Lugosch - „Seit vier Jahren möchte der Temescher Kreisrat hartnäckig und ungerechtfertigt historische Brücken abreißen, von denen sich die wertvollste in G˛vojdia befindet. Hinter diesem schwerwiegenden Angriff auf das architektonische Erbe des Kreises Temesch, der auf den ersten Blick mit dem Wunsch nach einer Modernisierung der Straßeninfrastruktur begründet wird, verbergen sich wahrscheinlich obskure politische und wirtschaftliche Interessen. Trotz der Alarmsignale, die mehrere NGOs (der ´Prin Banat´-Verein, die ´Pro Patrimoniu`-Stiftung) und Persönlichkeiten, die sich für die Erhaltung des kulturellen Erbes einsetzen, gegeben haben, weigert sich der Temescher Kreisrat, den Standort der neuen Brücken zu ändern, um die alten Brücken zu wahren“, sagt Cristian-Oliviu Gaido{, Kunsthistoriker und Museologe am Lugoscher Museum für Geschichte, Ethnographie und Kunst. Der junge Historiker hat die Abrisspläne der historischen Brücke unter die Lupe genommen und einige Unrechtmäßigkeiten bei der Dokumentation festgestellt. Auch findet er, dass die politischen Entscheidungsträger viel zu schnell und unbedacht agieren, schließlich sei das historische Erbe des Banats zu wahren und nicht zu zerstören.
Doch zurück zum geplanten Brückenabriss. In der von dem Unternehmen S.C. INFRAC PROJECT S.R.L. aus Jassy/Jași (Projekt Nr. 01-2020) durchgeführten Machbarkeitsstudie zum geplanten Brückenabriss wurde ohne jegliche historische oder technische Argumente die Auffassung vertreten, dass „die Brücke vor etwa 85 Jahren gebaut wurde“. „Das ist eine falsche Information, die so durch die Medien geisterte“, betont Oliviu Gaidoș. Das technische Projekt, das von S.C. Path’s Rout S.R.L. (Vertrag Nr. 20031/2020) ausgearbeitet und dem Temescher Kreisrat (im April 2022) vorgelegt wurde, gibt ein glaubwürdigeres Datum an, obwohl es auf der gleichen Machbarkeitsstudie beruht: „Die Brücke ist etwa 130 Jahre alt, und laut dem technischen Gutachten (?), erstellt von S.C. INFRAC PROJECT S.R.L. IASI und dem zertifizierten technischen Experten Dr. Ing. Teodor Bro{teanu ergibt sich die Notwendigkeit, die bestehende Brücke abzureißen und eine neue Brücke zu bauen“. Museologe Oliviu Gaidoș findet besorgniserregend, dass die Firma aus Jassy, die das technische Gutachten erstellt hat, die Besonderheiten der historischen Brücken im Königreich Ungarn, wie sie in der reichhaltigen ungarischsprachigen Fachliteratur hervorgehoben werden, nicht berücksichtigt hat.
Historiker Cristian-Oliviu Gaidoș hat treffende Erklärungen für den historischen Wert der Brücke bei Găvojdia gefunden. Die gewölbte Brücke über den Spaia-Bach in Găvojdia ähnelt durch das verwendete Baumaterial (gemischter Stein und Ziegel) und die Form (24,50 m Länge, 6 m Nutzbreite zwischen den Brüstungen, zwei Spannweiten und ein zentraler Pfeiler mit keilförmigen Vorpfeilern zum Durchbrechen des Eises) Konstruktionen aus derselben historischen Gegend. Beispiele wären die Feny-Brücke in Feny/Foeni, Kreis Temesch, die Kapus-Brücke in Gyula, im Komitat Békés – 1816 oder die Kölesdi-Brücke, Komitat Tolna – 1830. Die Brücke bei Găvojdia stammt gewiss aus der Zeitspanne 1845 – 1848, behauptet der Historiker.
„Gewölbte Steinbrücken, die in den Dokumenten als ´gewölbte Brücke´ oder ´boltozott köhid´ bezeichnet werden, unabhängig vom verwendeten Material (Stein, Ziegel), waren selten und finden sich nur an Hauptverkehrsstraßen mit hohem Verkehrsaufkommen (Güterverkehr und Postwege). Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren die meisten Brücken aus Holz (fahíd), die leicht wiederaufgebaut und repariert werden konnten“, erklärt der Kunsthistoriker. „Die Bedeutung der Brücke von Găvojdia, die auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeht, liegt in der geografischen Lage des Dorfes an der Hauptpoststraße zwischen Lugosch, der Hauptstadt des Komitats Karasch, und Orschowa, der Grenzstadt des ungarischen Königreichs. Der erste Abschnitt der Landstraße zwischen Lugosch und Jupa wurde bis zur Auflösung der Banater Militärgrenze (1872) vom ungarischen Fiskus verwaltet. Die Brücke bei Găvojdia war eine der acht Brücken (sieben mit Ziegelgewölbe, eine aus Holz) und 24 Kanalübergänge, die 1865 auf dieser Strecke erwähnt wurden. Sie wurden durch Mautgebühren unterhalten, die von der ungarischen Staatskasse erhoben wurden“, erklärt der Historiker.
Die Form der verwendeten Ziegelsteine sei ein weiteres Argument für die korrekte Datierung der Brücke in die Mitte des 19. Jahrhunderts. „Die aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammenden Ziegel haben eine Länge von 29-36 cm und eine Breite von 5,5-6 cm und sind handgefertigt. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, als die Zahl der Ziegelfabriken im Banat zunahm, fand eine industrielle Standardisierung statt, und die Ziegel erreichten eine Größe von 25 x 6,5 cm. Seit 1880 hatte das ungarische Bauministerium Musterentwürfe für gemauerte und hölzerne Brücken und Stege vorangetrieben, und um 1910 war die Verwendung von Stahlbeton beim Brückenbau bereits gängige Praxis“, so Oliviu Gaidoș.
Obwohl die Brücke in der Vergangenheit mehrmals saniert wurde (1863, 1876, 1894), blieb sie bis 1973 Teil der Nationalstraße 6 (heute E 70). In diesem Jahr wurde die Umgehungsstraße von Găvojdia gebaut, wobei die Brücke in die Kreisstraße DJ 584A einbezogen wurde.
Trotz der Bemühungen mehrerer Organisationen, dieses einzigartige Architekturdenkmal unweit von Lugosch zu retten, das zum vorindustriellen Kulturerbe gehört, scheinen die Entscheidungsträger vom Temescher Kreisrat nicht auf ihren Beschluss verzichten zu wollen. Der Antrag auf die dringliche Einstufung der Brücke als historische Brücke, eingereicht vom „Prin Banat“-Verein beim Temescher Kreiskulturamt, wurde vom Temescher Kreisrat angefochten (Anm.: die Klassifizierung war am Laufen). Mitte Oktober wurde die Ausschreibung für den Abriss der alten Brücke und den Bau der neuen Brücke vom Unternehmen COMPACT PRODUCT aus Lugosch für rund 2 Millionen Lei gewonnen. Unterdessen geht der Kampf für den Erhalt der alten Brücke bei Găvojdia weiter. Eine einfache Lösung könnte beide Seiten zufriedenstellen und das Architekturerbe des Banats nicht verschwinden lassen: Der Bau einer neuen Brücke in der Nähe der historischen Brücke, ohne dass Letztere zerstört wird.