Kaschubische Heiligenschreine in Polen, mittelalterliche Stabkirchen in Norwegen und Farmkirchen in Island: Die im Bukarester Bauernmuseum gezeigte Schau ist ein großes Projekt des Nationalmuseums in Danzig, dessen Ziel es ist, zu untersuchen, wie sakrale Architektur die Ideale kleiner Gemeinschaften widerspiegeln.
„Wenn ich überlebe, werde ich mich bei Gott bedanken und einen Heiligenschrein aufbauen“. Das versprach sich Antoni Glowaki vor Jahrzehnten. In einer Aufnahme erzählt er von der Periode, in der auf der Flucht war, ihm drohte die Deportation nach Sibirien. Der Heiligenschrein entstand 1973 in seinem Hof. Solche Geschichten sind kein Einzelfall: Die einfach strukturierten Heiligenschreine am Straßenrand gelten als traditionelle Manifestationen des Glaubens. Außerdem sind sie Artefakte, die das handwerkliche Können der Menschen zur Schau stellen.
Die Reise der Künstler, die die Heiligenschreine dokumentierten, begann in Polen. Der Hauptschwerpunkt in der Kaschubei war die Erkundung möglichst vieler solcher Artefakte am Straßenrand, um deren Herkünfte zu erfahren: Wer hat sie angefertigt und warum? Wie beeinflussen diese das Leben in der ländlichen Gemeinschaften? Welche Rolle spielen sie in der Geschichte der kaschubischen Dörfer? Interviews wurden geführt, um solche Fragen zu beantworten.
Die Künstler haben kaschubische Heiligenschreine überall entdeckt - in Dörfern, am Rande der Wälder, bei Kreuzungen oder in Seehäfen. Sie zeugen vom tiefen Glauben dieser Menschen. Im Rahmen der Ausstellung werden sieben Filme gezeigt, die den Zusammenhang zwischen Familiengeschichten und den Schreinen erkunden. Die Heiligenschreine wurden zu stummen Zeugen der Geschichte. Die Bewohner kamen zu den Heiligenschreinen mit brennenden Bitten, wollten ihre Sünden gestehen, erhofften die Linderung der seelischen Bürden oder wollten sich einfach in einem sakralen Raum aufhalten. Die ältesten erhaltenen Aufzeichnungen über kaschubische Heiligenschreine stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Es kann auch sein, dass früher Schreine aus Holz oder Ton angefertigt wurden, erhalten sind jedoch keine.
Die „Stavkirke“ in Norwegen
Die Schau hat mehrere Fokuspunkte. Gerichtet wird die Aufmerksamkeit auch auf eine andere traditionelle Manifestation des Glaubens, diesmal in Norwegen. Gezeigt werden einzigartige Gebäude, einige der ältesten sakralen Errichtungen in Europa und die wertvollsten Schätze des norwegischen Kulturerbes: Die mittelalterlichen Stabkirchen sind Zeugen der im 10. und 11. Jahrhundert erfolgten Christianisierung. Zwischen 1000 und 2000 Stabkirchen soll es im Mittelalter gegeben haben, nur 28 davon sind erhalten geblieben.
Die bekannteste ist Borgund aus dem Jahre 1180, die jährlich von mehr als 30.000 Touristen weltweit besucht wird. Aufgebaut wurde sie aus Kieferholz. Sehr interessant ist dabei die Mischung von Symbolen: Kreuze und Drachen sind beide vorhanden und stehen für Christentum und alten nordischen Glauben. Aufnahmen gibt es auch von der Stabkirche Gol im Norwegischen Volksmuseum und Heddal, die größte Kirche des Landes.
Die „Kirkja“ in Island
Auf der Eis-Insel im Atlantischen Ozean mit einer Bevölkerung von 320.000 Einwohnern gibt es 300 Kirchen: In der Vergangenheit haben Isländer auf Farmen gelebt und waren sehr isoliert voneinander. Der Gottesdienst war damals nicht nur ein religiöses Erlebnis, sondern auch eine gesellschaftliche Angelegenheit. Heutzutage lebt die Mehrheit der Isländer in Städten und die Nutzbarkeit solcher Errichtungen schwindet. Die Bescheidenheit der Kirchen zieht allerdings viele Touristen an.
Bis zum Jahr 1000 waren die Isländer Heiden, so wie alle skandinavischen Völker. Dann konvertierten sie zum Christentum, weil das Parlament, das Althing, das so entschieden hatte. Das führte natürlich dazu, dass in den nächsten Jahrzehnten zahlreiche Kirchen errichtet wurden. Island war ein armes, unterentwickeltes Land, das Klima unfreundlich, was die Architektur der Kirchen dementsprechend beeinflusst hat: Die alten Kirchen sind klein, sehr wenig verziert und aus billigem Baustoff wie Stein und Torf aufgebaut. Das Erlebnis in einer solchen Kirche ist ganz anders als das in einer monumentalen europäischen Kirche. Zu den in der Ausstellung dokumentierten Kirchen zählen Thingeyrakirkja, die im Jahre 1121 errichtet wurde und eine der ältesten Steinkirchen ist. Hraunskirkja in Keldudalur (1885) ist eine der ältesten hölzernen Strukturen in Island und gehört dem Nationalmuseum.
Die Ausstellung ist Teil des Projektes Ostance Prosb. Neun Fotografen aus den drei Ländern haben die religiösen Einrichtungen dokumentiert, darunter Adam Szukala, Jonas Hallgrimsson, Waldemar Elwart und Magdalena Ubysz. Entstanden sind auch kurze Filme, die im Rahmen der Multimedia-Ausstellung Hintergrundinformationen zu den Errichtungen liefern - eine Mischung von Kulturerbe, zeitgenössischer Kunst und Kultur. Eine virtuelle Tour zu den photographierten Stätten kann man auf der Seite www.mapakapliczek.pl machen. Zur Verfügung steht auch ein Album mit dem englischen Titel „Remnants of Prayers“, das auf der Internetseite www.ostanceprosb.pl verfügbar ist. Zu den Mitwirkenden des Projektes zählen u.a. das Gerduberg Kulturzentrum, die Universität Oslo, die Nationale Bibliothek Norwegens und das Isländische Nationalmuseum.