Temeswar (ADZ) – Im Rahmen der zentralen Gedenkveranstaltung für den Temeswarer Volksaufstand vom Dezember 1989 hat Bürgermeister Dominic Fritz das Schicksal eines damaligen Todesopfers in seiner Gedenkrede hervorgehoben und die Erinnerung an die Temeswarer Freiheitskämpfer geehrt. Die Temeswarer Revolution erzähle von Menschen, die vor 31 Jahren von zu Hause weggegangen seien, um für die Freiheit ihrer Mitbürger zu sterben. Mutige Temeswarer aller Nationalitäten seien dem ungarischen Pastor László Tökes zur Hilfe gekommen und hätten dabei ihr Leben aufs Spiel gesetzt, doch es sei ihnen gelungen, den Diktator in Bukarest zu stürzen, sagte der Bürgermeister.
Vor einem Jahr habe er die Geschichte von Edita Reiter gehört. Diese sei am 18. Dezember 1989 erschossen worden, ihre Leiche vor dem Kreiskrankenhaus aus einem Auto von unbekannten Männern geworfen und dort von einer noch lebenden Temeswarerin entdeckt worden, die ihm darüber erzählt und ihm gesagt habe, dass sie sich jeden Tag daran erinnere, dass ihr es gegönnt war, weiterzuleben, während die junge Frau in roten Jeans für unsere Freiheit gefallen sei. Deshalb, sagte Fritz, dürfe man keines der Temeswarer Ideale von damals aufgeben: Freiheit, Wahrheit, Würde und Solidarität sowie das Streben nach einem besseren Leben.
Das Gedenken an die Revolution von 1989 dürfe nicht zu einer leeren Hülse, zu einem sinnentleerten Ritual werden. Grundsätzlich seien Rituale gut, weil sie die Gemeinschaft gerade in unvorhersehbaren Zeiten wie jetzt zusammenhielten, doch die Feierlichkeiten im Zusammenhang mit der Wende müssten lebendig bleiben. Man müsse sich weiterhin mit dem Geiste der Revolution auseinandersetzen und diesen pflegen. Deshalb habe Fritz den Revolutionärsvereinigungen vorgeschlagen, gemeinsam an ein Konzept für das Revolutionsmuseum zu arbeiten. Dieses Konzept müsse dem Temeswarer Geist entsprechen und solle deshalb nicht von Bukarester Behörden beschlossen werden. Man habe in Temeswar im Rahmen der existierenden Gedenkstätte hervorragende Arbeit geleistet und dieser müsse bei der Gestaltung eines Museums Rechnung getragen werden, sodass Besucher die Ereignisse von damals hautnah spüren sollen, sagte Fritz. Zwar müsse man weiter nach Antworten auf die Fragen der Vergangenheit suchen, doch sollte diese Suche immer auch auf die Herausforderungen der Zukunft ausgerichtet sein, mahnte der Temeswarer Bürgermeister.
Am Mittwochabend kam es dann auf dem Opernplatz zu Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der Revolutionsvereinigungen einerseits und einigen Vertretern der Partei AUR andererseits, darunter auch deren Vorsitzender George Simion. Vertreter der Revolutionäre und die „Timișoara“-Gesellschaft hatten von der neuen Parlamentspartei den Ausschluss von zwei Mitgliedern gefordert, die inzwischen auch in das Parlament gewählt wurden und die 1989 an der Niederwerfung der Revolution beteiligt gewesen sein sollen. Simion und seine Anhänger wollten Kerzen auf den Treppen der erzbischöflichen Kathedrale anzünden und sich bei der Temeswarer Wählerschaft für das Wahlergebnis bedanken, doch sie wurden daran gehindert. Sicherheitskräfte mussten einschreiten, nachdem die Lage eskalierte und einige Anwesende fast handgreiflich wurden. Auf ein Podest gestiegen, wollte Simion zu seinen Anhängern sprechen, doch nachdem er keinen Mund-Nasenschutz aufgesetzt hatte, wurde er von Revolutionären weggepfiffen. Seine Anwesenheit in Temeswar sei unerwünscht, die nationalistische und extremistische Ideologie seiner Partei habe mit dem Geiste Temeswars nichts gemein, teilte die „Timi{oara“-Gesellschaft mit, zumindest bis sich Simion nicht von jenen Parteimitgliedern lossage, die im Dezember 1989 gegen die Revolutionäre vorgegangen seien.