Hermannstadt – Als Samuel von Brukenthal zu Lebzeiten für die Gründung der Bibliothek seines Palais am Großen Ring/Piața Mare in Hermannstadt/Sibiu knapp 16.000 Einzelbände aus ganz Europa ankaufte, hatte das Weltbild von Universalgelehrten des 17. Jahrhunderts wie Athanasius Kircher, Christoph Wittich, Thomas Bartholinus und Georg Christoph Petri von Hartenfels noch längst nicht ausgedient. Die Brukenthal-Bibliothek war in der Tat ein Ort, an dem das enzyklopädische Wissen des Abendlandes vollständig erfasst werden konnte. Fachmann Dr. Radu Teuceanu vom kleinen Team der großen Bibliothek hat Mittwoch, am 8. Dezember, seine Ausstellung „Baronul bibliofil – 300 de ani“ im Kartographischen Kabinett des Brukenthalmuseums ohne Vernissage eröffnet, freut sich aber gemeinsam mit Bibliotheksleiter Alexandru Munteanu über jedes neugierige Augenpaar, das bis Schließung am letzten Tag des Jahres 2021 vor den Schautafeln und über den gläsernen Schaukästen Besuchszeit für ein Bildungsangebot nach sehr alter Schriftart aufbringt.
In Brukenthals Epoche gaben die Menschen Europas noch recht viel auf die Mantik. Ihr Vertrauen in das Einwirken der Anordnung von Gestirnen auf die menschliche Existenz auf dem Planeten Erde war merklich hoch und mit der Frömmigkeit des christlichen Glaubens nahezu deckungsgleich. Noch im 18. Jahrhundert gaben Vordenker wie John Ray ohne Umschweife zu, sich der Allmacht Gottes nicht entziehen zu können, wie unschwer aus dem Titel des Kupferstichs „The Glory of God, Or A Mirror of God´s Wisdom and Allmight“ verstanden werden kann, den die Ausstellung „Baronul bibliofil – 300 de ani“ bereithält. Und ganze zehn Jahre vor dem Ausgang des 17. Jahrhunderts hatte Christoph Wittich in Amsterdam einen Band in hartem Deckel veröffentlichen lassen, worin er den radikalen Rationalismus von Spinoza zu widerlegen suchte. Auch für ein Exemplar dieses Buches machte Samuel von Brukenthal Geld aus seiner Privatkasse locker.
Trotz seiner eigenen intellektuellen Neigungen aber hatte der Baron aus Leschkirch/Nocrich und bald Hermannstadt auch etwas für die leiblichen Freuden des Alltags übrig. Sie wollten mit Stil statt grob befriedigt sein. Wie anders sonst ließe sich erklären, dass in seiner Bibliothek noch heute ein Exemplar des nicht dünnen und 1710 in Köln gedruckten Büchleins „L´art de plumer la poulle sans crier“ (Die Kunst, das Huhn ohne Schreien zu rupfen) zu finden ist? Die neueste und nur noch bis Silvester offene Ausstellung ganz hinten im langen Innenhof des Brukenthalmuseums ist kurzweiliger, als man gemeinhin vermutet.