Hermannstadt – Auch Musik aus protestantischer Hand stand auf dem Konzertprogramm des Kammerorchesters der Bamberger Otto-Friedrich-Universität am Mittwochabend, dem 21. August, in der evangelischen Stadtpfarrkirche Hermannstadt/Sibiu, und doch mussten besonders Zuhörer, die eigens dafür in die Bänke geströmt waren, einiges an Geduld aufbringen. Zwar hatte Dirigent Wilhelm Schmidts Johann Sebastian Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur BWV 1048 für die zeitliche Mitte des Auftretens vorbehalten, ohne aber den nicht minder sprühenden Meisterwerken geringerer Bekanntheit davor und danach ihre Ausstrahlung zu nehmen. Denn beim Blick auf die Faltblatt-Innenseite und die Angabe von Michael Haydns Notturno G-Dur MH 189 an erster von sechs Stationen war das Privileg der großzügigen Stunde im Nu ohne jeden Restzweifel offenkundig: um Einzigartiges aus barocker und klassischer Nische der Musikgeschichte Europas sollte es im Schnittpunkt vom Haupt-und Querschiff Hermannstadts größter Kirche über weite Strecken gehen.
Mit der Serenada à cinque von Heinrich Ignaz Franz Biber, einem Amtsvorgänger Michael Haydns im oberösterreichischen Salzburg, blieben der aus Reps/Rupea gebürtige Universitätsmusikdirektor und die Kammerorchester-Mitglieder auf Streichinstrumenten dem eben erst eingeschlagenen Sonderkurs auf allzu oft vernachlässigte Kostbarkeiten des unermesslichen Repertoires für Kleinbesetzung selbstverständlich treu – viel zu verlockend die aufgeweckte Suite in sechs Sätzen mit zentraler Ciacona auf das „Nachtwächter“-Lied, als dass Wilhelm Schmidts die Passage „Hört, ihr Herrn, und lasst euch sagen“ und manchen weiteren Vers derselben sieben Strophen nicht persönlich mit seinem ausgezeichnet sitzenden Bariton in den Kirchenraum geschickt hätte. Dass er es zweisprachig tat, war kein bisschen weniger wohltuend als die gleich anschließend lupenreine Zuarbeit von Solo-Trompeter Sebastian Hensiek aus Bamberg, dem in sich selbst ruhenden Spitzenkönner am fordernden Notenständer der Sonata à cinque con tromba in D-Dur von Giuseppe Torelli. Im Nachgang auf Bachs Drittes Brandenburgisches Konzert trumpfte erneut Sebastian Hensiek, diesmal als Interpret der D-Dur-Toccata für Trompete und Orgel von Giambattista Martini, seines Zeichens Verfechter der barocken Kontrapunkt-Schule und Mentor späterer Komponisten wie Johann Christian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart.
Ausgefallen, abwechslungsreich und auf den Punkt vorbereitet: so, wie Siebenbürger Wilhelm Schmidts und das Kammerorchester der Universität Bamberg in ihr Konzert eingestiegen waren, beendeten sie es auch. Mozarts Serenata Notturna D-Dur KV 239 lieferte einen klaren Beweis dafür, dass bühnenreife Qualität kein Berufsmusiker-Monopol sein muss. Hinarbeiten auf Wunsch-Karrieren in Fächern wie Philosophie, Geschichte oder Naturwissenschaften nötigt nicht zum schleichenden Verzicht auf Üben in den eigenen vier Wänden und Proben mit Gleichgesinnten. Zumal man sich in Hermannstadt beim Hören der Kontrabass-Kadenz im rauschenden Finalsatz der Serenata Notturna von Mozart unweigerlich dabei ertappen konnte, an Ort und Stelle schon lange keinen so vollmundigen Streicherbass mitsamt schwerreicher Oberton-Palette mehr genossen zu haben. Es lag nicht nur am verlässlich gestimmten Viersaiter des betreffenden Spielers.
Und Wilhelm Schmidts, Ex-Abiturient des Samuel-von-Brukenthal-Gymnasiums sowie Alumnus der Gheorghe-Dima-Musikakademie Klausenburg/Cluj-Napoca? Am Dirigentenpult zollte er freundlich seinem Studium an der Hochschule für Musik Würzburg primären Tribut und führte sogar als Leiter vom Cembalo aus zusätzlich zur edlen Handgestik mit überaus Kopf-betonter Körpersprache durch den Konzertabend, die ein strenger Orchestererzieher wie Maestro Petre Sbârcea in Klausenburg – „dirigiert wird nur von Hand“ – bei Studenten nie zu tolerieren bereit gewesen wäre. Die Mitglieder des Kammerorchesters der Universität Bamberg aber dankten es ihrem Chef mit Glanzleistung.