Derzeit und noch bis zum 27. April dieses Jahres zeigt das Nationale Kunstmuseum Rumäniens in seiner im ersten Obergeschoss befindlichen Rotunde (Eingang von der Strada Ştirbei Vodă her) eine kleine, aber feine Ausstellung aus eigenen Beständen. Es handelt sich dabei um insgesamt rund achtzig Exponate, hauptsächlich Schmuckstücke und Gewandschließen, in zehn Vitrinen, ergänzt durch sechs großformatige Porträtgemälde in Öl und einen mächtigen bemalten Kerzenhalter.
Der historische Rahmen der Ausstellung umfasst zunächst einmal die Fanariotenzeit (1711 bis 1821). In diesem Zeitraum von über hundert Jahren wurden die Fürstentümer der Moldau und der Walachei nicht von autochthonen Bojaren regiert. Vielmehr wurden damals von der Hohen Pforte loyale Stellvertreter des Sultans eingesetzt und zu Gospodaren der beiden rumänischen Fürstentümer ernannt. Die Herrschergestalten der Fanariotenzeit rekrutierten sich dabei vornehmlich aus griechischen Adelsfamilien, die in Konstantinopel, und zwar im Stadtteil Fanar, ansässig waren. Mit ihrem griechisch-orientalischen Lebensstil und ihren spezifischen kulturellen Traditionen prägte die fanariotische Oberschicht im 18. Jahrhundert das gesamte öffentliche Leben in den beiden Fürstentümern Moldau und Walachei.
Davon war selbstverständlich auch die Kleidung betroffen, die damals stark von osmanischen Gewandformen beeinflusst wurde. Frauen trugen z. B. ein kurzes tailliertes Jäckchen, auf Rumänisch ilic und auf Türkisch yelek genannt. Ein reich besticktes Exemplar eines solchen Kleidungsstücks kann in der Bukarester Ausstellung bewundert werden. Die aus mehreren Unter- und Obergewändern bestehenden osmanischen Trachten der Frauen wie der Männer, aber auch Amtstrachten etwa der Geistlichen, wurden von Leibriemen, Gurten oder Gürteln zusammengehalten, die natürlich auch der Verschlüsse bedurften, seien es Schnallen, Haken, Hafteln, Fibeln oder anderer Arten von Schließen. Man brauchte also für Alltagsgewänder, aber auch für Festroben und Zeremonialkleidung, Gewandschließen, die, je reicher die Tracht, selbst umso schmuckvoller zu sein hatten.
Es macht den Reiz der Bukarester Ausstellung aus, dass man eine große Anzahl solcher Gewandschließen, zumeist mit dem Verschlussmechanismus von Haken und Öse, nie mit Nadel oder Dorn, einzeln und isoliert vor Augen hat und sie gleichsam als eigenständige Produkte der Kunst und des Kunsthandwerks der Reihe nach ausführlich studieren kann. Einen besonderen Genuss bietet dem Betrachter die Symmetrie der ihrerseits fein geformten Schließen, etwa in Gestalt von Tropfen oder Muscheln, von Augen oder Flocken. So finden sich beispielsweise in der Bukarester Ausstellung etliche für Hochzeitskleider bestimmte Gewandschließen aus Silber oder Kupfer, verziert mit Perlmutt oder mit Lochstickereien, wobei florale Motive (Blumenkörbe, Lebensbäume), aber auch Tiermotive, insbesondere aus der Vogelwelt (Pfauen, Tauben, Adler), die einzelnen Schließen spiegelbildlich schmücken. Das mit einem Pfeil durchschossene Herz als Symbol der ehelichen Liebe findet sich ebenfalls auf einigen der ausgestellten Gewandschließen.
Schließen für geistliche Gewänder sind in der Bukarester Ausstellung ebenfalls zu sehen, so z. B. ein Bischofsgürtel, der von Episkop Gherasim Saffiriu in den Jahren 1900 bis 1911 tatsächlich getragen wurde. Auf den silbernen Gürtelschließen sind die hl. Parascheva sowie der hl. Jakobus eingraviert. Andere Motive auf Schließen für Klerikergewänder sind die beiden Heiligen Konstantin und Helena, Rosen sowie kreuztragende Vögel. Man kann in der Ausstellung auch die reich bestickte Robe eines Geistlichen (rum. giubea, türk. cüppe) betrachten, bei den gezeigten klerikalen Gewandschließen muss man sich aber die jeweiligen Zeremonialgewänder hinzudenken.
Jede der ausgestellten Schließen, deren verschiedene Schließfunktionen in der Bukarester Ausstellung auch mit griechischen Begriffen (Kleidotiri, Kleikouthiri) bezeichnet sind, besticht durch Individualität und Originalität, ferner durch die Kunstfertigkeit der Metallbearbeitung sowie in den gegebenen Fällen durch die Kombination verschiedener Materialien (polychrome Emaille, vielfarbiges Glas, Perlmutt, Türkis, Lapislazuli, Korallen, Perlen, Smaragde und andere Edelsteine). Aber auch die monochromen Gewandschließen, insbesondere die aus filigranem Silber, bestechen durch das Raffinement ihrer kunsthandwerklichen Bearbeitung.
Selbstverständlich finden sich auch Schmuckstücke in der Bukarester Ausstellung, gleichsam als Accessoires zu den von den verzierten Schließen zusammengehaltenen Gewändern. Es sind dies: Gehänge aller Art, Broschen, Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Armbänder, Ohr- und Fingerringe sowie ein fein ziselierter Kopfschmuck für eine Braut. Die Schmuckstücke und Gewandschließen, von denen etliche auch die Motive der Schlange oder des Drachens tragen, stammen sämtlich aus griechischen, bulgarischen, zyprischen, osmanischen und rumänischen Werkstätten.
Nach dem Ende der Fanariotenzeit und mit der Ausrichtung der rumänischen Bürgerkultur auf westliche Sitten und Gebräuche hin verloren die orientalischen Bekleidungstraditionen und mit ihr auch die Gewandschließen zunehmend an Bedeutung. Erst um 1870 erlebte die Gewandschließe wieder eine Renaissance, und zwar durch Prinzessin Elisabeth zu Wied, die spätere Königin Elisabeth von Rumänien, die bei Hofe das Tragen rumänischer Nationaltrachten einführte und dafür auch die elegante und kunstvoll geschmückte Gewandschließe wieder en vogue brachte. Reich verzierte Gewandschließen wurden von den weiblichen Angehörigen der rumänischen Oberschicht noch bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs getragen. Königin Maria von Rumänien trug auch noch in der Zwischenkriegszeit Gewandschließen mit Raffinement und Eleganz.