Temeswar (ADZ) – Das St. Gerhards-Werk e. V. Stuttgart richtet am Samstag, dem 9. November, die Kulturtagung „Verhärtete Frömmigkeit im 19. Jahrhundert“ aus. Wissenschaftler, Forscher und Interessierte finden sich dafür von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr im jüngst renovierten Haus der Donauschwaben in Sindelfingen ein. Im Namen der Diözese Temeswar und der deutschen Gemeinschaft in Temeswar tragen Dr. Claudiu Sergiu Călin, Diözesanarchivar zu „Orden und Kongregationen im Bistum Tschanad (Csanád) und im Banat im 19. Jahrhundert“ und die Journalistin Dr. Raluca Nelepcu zu „Mädchenbildung im 19. Jahrhundert im Banat: Die Anpassung der Notre-Dame-Schulen in einer sich wandelnden Gesellschaft“ vor. Weitere mit Beiträgen Beteiligte sind: Dr. Zsofia Bárány (Ungarische Nationalbibliothek Budapest), Dr. János Bednárik (Institut für Ethnologie, Forschungszentrum für Geisteswissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest), Dr. Réka Miklós (Kunstuniversität Graz), Prof. Dr. Gábor Tüskés (Institut für Literaturwissenschaft, Forschungszentrum für Geisteswissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest), Prof. Dr. János Ugrai (Institut für Geschichte an der Universität Miskolc).
Auf der Tagesveranstaltung nehmen Forscherinnen und Forscher überblicksartig anhand konkreter Beispiele das kirchliche Leben der Donauschwaben in den Blick. „Das Christentum in den konfessionell geprägten Kirchen spielte in der Geschichte der deutschen Minderheiten von ihrer Ansiedlung im ausgehenden 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart auf der individuellen wie auf der Gruppenebene eine gesellschaftliche, politische und kulturelle Schlüsselrolle. Die Kirchen wirkten dabei nicht allein im spirituellen, sondern auch im politischen, verwaltungstechnischen und ökonomischen Bereich mit“, heißt es in der Einladung zur Veranstaltung. Ebenda steht: Das „lange 19. Jahrhundert“ stand im Zeichen der Nationalisierung und Nationenbildung. Die Nationalisierung der Religion und die Sakralisierung der Nation vor allem seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schufen neue Identifikationskonfigurationen auch für die Donauschwaben in der ungarischen Reichshälfte der Donaumonarchie. Indem Kirche und Religion bis dahin für die Donauschwaben als maßgeblicher Faktor ihrer (kollektiven) Identität fungierten, konnten Loyalitätskrisen entstehen. Das erzeugte in den einzelnen Siedlungsgebieten dieselben Stimulationen, führte aber zu unterschiedlichen Resultaten auf der Mikroebene bezüglich der religiösen Traditionen und Praktiken. Welche konkreten Ein- und Auswirkungen das auf die deutschsprachigen Katholiken in Ungarn hatte, soll auf der Kulturtagung aufgegriffen werden.