„A yiddishe mame, es gibt nisht besser oyf der velt“

Profis aus Klausenburg und Sighetu Marmației sangen und spielten in einer siebenbürgischen Synagoge vor

Ion Sandu Filip (mit Hut), Orly Frankel, Dariana Elena Jurjut, Mugur-Nitsan Nazarie Schwartzmann und Klavierbegleiterin Bianca Stănescu (v. l. n. r.) wurde in Hermannstadts Synagoge aufmerksam zugehört.

Vor und nach dem Konzert stellte Cristina Niță jüdisch bemalte und verzierte Gänse- und Straußeneier aus. Fotos: Klaus Philippi

Hermannstadt – Um das Jiddische und die Klezmer-Tradition schlugen Dariana Elena Jurjut, Orly Frankel, Ion Sandu Filip und Mugur-Nitsan Nazarie-Schwartzmann am Freitagabend, dem 20. September, in der Synagoge von Hermannstadt/Sibiu natürlich keinen Bogen. So leicht wie nur möglich aber wollten sie es ihren Zuhörern auch nicht gleich vom ersten Text-Singen weg machen: fünf alte Lieder auf Hebräisch galt es abzuwarten, ehe Tenor Ion Sandu Filip und Sopranistin Dariana Elena Jurjut mit dem Song „Hallelujah la´Olam“ den unterhaltsamen Teil des Konzerts am drittletzten Tag des städtischen „Ars Sacra“-Festivals eröffneten. Zumal Bass Mugur-Nitsan Nazarie-Schwartzmann als Senior des Gesangsquartetts mit Klavierbegleitung durch Bianca Stănescu an einem digitalen Instrument mit dem Sprechen eines ausführlichen jüdischen Gebets in den Abend eingestiegen war. Kein Mensch im verständlicherweise mehrheitlich nicht-jüdischen Publikum entzog sich seiner Aufforderung, dazu aufzustehen. Anschließend nämlich kam es darauf an, sich eineinhalb Stunden lang sitzend von Lied zu Lied führen zu lassen.

Und es war gut und richtig, dass die fünf Gäste und Mitglieder des Vereins „Siebenbürgen Opera“ aus Klausenburg/Cluj-Napoca den zur Zwischenkriegszeit in den USA geprägten Jazz-Evergreen „Bay mir bistu sheyn“ und noch vielmehr das populäre „Hallelujah“ von Leonard Cohen spät brachten. Klug auch ihre Taktik, zu Start ihres Programms gerade mal nur ein Stück von sämtlichen vier Stimmen singen zu lassen und sich das Feiern in Quartett-Formation mit der nimmermüden Klavierbegleitung ausgiebig für die Schlussstrecke aufzuheben. Den Schatten einer künstlerischen Einbuße hinnehmen musste man bisweilen einzig und allein im Auftreten von Sängerin Diana Elena Jurjut, deren kräftige Stimme dem Konzert einen etwas überreizten Schlager-Klang aufdrückte. Das leicht rauchige Timbre von Einspringerin und Karriere-Anfängerin Orly Frankel hingegen überzeugte, obschon in Sachen Klanggewalt viel weniger belastbar, mit einer höheren Dosis Einfühlsamkeit. Tenor Ion Sandu Filip, der die Friedens-Lieder „Shalom ´aleichem“ und „Lomir sich iberbetn“ souverän in die Synagoge schmetterte, war der italienische Belcanto als liebstes Betätigungsfeld deutlich anzumerken, während Mugur-Nitsan Nazarie-Schwartzmann mit seinem profunden Bass alle paar Stationen je nach Fall für Nachdenklichkeit oder eine gekonnt gute Stimmung sorgte – das sephardische Abschiedslied „Adio querida“ auf Ladino, das jiddische „Oyfn pripetschik“ in Rückbesinnung auf den winterlichen Schulalltag in zentraleuropäischen Synagogen vor etwa 150 Jahren, die Verse zur Ehrung des Inbegriffs der „Yiddishe Mame“ und selbstverständlich der seit seiner Erstaufführung 1964 am Broadway bekannte Klassiker „If I Were A Rich Man“ aus dem Musical „Fiddler on the Roof“ hätten auch in Hermannstadt keinen geeigneteren Interpreten als Mugur-Nitsan Nazarie Schwartzmann haben können. Schade nur, dass die akustische Verstärkungsanlage des Abends der Klavierbegleitung über weite Strecken kaum Raum zur Entfaltung ließ. Pianistin Bianca St˛nescu jedoch, die kurzfristig für ihre wegen eines Armbruchs am Auftreten verhinderte Kollegin Cătălina Tudorie eingesprungen war, trug es mit augenscheinlicher Gelassenheit und verneigte sich mit demselben Lächeln wie die vier Sängerinnen und Sänger, die sie zuverlässig begleitete.