Bukarest - Offizieller Veranstaltungsort war der neue Campus der Deutschen Schule Bukarest - für die meisten der geladenen Gäste jedoch zuhause oder das Büro. Nach und nach öffnen sich auf Webex die Teilnehmerfenster: Namen wie Ana Blandiana, Bogdan Aurescu oder Ludovic Orban loggen sich ein. Manche bleiben unsichtbar bis zu dem Moment, in dem alle aufgefordert werden, ihr Glas zu erheben: Wer aus der Ferne zusieht, darf einen Schluck nehmen. Wer im echten Festakt Maske trägt, stellt das symbolisch erhobene Sektglas unberührt zurück. Der diesjährige deutsche Nationalfeiertag hat etwas seltsam Berührendes. Liegt es an dieser Situation? Oder an den Kindern der deutschen Schule Bukarest, die im Rahmen des Projekts „Earth Speakr“ mit äußerst eindringlichen Botschaften zu Naturschutz, Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit auffordern?
Der deutsche Botschafter Cord Meier-Klodt verriet, warum der Festakt zum Nationalfeiertag mit dem Weltlehrertag zusammengelegt wurde. Es bringt die beiden Leitmotive dieser Feier zum Ausdruck: Einigkeit und Bildung. Covid-19 habe vor allem die Schüler mit ihrer ersten tiefen Krise konfrontiert, sagt Meier-Klodt. Doch Krise fordert auch zum Umdenken über globale Herausforderungen heraus. Das Kulturprojekt „Earth Speakr“, speziell zur deutschen Präsidentschaft des EU-Rates eingeführt, soll einer engagierten Jugend Gelegenheit geben, ihre Erwartungen an die Erwachsenen zu formulieren.
Der deutsche Bundespräsident Frank Walter Steinmeier bedauerte, statt der geplanten Reise nach Bukarest wegen Covid-19 „nur digital vorbeischauen“ zu können. Der Besuch werde nachgeholt, sobald die Umstände es erlauben. Die deutsche Wiedervereinigung habe den Riss, der sich durch Deutschland und Europa zog, endlich geschlossen, erinnert Steinmeier. Die Eröffnung des neuen Schulcampus in Bukarest soll verkörpern, was uns in Europa über alle Unterschiede hinweg stark macht: Gemeinschaft, Vielfalt, Demokratie und die Werte der Aufklärung. Kurz: Einigkeit in Vielfalt.
Staatspräsident Klaus Johannis erinnerte, die deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 sei für die Zukunft ganz Europas von Bedeutung gewesen. „Wir sind in der Pflicht, nun weiterhin an einer gemeinsamen Zukunft für unsere Bürger zu bauen, im Geiste von Zusammenarbeit, Solidarität und Zusammenhalt, Attribute, die unser Projekt Europa definieren.“ Die bilateralen Beziehungen lobte er als exzellent. Seit Beginn der diplomatischen Beziehungen vor 140 Jahren hätten sie sich vor allem in den letzten Jahren auf allen Ebenen bedeutend vertieft. Ein Grundpfeiler sei die wirtschaftliche Kooperation, Deutschland sei auf diesem Gebiet wichtigster Partner und einer der größten Investoren in Rumänien. Die rumänische Diaspora in Deutschland, eine der größten im Ausland, lobte er als Modell für erfolgreiche Integration; die in Rumänien tief verwurzelten ethnischen Deutschen für ihre signifikanten Beiträge für die Verbindung zwischen beiden Staaten. Ausdrücklich begrüßte Johannis die Organisation der in wenigen Tagen anstehenden 23. rumänisch-deutschen Regierungskommission für die Belange der deutschen Minderheit in Rumänien. Für die Präsidentschaft im EU-Rat könne Deutschland auf Rumänien als engen Partner bauen. Einheit, Solidarität und Zusammenhalt habe sich in Europa auch in der Corona-Krise gezeigt, etwa im Paket zum Wiederaufbau der Wirtschaft.
Zum Anlass des Weltlehrertags brachte der Staatspräsident seine spezielle Anerkennung und seinen Dank für die didaktischen Kader zum Ausdruck, die durch ihren Einsatz die Gesellschaft von morgen formen, durch nachhaltige Projekte zu Klimawandel und Umweltschutz sensibilisieren, dies trotz erschwerter Bedingungen durch Covid-19. Der Festakt endete mit einem virtuellen Rundgang durch den neuen Schulcampus und einem Einblick in das Projekt „Earth Speakr“. Gezeigt wurden vier von 137 in einem Workshop des Goethe-Instituts Bukarest erstellten Kurzfilmen, in denen personalisierte Bäume, Tiere und Gegenstände mit den Stimmen der Kinder eindringlich und ergreifend zu umweltfreundlichem Verhalten auffordern.