Temeswar - Es sei die nie aufgegebene Denkfreiheit gewesen, die wesentlich dazu beigetragen habe, dass die Stadt Temeswar im Dezember 1989 Rumänien die Würde zurückgeschenkt hat, in einem Augenblick, als eben diese Würde für immer verloren schien, sagte der sichtlich gerührte Bukarester Rechtsprofessor Dr. Valeriu Stoica am Donnerstagnachmittag vor dem randvollen Festsaal der West-Universität Temeswar. Soeben hatte ihm die Universität, auf Antrag der Rechtsfakultät, die Ehrendoktorwürde verliehen. Der Dekan der Temeswarer Juristen, Professor Dr. Lucian Bercea, hatte Valeriu Stoica als eine der prägendsten Persönlichkeiten des rumänischen Rechts gewürdigt. Die Temeswarer hätten nach 1989 verstanden, wie mit der Freiheit umzugehen ist, wie die Freiheit dazu benutzt werden kann, um Wohlstand zu schaffen. Sie seien somit mit gutem Beispiel vorangegangen, dem Lande würden sie als ein entsprechendes Modell dienen, setzte Stoica seine Dankesrede fort. Er ging sodann auf den Sinn und die Rolle der Freiheit in einem Verfassungsstaat ein und hob die Bedeutung zentraler Rechtsgüter wie das Eigentum und die Vertragssicherheit für die Stabilität der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hervor. Der ehemalige Politiker, der Anfang der 2000er Jahre den Vorsitz der National-Liberalen Partei innehatte, gestand, dass er nun, kurz vor seinem 64. Geburtstag, sein liberales Credo zwar nicht aufgegeben hat, dass er aber zunehmend wertkonservativ geworden ist und nun viel besser die außerordentliche Bedeutung der nationalen und der europäischen Identität verstehe. Es gelte in der sich nun vollkommen geänderten Welt eben diese Doppelidentität zu verteidigen, sich eindeutig zu den sie definierenden Werten der Toleranz, des Dialogs, der Vertragsfreiheit und des Privateigentums sowie, im Allgemeinen, zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen.
Valeriu Stoica ist einer der angesehensten rumänischen Rechtsgelehrten, seine Standardwerke zum Sachenrecht, aber auch zu anderen Rechtsgebieten, gehören zum Kanon der Fachliteratur. Anfangs Richter am Amtsgericht des 5. Bukarester Stadtbezirks sowie am Bukarester Landgericht, wechselte Stoica bereits 1987 in die Forschung und Lehre, seit 30 Jahren unterrichtet er an der Rechtsfakultät der Universität Bukarest. In den 1990er Jahren trug er wesentlich zur Umgestaltung des rumänischen Rechts bei, sein Einsatz für die Einführung und Einhaltung international geltender Menschenrechtsstandards in Rumänien ist allgemein anerkannt. Anfang der 1990er gründete er, nach französischem Modell, das Nationale Institut der Magistratur, die Bildungsstätte rumänischer Richter und Staatsanwälte, der er in den Gründungsjahren auch als Dekan vorstand. Seit 1995 leitet Stoica gemeinsam mit seiner Frau eine der erfolgreichsten Anwaltskanzleien Rumäniens, „Stoica & Asociaţii”; in der Bukarester Fachwelt gilt diese als eine regelrechte Schule der modernen Anwaltschaft in Rumänien. Zwischen 1996 und 2000 gehörte er als Justizminister den drei Mitte-Rechts-Regierungen Victor Ciorbea, Radu Vasile und Mugur Isărescu an, zahlreiche Gesetze, die damals beschlossen wurden, stammen aus seiner Feder. 2006 trennte sich Stoica von der National-Liberalen Partei, er gehörte zu den Gründern der Demokratisch-Liberalen Partei, die dann in der PDL aufging. Später vereinigte sich bekannterweise die PDL mit der alten PNL. Stoica dagegen konzentrierte sich auf Forschung und Lehre sowie auf den Aufbau eines der exklusivsten Weingüter Rumäniens, die Crama Avincis in Drăgăşani (Kreis Vâlcea).