„Bindung zwischen Völkern geschieht nur durch Kultur“

Brukenthalmuseum zeigt bis Ende Januar aserbaidschanische Teppiche

Ein Schüler des Kunstgymnasiums Hermannstadt, der es kaum erwarten konnte, für die Gäste, Besucher, Festredner und Förderer der Expo aserbaidschanischer Teppiche im Brukenthalmuseum zu spielen. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Als Herrscher Uzun-Hasan 1474 Stefan dem Großen eine Allianz mit der Aq-Qoyunlu-Stammesföderation aus dem Kaukasus und Nahen Osten vorschlug, um sich mit vereinten Kräften der vom Osmanischen Reich ausgehenden Gefahr stellen zu können, willigte der mächtige Woiwode der Moldau nicht ein. Das Angebot zur Eindämmung des türkischen Expansionskurses in engster Kooperation mit den Truppen von Uzun-Hasan jedoch, der damals einschließlich über das Gebiet des heutigen Aserbaidschan verfügte, dürfte Stefan dem Großen geschmeichelt haben. Obschon es nicht bei seinem Zögern bleiben sollte, vergingen mehr als fünf Jahrhunderte bis zum ersten Abkommen zwischen Rumänien und Aserbaidschan: noch vor allen anderen Ländern der befreiten und schon zuvor freien Welt war die Regierung in Bukarest es, die nach dem Zerfall der Sowjetunion die Unabhängigkeit des kaukasischen Staates am Kaspischen Meer anerkannte. 1992 wurde nicht nur der Deutsch-Rumänische Freundschaftsvertrag unterzeichnet, sondern auch die diplomatische Beziehung von Bukarest nach Baku sowie zurück aufgenommen. Vasile Soare, Botschafter Rumäniens in der Republik Aserbaidschan seit Herbst 2021, wollte Donnerstag, am 22. Dezember 2022, die Fangemeinschaft des Brukenthalmuseums nur unter der Kondition aus der Abteilung für Zeitgenössische Kunst wieder entlassen, „dass Sie Informationen mitnehmen, die Sie nicht mal auf Wikipedia finden!“. Eindrücklicher als mit der Vernissage der Ausstellung „Aserbaidschanische Teppiche: Lernen durch Kunst“ hätte das Brukenthalmuseum die Winterpause zum Weihnachtsfest und Start in das Neue Jahr wohl kaum einläuten können.

Bis zum letzten Januartag hängen die ausgewählten Exponate des 55 Jahre alten Aserbaidschanisch-Nationalen Teppichmuseums im Erdgeschoss von Hausnummer 6 in der Quergasse/Tribunei des Zentrums von Hermannstadt/Sibiu aus. Von Mittwoch bis Sonntag öffnet die Kasse um jeweils 10 Uhr. Richtzeit für den letzten Einlass in die Abteilung für Zeitgenössische Kunst ist 17.30 Uhr, während Montag und Dienstag Ruhezeit gilt. Keine von sechs verschiedenen Schulen der Teppich-Herstellung von Hand in Aserbaidschan bleibt dabei außen vor. Shirin Melikova, Direktorin der 1967 gegründeten Gasteinrichtung aus Baku, dem ältesten Teppichmuseum der Welt, erklärte freundlich, näheres Kennenlernen von Aserbaidschan und seiner Geschichte führe unbedingt auch durch das Studium seiner Teppiche, die sich bis Monatsende dank des Brukenthalmseums in kunsthandwerklich „einfacher bis sehr ausgefeilter Qualität“ sehen lassen können. Auch ungeübten Augen fällt es da bestimmt leicht, zwischen den Macharten gewobener und geknüpfter Teppiche zu unterscheiden. Und Bewunderung erheischend selbstverständlich der Gedanke, dass ein echt aserbaidschanischer Teppich ein halbes Jahr lange Arbeit erfordert. Nur so entfalten auf ihm abgebildete Tiere wie etwa der Drache als Symbol der Fruchtbarkeit oder das Kamel als Träger von Reichtum ihre Überzeugungskraft – auch in Transsylvanien, dessen siebenbürgisch-sächsische Kirchenburgen und Stadtkirchen als Hort hunderter anatolischer Teppiche bekannt sind. Museumsdirektorin Shirin Melikova aus Baku war zwei Tage vor Heiligabend „froh, in Siebenbürgen zu sein.“ Botschafter Vasile Soare schließlich sah seine Strategie bestätigt, „die Ausstellung ein wenig in das profunde Rumänien, nach Hermannstadt“ statt nach Bukarest zu bringen.

Die Botschaft der Republik Aserbaidschan in Bukarest hatte ihren stellvertretenden Sekretär zur Eröffnung der Ausstellung delegiert. „Ich kenne Herrn Vasile Soare seit meiner Studienzeit in Bukarest.“, bemerkte Tabriz Garayev in akzentfrei fließendem Rumänisch und im Namen jenes Nahoststaates, der bald Gas vom Kaspischen an das Schwarze Meer zu liefern versprochen hat. Aber „wir sollten die Kultur nicht vergessen.“

Wie zu erwarten lag es an Alexandru Chituță, dem interimistischen Direktor des Brukenthalmuseums, vom Premieren-Charakter der Ausstellung zu erzählen – Exponate wie die Kleinteppiche auf dem Tisch rings um die Mittelsäule, von Texten im Braille-Alphabet für Blinde ergänzt, habe so noch kein Museum Rumäniens präsentiert. Unbedingt einen Besuch lohnt auch der Zweitraum der Museums-Abteilung, wo Kinder und Erwachsene ihre Fertigkeit im Knüpfen und Weben aserbaidschanischer Teppichen ausprobieren dürfen. Zur Feier der künstlerisch wie diplomatisch besonders hoch besetzten Vernissage hatte Alexandru Chituță zudem Gitarren-Lehrer Raul Guțu vom Kunstgymnasium Hermannstadt auf ein kurzes Rezital im Team mit seinen drei Schülern Flavius Kovacs, Paul Bălușel und Lucas Marcoci eingeladen, deren Kostproben im iberisch-lusitanischen Charakter wie gerufen zu den Teppichen der Ausstellung passten. Zum Schluss endlich traten Panflöten-Profi Florin Ștefan aus der Maramuresch und sein Gitarren-Begleiter Alexandru Panța auf, die wenige Wochen zuvor in Baku zum Nationalfeiertag Rumäniens in Baku mit Kompositionen von Dimitrie Cantemir aufgetreten waren. Der in Kenner-Kreisen bekannte Name von Stefan Ionescu, der dem Brukenthalmuseum und weiteren Museen Rumäniens helfen wird, die anatolischen Teppiche ihrer eigenen Bestände zu identifizieren, war da bereits gefallen. Stunden wie diese sind es höchstwahrscheinlich, für die belesene Experten wie Kurator Alexandru Sonoc ihren Arbeitsplatz um nichts in der Welt mit anderer Beschäftigung zu tauschen bereit sind.