2023 wird Temeswar Europäische Kulturhauptstadt sein. Die Metropole an der Bega im Banat erlangte 1989 als wichtige Stadt für die Revolution gegen das kommunistische Regime in Rumänien internationale Bekanntheit. Die religiöse und ethnische Landschaft in dieser historischen Region Rumäniens ist äußerst bunt. So leben dort unter anderem Rumänen, Ungarn, Deutsche, Slowaken, Serben und Ukrainer. Neben der Rumänischen Orthodoxen Kirche mit ihren (Erz)Bistümern in Temeswar/Timo{oara, Arad und Karansebesch und dem serbischen orthodoxen Bistum gibt es auch das traditionsreiche römisch-katholische Bistum Temeswar und die griechisch-katholische Diözese von Lugosch. Daneben sind auch geschrumpfte, aber immer noch rührige slowakische und deutsche lutherische Gemeinden äußerst lebendig.
Die internationale ökumenische Gesellschaft „Ex fide lux – Deutsch-Rumänisches Institut für Theologie, Wissenschaft, Kultur und Dialog“ in Nürnberg bereitet derzeit in Kooperation mit der Rumänischen Orthodoxen Metropolie des Banats eine große Konferenz für das nächste Jahr vor, die das kirchliche Leben im Banat zum Thema hat. So wird es im Rahmen eines „Ökumenischen Kolloquiums“ vom 4. bis 8. Mai 2023 Vorträge, Exkursionen sowie ein hochkarätiges Begegnungsprogramm geben. Derzeit bereitet Projektleiter Pfarrer Prof. h. c. Dr. Jürgen Henkel seitens des Instituts „Ex fide lux“ in enger Abstimmung mit der Rumänischen Orthodoxen Metropolie des Banats die Tagung vor, bei der auch die Universität West in Temeswar und die Evangelische Akademie Siebenbürgen (EAS) als Projektpartner und Mitveranstalter beteiligt sein werden.
„Wir wollen mit diesem Kolloquium einen substanziellen Beitrag zur Europäischen Kulturhauptstadt Temeswar leisten und freuen uns sehr, dass wir die Rumänische Orthodoxe Metropolie des Banats und Metropolit Ioan Selejan als Kooperationspartner und Mitveranstalter gewinnen konnten. Immerhin ist die Rumänische Orthodoxe Kirche auch im Banat mit rund 90 Prozent die Mehrheitskirche. Dieses gemeinsame Projekt ist ökumenisch ein gutes Zeichen“, so Henkel, der als Leiter der EAS 2007 schon mehrere Projekte im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt Hermannstadt organisiert und geleitet hat. Der Theologe aus Bayern betont: „Die Kirchen und die Religion sind ein grundlegender Bestandteil der Kultur. Umso wichtiger ist, dass sich die Kirchen bei Kulturhauptstadt-Projekten gut einbringen und präsentieren.“
Als erster Schritt ist nun jüngst ein Buch zum Thema als Vorbereitung für das Kolloquium unter dem Titel: „Christentum und kirchliches Leben im Banat in Geschichte und Gegenwart“ erschienen, herausgegeben von dem rumänischen orthodoxen Metropoliten Ioan Selejan, dem römisch-katholischen Bischof von Temeswar, József-Csaba Pál, dem Vorsitzenden des Instituts „Ex fide lux“, Pfarrer Prof. Dr. h. c. Hermann Schoenauer, und Projektleiter Jürgen Henkel selbst. Die Evangelische Kirche in Deutschland/EKD fördert die internationale ökumenische Konferenz. Das Buchprojekt wurde vom Kulturwerk Banater Schwaben aus München gefördert.
Der 360 Seiten starke zweisprachige Band ist in der Buchreihe „Deutsch-Rumänische Theologische Bibliothek“ erschienen und bietet im ersten Teil „Landeskunde, Geschichte und Gegenwart“ grundlegende Informationen zum Banat und zum religiösen Leben dort. Wilfried Heller von der Universität Potsdam liefert eine landeskundliche Einführung. Der Banat-Experte Anton Sterbling behandelt in zwei Aufsätzen das Banat als „historischen Sozial- und Kulturraum“ sowie „Lebenswelten und religiösen Widerstand im Kommunismus“. Die Romanistin Ksenija Kneževic von der Universität Belgrad behandelt die „Multinationalität im Banat“, Mitherausgeber Jürgen Henkel von der Babe{-Bolyai-Universität Klausenburg verantwortet einen Beitrag zum Thema „Die Banater Schwaben – Geschichte, Schulwesen, Kultur“.
Im deutlich umfangreicheren zweiten Teil des Bandes präsentieren Theologen und Geistliche aus dem Banat die Geschichte und Gegenwart ihrer Kirchen. So werden die Rumänische Orthodoxe Kirche (Alin Scridon), die Römisch-katholische Kirche (Claudiu C˛lin, Szilvágyi Zsolt), die Griechisch-katholische Kirche (Bischof Alexandru Mesian), die Evangelische Kirche A. B. (Pfarrer Walther Sinn) sowie die Slowakische Lutherische Kirche (Dekan Dusan Vanko) ausführlich dargestellt. „Leider ist es uns trotz nachhaltiger Bemühungen nicht gelungen, Beiträge der Serbischen und der Ukrainischen Orthodoxen Kirche zu bekommen. Aber trotzdem deckt das Buch ein breites Spektrum ab und kann einen substanziellen Beitrag zur Europäischen Kulturhauptstadt Temeswar 2023 leisten“, betont Herausgeber Jürgen Henkel.
Ein umfangreicher Bildteil bietet knapp 60 beeindruckende Farbfotos mit Innen- und Außenansichten von Kirchen der verschiedenen Konfessionen, auch der Serbischen Orthodoxen Kirche. Henkel, der von 2003 bis 2008 die Evangelische Akademie Siebenbürgen/EAS in Hermannstadt/Sibiu leitete und seit 2017 Professor h.c. an der renommierten Babe{-Bolyai-Universität Klausenburg ist, unterstreicht als Initiator der Publikation den interkonfessionellen Ansatz des Bandes: „Wir wollen hier eine ökumenische Kirchengeschichte des Banats liefern, auch als Impuls für künftige wissenschaftliche Arbeiten und Dialoge.“
Die ersten druckfrischen Exemplare des neuen Buches erhielten jüngst die Bischöfe und Autoren der beteiligten Kirchen des Banats. Im Oktober gibt es Buchvorstellungen in Temeswar, Hermannstadt (Sonntag, 9. Oktober, 17 Uhr, Erasmus Büchercafe) und Bukarest (12. Oktober, 17 Uhr, Friedrich Schiller Kulturhaus).