Bürgermeister Fritz als Detektiv: Geheimnisse hinter jeder Tür

Neuer Stadtvater deckt Misswirtschaft der Vorgänger-Verwaltung auf

Temeswar (ADZ) - Bürgermeister Dominic Fritz hat am Mittwoch erklärt, dass seine bisherige Arbeit jener eines Detektivs ähnele und dass er hinter jeder Tür des Rathauses auf Fragen und Geheimnisse stoße, die er lüften müsse. Die Schnüffelarbeit werde sicherlich nicht in wenigen Monaten abgeschlossen sein, sondern sich über seine gesamte Amtszeit verteilen, denn in der Stadtverwaltung müsse gründlich ausgemistet werden. Viele Fragen seien zu klären, viele Verfahren und Arbeitsabläufe durchsichtiger zu gestalten, sagte Fritz. Dies sei man den Bürgern jedenfalls schuldig.

Er habe bereits einige Tatsachen festgestellt, die gar nicht erfreulich seien. Jede Abteilung schmore im eigenen Saft und praktiziere den Alleingang, stelle eigene Projekte auf die Beine, ohne sich mit den anderen Abteilungen und den nachgeordneten Behörden zu beraten. Es fehle die strategische Perspektive, man halte sich kaum an das Prinzip der Wirtschaftlichkeit, sagte Fritz.

Zum Beispiel konnte ihm bisher niemand sagen, wie viele Verträge mit Druckereien für die Herstellung der benutzten Formulare und Dokumente geschlossen wurden, angeblich gäbe es mehrere solcher Verträge. Zwar könne er gegenwärtig noch keine endgültige Schlussfolgerung über die Misswirtschaft in der Stadtverwaltung ziehen, einige verblüffende Erkenntnisse habe er jedoch inzwischen gewonnen. Unter seinem Vorgänger habe man eine Menge von der EU finanzierbare Projekte erstellt, doch gegenwärtig liege die tatsächliche Abschöpfungsrate bei 0,22 Prozent. Es gäbe Projekte mit einer Laufzeit von 20 Monaten, wo nach 18 Monaten überhaupt nichts umgesetzt wurde und somit auch kein Groschen von der EU abgerechnet werde. Große Probleme habe er im Zusammenhang mit der Wärmedämmung der Wohnhäuser festgestellt, dieses Projekt sei vollkommen ins Stocken geraten. Auch sei unklar, von wo das Geld für die Solventul-Unterführung kommen solle, zumal die Vorgängerverwaltung das Projekt so gehandhabt habe, dass es vorläufig nicht EU-finanzierbar sei. Es werde nun überprüft, ob es aus dem Wiederaufbaufonds der Europäischen Union bezahlt werden könne. Schlimm sei auch die Tatsache, dass es keine einheitliche und klare Übersicht über die laufenden und die geplanten Investitionsvorhaben gäbe, setzte Fritz fort.

Eines der wichtigsten Vorhaben, deren er sich annehmen müsse, sei die Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände der Stadt Temeswar. Niemand wisse genau, was die Stadt ihr Eigentum nennen darf und wie dieses Eigentum wirtschaftlich zu nutzen sei. Es gäbe Miet- und Pachtverträge, doch in vielen Fällen sei unklar, wer überhaupt das eine oder andere Grundstück oder dieses oder jenes Gebäude besitzt: der Staat oder die Stadt? Einige Juristen hätten ihm gesagt, dass der Stadt nur Nutzungs- und keine Eigentumsrechte anerkannt werden können. Wie dem auch sei, werde die Inventur erfolgen, sagte Fritz, klare Verhältnisse seien notwendig. Jeder, der eine Immobilie der Stadt benutze, müsse dafür bezahlen, so der neue Bürgermeister.

Fritz ging auch auf die Kritik seines Vorgängers ein (die ADZ berichtete). Der ehemalige Bürgermeister müsse sich mit dem Gedanken abfinden, dass er die Wahlen verloren habe, weil sich die Bürger einen anderen, offeneren und professionelleren Führungsstil gewünscht hätten. Es werde sicherlich auch andere Situationen geben, in denen Nicolae Robu anderer Meinung sein werde und wahrscheinlich werde er weiterhin unzufrieden sein, aber dies interessiere Fritz ferner nicht. Er habe bereits bemerkt, dass die Beamten sich vor jeder Entscheidung fürchten und gewohnt sind, dass jede Maßnahme „von oben“ beschlossen wird und ohne Widerspruch umgesetzt werden muss. Acht Jahre lang habe Robu diesen Stil praktiziert, nun werde sich vieles ändern.

Auch teilte Fritz mit, dass ein weiteres Projekt der Robu-Administration vorläufig ausgesetzt werden müsse, denn der Stadt fehlen die sechs Millionen Lei, die für den Kauf ehemaliger STPT-Gebäude auf der Intrarea-Doinei-Straße veranschlagt waren. Robu wollte diese Gebäude von den Städtischen Verkehrsbetrieben erwerben und sie dem Munizipalkrankenhaus zur Verfügung stellen, damit die Klinik für Strahlentherapie dorthin umziehen kann. Einen diesbezüglichen Stadtratsbeschluss boxte Robu noch im September durch. Die Klinik ist weiterhin in einem Trakt des denkmalgeschützten Spitals der Barmherzigen Brüder untergebracht, der leer stehende Teil des Gebäudes wird bis 2022 zu einem Museum der Festung Temeswar und einem Kulturzentrum umgebaut, doch auch die Radiotherapie-Abteilung des Stadtspitals muss das Gebäude voraussichtlich bis 2022 verlassen. Es werde nach Lösungen gesucht, sagte Fritz, doch vorläufig seien nicht einmal jene zwei Millionen Lei für die Anzahlung im Haushalt zu finden.