Kürzlich, am vorgestrigen 18. August, jährte sich der 135. Geburtstag der bekannten Hermannstädter Malerin Silvia Porsche-Togan, die in sieben Jahrzehnten künstlerisch als Aquarellistin, Porträtmalerin und Schulbuchillustratorin tätig war. Darüber hinaus unterrichtete sie in Hermannstadt Generationen von siebenbürgischen Mädchen Kunst und Kalligraphie. Sie kannte persönlich viele berühmt gewordene zeitgenössische Maler, aber besonders bewunderte sie den englischen romantischen Maler William Turner (1775-1851) als Aquarellisten und Vorreiter des Impressionismus.
Familie und Karriere
Geboren wurde die spätere Malerin Silvia Porsche-Togan am 18. August 1887 als erstes Kind der Familie des griechisch-katholischen Pfarrers und späteren Bischofs Nicolae Togan und seiner Frau Anna Rusu. Ihr Vater war ein bedeutendes Mitglied der Kulturgesellschaft ASTRA, Leiter der ASTRA-Bibliothek in Hermannstadt/Sibiu und Mitarbeiter an der Rumänischen Enzyklopädie sowie Gründer von Kultur- und kirchlichen Einrichtungen.
Nach dem Schulabschluss 1906 in Hermannstadt wurde Silvia Togan von der Kunstakademie in Budapest aufgenommen. Während ihres Studiums unternahm sie längere Ausbildungsreisen nach Wien, Florenz, Dresden, Berlin usw. Schon früh entwickelte die Künstlerin großes Interesse für den Malstil des englischen Landschaftsmalers William Turner, dessen Werke sie erst viel später in London bewundern konnte.
Während des Studiums in Budapest lernte sie im Kreise der Siebenbürger Studenten ihren zukünftigen Ehemann, Rudolf Porsche, kennen, den sie 1912 heiratete. Rudolf Porsche studierte damals Theologie und Philosophie zunächst in Jena, dann in Budapest.
Dr. Rudolf Porsche wurde 1885 in Freck/Avrig als zweitjüngster Sohn des Glasfabrikanten Emilian Porsche und seiner Frau Katharina im Schloss Brukenthal geboren. Sein Vater Emilian Porsche war damals ein erfolgreicher böhmischer Glasfabrikant aus Reichenberg mit mehreren Patenten in Wien. Seine Mutter Katharina Zahirnik war bekannt als Operngängerin in der feinen Wiener Gesellschaft. Sie hatten das Schloss in Freck gekauft und es bis Ende 1888 zusammen mit ihren vier Söhnen bewohnt. Die Glasfabrik brannte einige Male und nach mehreren Schicksalsschlägen wurden die vier Kinder Vollwaisen. Dank der Fürsorge der evangelischen Kirche in Hermannstadt konnten sie ihr Schicksal meistern. Der älteste Bruder, Emil Porsche, ist der Großvater des heute international bekannten Künstlers Peter Jacobi.
Die Heirat von Silvia Togan und Dr. Rudolf Porsche 1912 war damals unter konfessionellen Gesichtspunkten eine sehr mutige Entscheidung. Es gab tatsächlich Zeitungswirbel darum in Hermannstadt. „Evangelischer Theologe heiratet … die Tochter des griechisch-katholischen Bischofs!“ hieß es in den damaligen Schlagzeilen. Ihnen wurden ein paar Jahre später ein Sohn und eine Tochter geboren. Während des ersten Weltkrieges wirkte ihr Mann als Feldpfarrer in der k&k Armee und Silvia blieb zurück in Hermannstadt, wo sie Kalligrafie und Kunst an der Höheren Schule für Mädchen vermutlich bis 1957, auch nach ihrer Pensionierung, unterrichtete.
Obwohl in Silvia Porsche-Togan erst 1949 im Seniorenalter, mit 62 Jahren, Mitglied des Verbandes bildender Künstler in Rumänien (UAP) wurde, nahm sie an den Fortbildungen und Arbeitsexkursionen aktiv teil und trotz ihres fortgeschrittenen Alters war sie stets offen für die Kunstentwicklungen, experimentierte selbst mit neuen Maltechniken und diskutierte mit den jüngeren Malerkollegen über die Kunstrichtungen der Zeit. Mit Sensibilität und Geschick fand Silvia Porsche-Togan ihre persönliche Ausdrucksweise in ihren Bildern, für die die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse zeigte. Diese wurden im im Rahmen regionaler und nationaler Kunstausstellungen der UAP ausgestellt. Ihre persönliche Ausstellung eröffnete die Malerin 1955 in Bukarest und 1967 ebenfalls in Hermannstadt, diesmal aus Anlass ihres 80. Geburtstages.
Als besondere Auszeichnung für ihre künstlerische Tätigkeit wurde Silvia Porsche-Togan 1957 mit dem „Arbeitverdienstorden“ geehrt.
1965 wird die Künstlerin durch den plötzlichen Tod ihres geliebten Mannes zur Witwe, ein Schicksalsschlag, der sie veranlasste, 1969 zu den Kindern in die Bundesrepublik Deutschland zu übersiedeln. Tochter Marianne Weingärtner (geborene Porsche), Professorin an der Hochschule für Kunst und Gestaltung in Hamburg, veranstaltete 1971 eine Ausstellung mit Aquarellarbeiten iher Mutter in Hamburg. Unter den Besuchern der Ausstellung gab es viele Spätaussiedler aus Siebenbürgen, frühere Schüler und Schülerinnen von Silvia Porsche und Rudolf Porsche, oder jene, die aus den von Silvia Porsche illustrierten Schulbüchern „Rumänisch für die deutschen Schulen“ lernten. Auch der Sohn von Silvia Porsche, der Kunstliebhaber Dr. med. Theodor Porsche, Laborarzt und Biochemiker in Wiesbaden, organisierte 1973 in seinen Praxisräumen eine private Ausstellung, „Landschaften aus Siebenbürgen“ für Silvia Porsche.
In den Jahren 1972-1978 entstanden nur wenige Bilder, es waren Landschaften um Tübingen, Osterode am Harz, Spessart in Bayern, denn im fortgeschrittenen Alter hat Silvia Porsche sich eher auf Porträtarbeiten und auf Reisen in Deutschland, Holland, Österreich, die Kanaren und Norwegen konzentriert.
1975, mit 88 Jahren, konnte die Malerin sich den großen Wunsch ihres Lebens erfüllen und die internationale William-Turner -Austellung in der Tate Gallery und Royal Academy in London ausführlich besuchen.
Die Künstlerin lebte in Osterrode am Harz und später in Bad Kissingen bis zu ihrem Tod am 12. Januar 1980.
Lebenswerk
Die meisten Bilder der Künstlerin stellten siebenbürgische Landschaften, den Wechsel der Jahreszeiten am Alt und seinen Zuflüssen, in den Auen und Wiesen im Fogaraschgebirge und am Bulea See dar.
Ein beliebtes Motiv der Naturdarstellerin war die Spiegelung des Himmels, der Wolken, in tiefen Gebirgsseen oder im majestätisch fließenden Alt, oder die Widerspiegelung des zarten Frühlingsgrüns der Uferbäume in den Gebirgsgewässern nach der Schneeschmelze.
Die Aquarellbilder von Silvia Porsche zeigen eine duftige, sehr persönliche Note von authentisch erlebten Naturemotionen. Diese entstanden bei der „gemeinsamen Erwanderung der siebenbürgischen Hügellandschaft und Bergwelt“ mit ihrem Mann, wie Marianne Kühn in memoriam Silvia Porsche-Togan 1981 in der Siebenbürgischen Zeitung schrieb. Während er angelte, saß sie unweit von ihm mit dem Zeichenblock und Aquarellkästchen und fing die Natur in zarten, frischen Bildern ein. Die symbiotische Beziehung zwischen Angler und Malerin war die Freude, gemeinsam die umgebende Natur zu erleben. Sie malte, er angelte, aber ihr Mann hat die gefangenen Bachforellen angeblich nie verspeist. Er schien nur zu angeln, um beim Malen in ihrer Nähe zu sein.
In den Ölbildern hat Silvia Porsche Themen der Zeit zum Ausdruck gebracht, besonders die Arbeitsromantik: junge Bäuerinnen bei der Apfelernte oder Waldarbeiter, die ihrer Arbeit voller Energie nachgingen, umgeben vom gesunden Wald und kräftigen Baumstämmen, oder die Rückkehr der Donaufischer zum Sonnenuntergang, voller Stolz auf ihren Fang.
Viele ihrer Porträts sind in Privatbesitz geraten, während die ausdruckvollen Arbeitsbilder von Galerien und Institutionen erworben wurden.
Silvia Porsche illustrierte die Schulbücher ihres Mannes und sie erzählte vergnügt, dass er ihr öfters als Model diente, damit sie eine Geschichte illustrieren konnte.
Eine ganz besondere Gattung bilden die Blumenbilder von Silvia Porsche; es sind Feld- und Wiesenblumen oder Blumen aus dem eigenem Garten. Die Malerin hat das besondere Glück gehabt, mitten in Hermannstadt ein großes Gartengrundstück in der Bergstraße 14-16 zu besitzen. Es wurde als Landschaftsgarten gestaltet, das Terrain lag günstig mit leichter Neigung zum Bach, ein Nebenflüsschen des Zibin, inmitten von Hermannstadt. Die Gartenalleen und die Blumenbeete reichten bis zum Bach. Der Bach wurde in den 60 bis 70er Jahren abgedeckt und fließt seitdem unter der befahrenen Straße. Der große Garten wurde vom kommunistischen Regime konfisziert und kleinere Häuser darauf gebaut.
Bei den gemeinsamen Wanderungen ist der Verlust des kleinen Paradieses fast vergessen, der Anblick und der Duft der Blumen am Wegrand ist ihr lieber als jener der exotischen.
Zu ihrem letzten Geburtstag, am 18. August 1979, bekommt Silvia Porsche viele besondere Blumen, aber in einem Brief schreibt sie ihrer Schwiegertochter Dr. Elena Porsche „…vor mir die schönen Blumen, die mich gar nicht beglücken (sie sind zu schön). Die einfachen Blumen vom Felde habe ich lieber… Feldblumen vom Wegrand, besonders den stark duftenden, giftigen Schierling, der so zierlich seinen Blumenschirm entfaltet“.
Das Leben bedeutete Silvia Porsche Liebe zu Natur und Menschen, Kunst, viel Lesen und Bescheidenheit.