Anina - Vergangene Woche wurde in Anina ein Projekt, finanziert aus EU-Mitteln, gestartet, das den armen Roma aus Anina, aber auch anderen Benachteiligten, letztendlich mittelfristig ein Brot in die Hand drücken soll. Und durch welches auch ein hauptsächlich von Roma bewohnter Plattenbau generalüberholt wird. Neben finanzieller und materieller Unterstützung für die 556 ausgesuchten Personen werden Immobilien saniert, in die Bildung und Ausbildung investiert. Die Wohltätigkeitsorganisation Pro Vitam, Hauptträger der Umsetzungsmaßnahmen, wird zehn Krankenschwestern anstellen können, welche sich hauptsächlich Säuglingen und Kleinkindern, aber auch Senioren innerhalb der marginalisierten Gemeinschaft widmen werden. Auch Alphabetisierungskurse für Erwachsene stehen im Programm.
Die Roma, vor allem jene, die den zu renovierenden Plattenbau bewohnen, sehen das Projekt ausschließlich von seiner unmittelbar praktischen Seite: „Die Zigeuner brauchen erst mal ein Dach überm Kopf und Trinkwasser. Das soll zuallererst mal gesichert werden, danach können sie uns mit der Alphabetisierung kommen. Der Winter steht vor der Tür und wir brauchen Trinkwasser und ein festes Dach überm Kopf.“
So eine junge Zigeunerin, die ihren Namen nicht nennen wollte. Dabei hat sie zwar grundsätzlich recht, was den Dringlichkeitsbedarf der Bewohner betrifft, aber nur das fehlende Dach geht, eventuell, auf die Kappe der Stadt. Die Trinkwasserzufuhr wurde in jenem Wohnblock gekappt, weil keiner seine Rechnung bezahlt hatte, trotz beharrlicher Mahnungen...
Eine ältere Zigeunerin hingegen sieht im neuen EU-Projekt nur „Lügen und Blödsinn“. „Das haben wir alles schon mal gehört“, sagte sie aufgeregt den Medien, „aber getan hat niemand etwas. Haben nur das Geld verplempert! Da muss eh jeder für sich sehen, wie er sich durchschlägt. Die Zigeuner sind für die Politiker bloß dann gut, wenn’s ums Wählen geht, daraufhin vergessen alle, dass es sie gibt. Ich geh nie mehr wählen.“
Ob sie sich für einen Beruf ausbilden lassen würden, wurden jüngere Zigeuner befragt. G.L., 34, sechs Kinder, arbeitslos, lebt von der Sozialhilfe und vom Kindergeld: „Eher nicht. Ich habe ein Problem mit meinem Fuß, kann nur schwer gehen. Und damit in die Schule?“ M.F., 24, vier Kinder, wäre an einer Berufsausbildung interessiert. Doch die Art, wie er das sagt, klingt, als ob er sich deshalb in seiner Gemeinschaft schäme. Eine junge Zigeunerin, mit Kind auf dem Arm, setzt das Pünktchen aufs i: „Nicht Berufe sind für uns erste Priorität, Arbeitsplätze brauchen wir. Wir Zigeuner machen alles: Straßen kehren, Fußboden waschen, Mülltransport, alles, was andere nicht bereit sind, zu übernehmen. Arbeitsplätze sind für uns der Schlüssel!“
Die EU-Maßnahme „Integrierte Maßnahmen für die Gemeinschaft der Marginalisierten, mit Bevölkerungsanteil aus der Minderheit der Roma aus Anina, Verwaltungskreis Karasch-Severin“ wird aus dem „Human-Capital-Programm 2014-2020“ finanziert, das über die Industrie- und Handelskammer IHK Karasch-Severin abgewickelt wird, das Rathaus Anina und das örtliche „Matthias-Hammer“-Lyzeum. Hauptziel des Projekts ist die „spürbare Verringerung der Zahl der Personen, die dem Risiko der Armut und des sozialen Ausschlusses ausgesetzt sind“. Auch die Erfüllung von Sonderbedürfnissen der Zielgruppe, die im Rahmen einer vorausgehenden Analyse, vor Projektstart, identifiziert wurden, gehört zum Projektziel.
Langfristig rechnet man damit, dass das Projekt „positive Effekte bezüglich der Sicherung eines optimalen Entwicklungsrahmens der marginalisierten Bevölkerungsschicht haben“ wird, indem die ärztliche Versorgung, die Wohnbedingungen, die Aktenlage (viele der Roma haben keinerlei Personaldokumente, manche haben nie welche gehabt; im Rahmen des Projekts sollen sie zu vollwertigen Bürgern, mit Personaldokumenten, gemacht werden), vor allem aber der Beschäftigungsgrad gesteigert werden können. Dazu müssen natürlich Berufe erlernt (also auch eine minimale Schulbildung– durch Abendschulen und Erwachsenenbildung gesichert) und Arbeitsplätze geschaffen werden. Letzteres einschließlich durch Unterstützung von unternehmerischen Initiativen, die aus dieser Bevölkerungsschicht kommen.
Das Projekt wird vom Rathaus Anina, mit einer überwältigenden Kofinanzierung seitens der EU (12.237.243,20 Lei) getragen. Die Umsetzungszeit beträgt 36 Monate. Starttag war der 1. Oktober.