Temeswar (ADZ) – Das Temeswarer Kulturhauptstadtprojekt, an dessen Neustart Bürgermeister Dominic Fritz und sein Team eigenen Aussagen zufolge seit November „rund um die Uhr“ arbeiten, ist weiterhin festgefahren. Zwar hat Fritz die ehemalige Kulturministerin Corina Șuteu für das Vorhaben gewinnen können und diese als neue Leiterin des Beraterstabs vorgestellt, doch der Kulturhauptstadt-Verein kann seine Tätigkeit nicht wieder aufnehmen. Seit eineinhalb Jahren sind nur noch vier der insgesamt acht Vorstände im Amt, eine Mitgliederversammlung konnte bisher nicht einberufen werden und das Kulturministerium weigert sich, einen Vertreter in den Vereinsvorstand zu entsenden. Diesbezüglich wollte Bürgermeister Dominic Fritz gestern mit Kulturminister Bogdan Gheorghiu sprechen, nach Bukarest sollte er in Begleitung des Temescher Kreisratsvorsitzenden Alin Nica fahren.
Auch wollte Fritz in der Hauptstadt das neue Finanzierungskonzept vorstellen. Demnach solle es zwei Institutionen geben, die Kulturprojekte für 2023 und darüber hinaus finanzieren. Zum einen gehe es um das Projektzentrum der Stadt Temeswar, das Steuergelder vergeben soll, zum anderen um den Kulturhauptstadt-Verein, der in privater Trägerschaft bleiben und dementsprechend größtenteils private Gelder verwalten wird. Gleichzeitig müsse erneut in Bukarest Druck gemacht werden, damit die versprochenen Finanzierungen schneller fließen und auch verwaltungstechnische Aspekte beschleunigt werden, gab der Bürgermeister zu verstehen.
Währenddessen wurde [uteu, die bei der Vorstellung ihrer konkreten Pläne zur Neuaufstellung des Vorhabens eher vage geblieben war, von einer Temeswarer Journalistin kritisiert; als Kulturministerin der Ciolos-Regierung soll Șuteu Unheil gestiftet haben und kaum über die Erfahrung verfügen, die das Kulturhauptstadt-Projekt fordere, schrieb Lia Lucia Epure. Daraufhin verfassten rund 70 Temeswarer Intelektuelle, Künstler und Leiter von Kultureinrichtungen einen offenen Brief, in dem sie erklärten, voll und ganz hinter [uteu zu stehen, diese bringe die besten Voraussetzungen mit, um den festgefahrenen Karren aus dem Dreck zu ziehen.
Fazit ist aber, dass nicht nur die Arbeit am Programm stockt, sondern auch die versprochenen Investitionen in die Kulturinfrastruktur Verspätungen aufweisen, die kaum noch nachgeholt werden können. Das größte Projekt, das den Bau eines „Multiplexity“ genannten Kultur- und Veranstaltungszentrums vorsieht, ist über die Entwurfsphase noch nicht hinaus, nur Teile davon könnten bis 2023 fertiggestellt werden. Bürgermeister Fritz sagte, dass er zahlreiche und lange Gespräche mit dem Team geführt habe, das derzeit das Gebäude entwirft, doch man müsse noch viel arbeiten. Er drücke dem Projekt die Daumen und hoffe, dass die Bauarbeiten im Herbst oder Winter anfangen werden. Etwas fortgeschrittener seien die Arbeiten an dem Kulturzentrum, das im alten Spital der Barmherzigen Brüder eingerichtet werden soll, dort begannen Umbau und Sanierung bereits im vorigen Sommer. Gearbeitet werde ferner an der Instandsetzung des Victoria-Kinos, ab Anfang Sommer sollen die Arbeiten auch im Studio-Kino beginnen.
Alle andere Vorhaben befinden sich in der Planungsphase, sagte Fritz. Es handele sich um einen neuen Aufführungssaal für das Deutsche Staatstheater, die Sanierung der Innerstädter Synagoge, die Instandsetzung der Nationaloper, die Sanierung des Hunyadi-Kastells und des Banater Dorfmuseums sowie um die Einrichtung eines Museums der 1989er Revolution in der ehemaligen Stadtkommandantur auf dem Freiheitsplatz/Piața Libertății. Auch im Kreisrat, der für das Hunyadi-Kastell und das Dorfmuseum zuständig ist, bewegen sich die Dinge kaum, die 2006 begonnenen Arbeiten am Schloss der Hunyadis wurden vor Jahren eingestellt, das Gebäude verfällt zusehends. Und im Falle des Revolutionsmuseums hat das Kulturministerium unlängst die Ausschreibung der Entwurfs- und Bauarbeiten annullieren lassen, man plane eine Neuausschreibung.