Hermannstadt – Manchmal sieht man seinen Geländewagen mit hohem Radstand – und wahrscheinlich auch Vierradantrieb – am Kinder- und Jugendtheater „Gong“ in Hermannstadt/Sibiu stehen. Jeno Major, seit über einem Vierteljahrhundert von Beruf Schauspieler, hat ihn dann vielleicht dort geparkt, um rechtzeitig zum Dienst in einer Probe oder Vorstellung am Traditionshaus antreten zu können. Oder er hat sein strapazierfähiges Fahrzeug direkt vor dem Theatergebäude stehen, um nach getaner Arbeit seinem Hobby nachzugehen, das ihn längst schon national und international bekannt gemacht hat. Draußen in der freien Natur nämlich schießt Jeno Major zu sämtlichen Jahreszeiten stupende Landschaftsaufnahmen, die zu sehr viel mehr als nur etwa dem Abdrucken auf Titelseiten von Hochglanzzeitschriften oder der Veröffentlichung in Applaus heischenden Social-Media-Kanälen taugen. Dienstagnachmittag, am 6. Dezember, hat der geduldige und abseits der Bühne des Gong-Theaters wortkarge Fotograf in einer Dachmansarde in der Elisabethgasse/9 Mai seine bis zum vorletzten Dezembertag laufende Ausstellung „Arhaic“ eröffnet. Viel über sich und seine Arbeit mit der Kamera im hügeligen und gebirgigen Terrain Rumäniens mochte Jeno Major nicht verraten. Obwohl es nicht die Vernissage seiner ersten Einzelausstellung in Hermannstadt war und ihn auch der immense Publikumsandrang nicht überrascht haben konnte. Denn dass der Hagere mit grauem Vollbart von der Deutschen Abteilung des Gong-Theaters etliche Freunde und als Fotograf einen noch viel größeren Fan-Club hat, steht außer Frage.
Kaum eine Chance auf nebelige oder glasklare Morgendämmerung in der nächsten Umgebung Hermannstadts vor montaner Kulisse scheint Jeno Major auszulassen. In der sumpfigen Uferlandschaft des Alt bei Glâmboaca mit der Fogarascher-Gebirgskette im weiten Hintergrund, einem Mekka der Fotografen Hermannstadts, hat er selbstverständlich beste Herbst- und Winteraufnahmen gemacht, und auch den Sankt-Anna-See im Kreis Harghita oder das Bucegi-Gebirge hat er ausreichend studiert, um beides vorteilhaft in Szene setzen zu können. Sein auf dem goldenen Herbst-Zenit von einem Hügel über Moeciu de Sus her aufgenommenes Bucegi-Panorama zeigt die mit Neuschnee bedeckten und bei Lawinengefahr strengst zu meidenden Berghänge „Guțanu“ und „Grohotișul“. Am weitaus meisten jedoch scheint Jeno Major das Wandern und Fotografieren in der „Fundătura Ponorului“ des Mühlbacher Gebirges/Munții Șureanu zu suchen, wo er das harte und selbstgenügsame Leben der einheimischen Bauern porträtiert. Keine Tageszeit ist ihm zu unpassend.
„Der Mensch hier, er steht morgens um 4 Uhr auf“, raunte Leder-Schneiderin Denisa Gruncă während der Vernissage von Fotograf Jeno Major, der immer dem Licht unterwegs zuvorkommen muss, um es später von einem bestimmten Ort aus in Bestform auf die Linse seiner Kamera bannen zu können. Ihr Mann Marius Gruncă, selber Filmemacher, wäre ein großer Fan von Major, und habe den Autodidakten vom Gong-Theater winters einmal im Terrain des Harbachtales/Valea Hârtibaciului zu sehr früher Stunde noch vor Sonnenaufgang persönlich kennenlernen dürfen. Nur einen Kurs für Fotografie hat Jeno Major besucht. Umso erstaunlicher, dass er seine Aufnahmen nicht im Geringsten digital nachbearbeitet, wie Niu Heri{anu, bildender Künstler und Mieter des Hauses Nummer 10 in der Elisabethgasse, lobt: „Er wartet die Augenblicke ab und arbeitet mit dem Material der Natur.“ Im Erdgeschoss des Hauses stehen Regale und Kasse des Spiele-Ladens „Atu Toys“, die sicher nicht jedermanns Geschmack treffen. Die Ladentüre hingegen ist montags bis freitags zwischen 12 Uhr und 19 Uhr sowie samstags von 10 bis 14 Uhr offen.