Zwei Künstlerinnen treffen sich in einer Stadt. Sie wohnen im selben Haus, im selben Stockwerk, Tür an Tür. Eigentlich vis-à-vis. Sie lernen sich kennen, übertragen sich ihre „Leidenschaften und ihre Gedanken“ (Elisabeth Ochsenfeld). Sie werden Freundinnen. In der Ausstellung, die vor Kurzem in der Jecza Gallery der Triade Stiftung in Temeswar/Timişoara stattfand, standen sich Elisabeth Ochsenfeld und Bea Gschwend erneut vis-à-vis. Doch dieses Mal durch ihre Kunst: Temeswar gesehen durch die Augen der Grafik-Designerin aus Deutschland Bea Gschwend, und Heidelberg, wie es von der in Temeswar geborenen bildenden Künstlerin Elisabeth Ochsenfeld, die heute in Heidelberg lebt, gesehen wird. „Es ist mein Traum (Anm. d. Red. rumänisch ‘vis‘) in Heidelberg und der Traum meiner Freundin in Temeswar“, erklärt Elisabeth Ochsenfeld die Wahl des Titels für die Ausstellung. Zwei verschiedene Welten treffen auf einander in der Fotocollage-Ausstellung, die im Rahmen des Kunst-Festivals „Diplomatic Art“ vorgeführt wird.
Die Idee einer solchen Veranstaltung mit Künstlern aus den Ländern, die ein Konsulat in Temeswar haben, hatte Ciprian Chirileanu, Vizepräsident des Verbands der Bildenden Künstler in Temeswar, schon seit vielen Jahren. Doch erst 2014 konnte diese umgesetzt werden: acht Ausstellungen, gestaltet von Künstlern aus 16 Ländern. „Ich wollte, dass sich auch Rumänien am Festival beteiligt, aber da es kein Rumänisches Konsulat in Temeswar geben kann, habe ich diese Variante gewählt: Ich habe ausgesiedelte Künstler eingeladen und sie gebeten, einen anderen Künstler ihrer Wahl, aus dem Land in dem sie leben, einzuladen. So kam es zu den Duplex-Ausstellungen“, sagt Ciprian Chirileanu.
Solch eine Duplex-Ausstellung war auch jene von Elisabeth Ochsenfeld und der von ihr eingeladenen Künstlerin Bea Gschwend. Zusammen vertreten sie Deutschland beim „Diplomatic Art“. „Ich erinnere mich an meine erste Reise nach Temeswar, 2009. Es war Anfang Dezember, es war eisig, mit ein bisschen eisigem Regen, es war grau, grau, grau. Ich übernachtete in einer Wohnung in einem Plattenbau. Wenn die Tür aufging, kam mir ein Geruch entgegen, den ich kenne: starker Zigarettenrauch, Knoblauch, Kohl, Hühnersuppe. Ich dachte: Ich kenne das“ – und seitdem kommt Bea Gschwend regelmäßig in die Bega-Stadt.
Doch sie bleibt Touristin in Temeswar, nicht so wie Elisabeth Ochsenfeld in Heidelberg, die sich dort ein neues Leben aufgebaut hat. Diesen Unterschied kann man in den Bildern der beiden Künstlerinnen sehen: Temeswar zeigt sich ruhig und melancholisch, denn „ich bin mehr ein Zuschauer. Ich springe nicht so gern mitten rein“, so Bea Gschwend, während das Heidelberg von Elisabeth Ochsenfeld aktiv und dramatisch vorgestellt wird. Ihre Stücke stehen voller Dynamik da, denn genauso wollte sie ihr neues Leben gestalten – ein Leben mit vielen Aktivitäten, immer unter Leuten, in der Mitte von Heidelberg. Sie liebt die „Voyage…Voyage“, hat ihr „Herz in Heidelberg verloren“ und nimmt den Zuschauer „an die Hand“, um ihn durch ihre neue Stadt zu führen, eine Stadt voller Charme und Geschichte, dort, wo einst der „Studentenkuss“ (Schokoladenkonfekt) als Geste der Verehrung diente – um nur einige Titel von Elisabeth Ochsenfelds Stücken zu nennen.
Die Ausstellung mit sieben Fotocollagen von Heidelberg und zwölf über Temeswar wurde bei der Vernissage vom Schriftsteller Robert [erban präsentiert und es folgte ein Jazz- und Blues-Rezital (Teodor Pop – Klavier und Mirela Iacob – Stimme). Es war die dritte Ausstellung des „Diplomatic Art“ – ein Festival, das zeigt, wie gut Kunst als Botschafter funktionieren kann, „ohne Vorurteil, ohne irgendwie im Hintergrund ein großes Wirtschaftsprojekt zu haben, ohne ein großes Dollar-Zeichen im Auge“, wie es Bea Gschwend veranschaulicht.