Hermannstadt - Alte Neppendorfer werden sich am Ostermontag an vergangene Zeiten erinnert haben: Im Hof der evangelischen Kirche rollten Kinder Eier auf einer Holzrinne ins Gras, vor der ehemaligen evangelischen Schule spielten die H-Musikanten zünftige Blasmusik während zwei Schüler sich im sportlichen Wettstreit maßen, einer beim Lauf durch Neppendorf/Turnişor, der andere beim „Eiersammeln“ vor dem Schulgebäude.
Mit dem Eierlauf und dem Eierschippeln erlebten die Schüler der 10-Schule zwei alte landlerisch-sächsische Osterbräuche wieder. Die Idee zu dieser Veranstaltung sei im Rahmen eines gemeinsamen Projektes zwischen der Schule und der Lucian-Blaga-Universität (ULBS) entstanden, erzählt die gebürtige Neppendorferin Konnerth, dabei sei es auch um die Frage gegangen, wie die Schule sich in der Öffentlichkeit darstellen könne.
ULBS-Dozentin Konnerth konnte die Schulleitung überzeugen, Osterbräuche der evangelischen Bevölkerung Neppendorfs aufzugreifen. Das Eierschippeln spielten ein Dutzend Kinder der vierten Klasse im Kirchhof. Viele der rund 30 Besucher des von Diakonin Petra Stöckmann-Kothen und Pfarrer Dietrich Galter gefeierten Ostergottesdienstes blieben und schauten den Kindern bei dem für sie neuen Spiel zu. Eine Holzrinne führte von einem Hocker ins Gras, auf dieser mussten die gefärbten Eier hinunter gerollt werden. Wessen Ei von einem anderen getroffen wurde, musste aus dem Spiel ausscheiden.
Nach dem kleinen Spiel ging es vor die Schule, wo zwei Schüler der achten Klasse zum „Rekrutenlauf“ gegeneinander antraten. Beide mussten so schnell wie möglich eine 2200 Meter lange Strecke rennend zurücklegen, der eine entlang der Bielz-Straße, der zweite vor der Schule, währenddessen er dabei 33 rohe Eier einzeln aufsammelte und zum Startpunkt bringen musste – drei durfte er übrigens wegwerfen. Am Montag gewann der Straßenläufer, aber knapp – nur noch zwei Eier musste sein Konkurrent aufsammeln.
Den Ursprung dieser Tradition könne man nicht mehr genau zurückverfolgen, meinte Konnerth. Ursprünglich handelte es bei diesem Lauf um einen Wettkampf junger Männer vor ihrer Einberufung zur Armee. Früher, sagte die Neppendorferin Elisabeth Rosenauer, seien die Rekruten vom einstigen Gemeindeamt gegenüber der 10-er Schule bis zum Wirtshaus hinter der Bahnlinie durch die Neppendorfer Ziganie gelaufen, wo sie einen Stempel erhielten. Damals wie heute wurden sie von einem jungen Mann auf dem Fahrrad begleitet, der darauf achtete, dass die vorgeschriebene Strecke tatsächlich gelaufen wird.
Noch bis vor wenigen Jahren wurde diese Tradition von rumänischen Jugendlichen fortgeführt, erzählt Konnerth. Ob im kommenden Jahr die diesmal mit Unterstützung des Hermannstädter Forums durchgeführte Brauchtumsveranstaltung wieder stattfinde, konnte sie nicht sagen. „Es muss von der Gemeinschaft ausgehen.“