Werke von Roma-Künstlerinnen und -Künstlern im ERIAC

Ausstellung Roma Women Weaving Europe präsentiert Roma-Kunst in Berlin

Malgorzata Mirga-Tas ‘Ciucholand 1, 2013, Acryl und Textilien auf Leinwand. Foto: Gabriel Medrea

Das Europäische Roma-Institut für Kunst und Kultur (ERIAC) und das Rumänische Kulturinstitut Berlin (RKI) haben den Internationalen Roma-Tag (8. April) zum Anlass genommen, eine Kooperation einzugehen, um Roma-Frauen zu ehren. Dies geschieht anhand der Doppelausstellung „Roma Women Weaving Europe“ an den Sitzen der beiden Institute. Präsentiert werden Arbeiten der Künstlerinnen Ionela Mihaela Cîmpeanu, Ioanida Costache, Mihaela Drăgan, Ana Maria Gheorghe, Alina Șerban aus Rumänien sowie Arbeiten von Delaine Le Bas aus dem Vereinigten Königreich, von Kiba Lumberg aus Finnland, Malgorzata Mirga-Tas aus Polen, Emília Rigová aus der Slowakei und Selma Selman aus Bosnien und Herzegowina. Als einziger Mann ist der Rumäne George Vasilescu beteiligt.


Die Macher der Veranstaltung haben sich zum Ziel gesetzt, die ausgestellten Künstlerinnen als Führerinnen und Überlebende, Hüterinnen und Wiedererfinderinnen der Kultur aber auch als Revolutionäre zu präsentieren.
Die Gemeinschaftsausstellung bringt das feministische Denken der Roma und die zeitgenössische Kunst zum Vorschein und umfasst künstlerische Kreationen, die in verschiedenen Medien und Formen wie Malerei, Installationskunst, Videokunst, Textilkunst und Skulptur ihre Verwirklichung finden.


Die Auseinandersetzung mit der Ungleichheit der Geschlechter hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von Fragen aufgeworfen, auf die die Ausstellung zwar keine klaren Antworten geben will, welche sie jedoch im Kontext der Lebenswirklichkeit von Roma-Frauen neu beleuchtet. So wissen die rund 6 Millionen Roma-Frauen in Europa um die Effekte der Geschlechterungleichheit, sind viele von ihnen doch in mehrfacher Hinsicht mit Diskriminierungen konfrontiert, als Frauen, die Mitglieder einer stigmatisierten ethnischen Minderheit sind und somit ein erhöhtes Risiko sozialer Ausgrenzung und Armut aufweisen – ein Umstand, der sie dazu motiviert hat, die patriarchalische und rassistische Unterdrückung mit kreativen Mitteln zu hinterfragen.


In der im ERIAC noch bis zum 30. Juli stattfindenden Ausstellung bringen die vertretenen Künstlerinnen und Künstler in leidenschaftlicher und starker Art Sichtweisen des zeitgenössischen Romani Feminismus künstlerisch zum Ausdruck. Gemeinsames Ziel der stark variierenden Kunstwerke ist die Dekonstruktion vorhandener Vorurteile, indem sie vielfältige und würdevolle Darstellungen der Roma-Weiblichkeit bieten. Inspiriert von nach innen gerichteten Beobachtungen der eigenen Familien und Gemeinden rühmen die Künstlerinnen ihre weiblichen Idole. Mütter, Großmütter und Tanten werden für ihre Weisheit und ihr Widerstandsvermögen gefeiert. Dieser Ansatz wird be-sonders deutlich an der von Crina Marina Morteanu kuratierten Sammlung ‘urban_roma’, einer Auswahl von Familienfotografien aus dem persönlichen Besitz ihrer Familienmitglieder und Freunde. Die Bilder zeigen Roma aus Bukarest zwischen 1950 und 1989 im Stadtteil Ferentari, einem berühmt berüchtigten Viertel der rumänischen Hauptstadt, von manchen als ‘Roma-Ghetto’ bezeichnet. Die intimen Szenen im Familienkreis dekonstruieren diese vorurteilsbehaftete Auffassung, setzen Stereotypisierung, Exotismus und Sensationalismus das normale Alltagsleben der Dargestellten entgegen.


Die ausgestellten Werke sind als Wertschätzung der Intimität und Solidarität zwischen mehreren Generationen von Frauen konzipiert, es geht um das Schöpfen von Kraft durch gegenseitige und bedingungslose Unterstützung. Die Kunstschaffenden betonen ihre Rolle als Übermittler und Neuerfinder von Kultur, wagen einen Blick in die Alltagsrituale der Roma-Gemeinden, welche sonst unsichtbar für die Augen der Mehrheitsgesellschaft sind. Auf diese Weise erlangen sie Stärke und schaffen eine Quelle des stolzen und mutigen Umgangs mit den eigenen Wurzeln.

 

Besuchsprogramm: Bis 30.7.2019 ERIAC, Reinhardtstraße 41-43, 10117 Berlin Mo-Fr. 9-17 Uhr.

Anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag des Widerstands der Roma organisieren ERIAC und RKI am 20. Mai 2019 eine Podiumsdiskussion.