmuseums auf der To-do-Liste steht, sie hatten weder Geduld, die kurze Beschreibung zu lesen, um zu erfahren, was sie sehen, noch sahen sie sich die Objekte und Bilder tatsächlich an. Eine Dame regelte telefonisch eine Geldüberweisung.
Wer nur die berühmt-berüchtigten (zur Erinnerung: die wertvollsten Gemälde wurden 1948 ins Museum nach Bukarest gebracht und 2006 rückerstattet, andere 1968 gestohlen und vier davon 1998 wiedergefunden) Meisterwerke – wie Jan van Eycks „Mann mit der blauen Sendelbinde“ – sehen möchte, möge in den zweiten Stock steigen. Ihr oder ihm entgehen jedoch andere Sehenswürdigkeiten. Der Museums-Homepage zu entnehmen ist, dass die Neugestaltung der permanenten Ausstellungen auf thematische Module 2019 abgeschlossen wurde. War vor-her eher ein Sammelsurium an Gemälden und ehemaligen Einrichtungsgegenständen abzulaufen, erhält man nun einen Einblick nicht bloß in die verschiedenen Gattungen der Malerei (Porträts, Landschaftsmalerei, Darstellung biblischer oder mythologischer Themen, usw.), sondern auch in die Lebensweise der noblen Gesellschaft am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts sowie in den Bildungsstand und die Sammelleidenschaft der europäischen Aufklärer. Selbst für Kinder dürften nicht allein die Knochen des Elefantenkopfes, das Fernrohr oder die alten Uhren von Interesse sein, sondern auch das „Badezimmer“ jener Zeit, bestehend aus Wasserkrug, Waschschüssel und Nachttopf.
Was nun den Besuch des Museums als Rentnerin angeht: der Ausweis wurde nicht erwünscht, um das Rentenalter festzustellen, die grauen Haare seien Ausweis genug wurde mir freundlich und zuvorkommend mitgeteilt. Zu besuchen gibt es allein im Brukenthalpalais noch weitere permanente und temporäre Ausstellungen. Auch aus diesem Grund möchte ich Rentnerinnen und Rentner ermutigen, den kostenfreien Senioren-Museumstag zum Anlass zu nehmen, aus dem noch so aufregenden und stressigen Rentneralltag auszubrechen.