Temeswar (ADZ) – „Eine enorme Bereicherung für die Kultur-Infrastruktur der Stadt“ sei das instandgesetzte Gebäude auf der Vasile-Alecsandri-Straße Nr. 1, das Bürgermeister Nicolae Robu am Freitag mit großem Pomp einweihen ließ. Ein altösterreichisches Militärgebäude, das sich in einem maroden Zustand befand, wurde in den vergangenen zwei Jahren gänzlich umgebaut, aufgestockt und instandgesetzt. Es soll für Kulturveranstaltungen genutzt werden, welche Kulturinstitutionen davon am meisten profitieren werden, ist derzeit unbekannt.
Allerdings bekam das Gebäude eine Fassade, die es nie gehabt hat. Der Architekt hat sich an die Gestaltung der dem Freiheitsplatz/Pia]a Libert˛]ii zugewandten Hauptfassade des alten Rathauses angelehnt und ein ähnliches Säulenmuster sowie Fensterdekorationen gewählt, doch das sich in der Alecsandri-Gasse befindende Gebäude, das bereits 1727 errichtet wurde, war in einem viel einfacheren Stil gehalten. Bürgermeister Robu sagte, dass es ihm gelungen ist, eines der wichtigsten Baudenkmäler der Stadt zu restaurieren, doch eigentlich handelt es sich um einen Neubau. Nur weil er eine Vision gehabt hat, konnte er für das Vorhaben kämpfen, sagte Robu bei der Einweihungsfeier. Als Mann der Taten und nicht der Worte könne er im Bereich des Denkmalschutzes und der Kultur eine beachtliche Bilanz vorlegen, die Stadtverwaltung habe zahlreiche denkmalgeschützte Gebäude saniert und bereite weitere Projekte vor. Einige davon befänden sich bereits in einem „theoretischen Stadium“, wie zum Beispiel der Josefstädter Wasserturm.
Stadtplaner und Architekten kritisierten bereits das Projekt, es sei sehr fraglich, wie es genehmigt werden konnte. Man habe sich von der gegenwärtigen guten Praxis des Denkmalschutzes entfernt und im 21. Jahrhundert einem Gebäude aus dem 18. Gebäude eine historisierende Fassade verpasst, wie man es im 19. Jahrhunderts gemacht hätte, sagte Andreea Tănase, eine Hermannstädter Stadtplanerin, gegenüber der ADZ. In Temeswar habe man sich wahrscheinlich gedacht, dass das Gebäude im 18. Jahrhundert so ausgeschaut haben könnte und so habe man es dann gemacht. Das sei eine veraltete, inzwischen überall aufgegebene Denkweise. Man könne zwar denkmalgeschützte Gebäude erweitern, aber die gegenwärtige Erweiterung müsse in Beziehung zur alten Bausubstanz sichtbar sein. Man solle durch Restaurierungsarbeiten ein Gebäude nicht fundamental umbauen, so dass es seine ursprüngliche Identität vollkommen verliert. An der Fassade des neuen Kulturzentrums könne man den zeitlichen Ablauf der Bau- und Erweiterungsphasen nicht erkennen und das entspräche nicht den Gepflogenheiten von heute, sagte Tănase.