Eine Brücke mit Herz

Stadtmuseum Bukarest: Ausstellung über die deutsche Minderheit in Rumänien

Botschafter Werner Hans Lauk und DFDR-Vorsitzender Dr. Paul-Jürgen Porr bei der Eröffnung der Wanderausstellung im Șuțu-Palast
Foto: George Dumitriu

Sie ist eine Hommage an die deutsche Minderheit und eine Respektsbekundung an die rumänische Mehrheit, die das Zusammenleben über Jahrhunderte hinweg ermöglicht hat – eine Integration ohne Assimilation, wie der deutsche Botschafter Werner Hans Lauk bei der Eröffnung der Ausstellung „Die deutsche Minderheit in Rumänien – Geschichte und Gegenwart im vereinten Europa“ am Dienstag, den 4. Oktober, im Bukarester Stadtmuseum betont. Unter kristallenen Lüstern umrahmen beleuchtete Paneele die prächtige, geschwungene Treppe in der Eingangshalle, ein würdiger Ort für die Wanderausstellung, die die Siedlungsgeschichte der Siebenbürger Sachsen, der Banater und Sath-marer Schwaben, der Landler, Zipser und Bukowinadeutschen, der Altreich- und Dobrudschadeutschen am Zeitfaden der Geschichte bis ins Heute aufrollt.

Eine Minderheit – viele Geschichten. Eine Minderheit, der es gelungen ist, ihre Identität bis heute zu bewahren, auch wenn nur noch weniger als 40.000 Deutsche in Rumänien leben, die nicht mehr treibende Kraft, sondern nur noch Katalysatorfunktion haben, wie der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), Dr. Paul-Jürgen Porr, bescheiden bemerkt. Doch die Rolle als Brückenbauer zwischen beiden Ländern Rumänien und Deutschland darf nicht unterschätzt werden: Kaum ein deutscher Politiker auf Staatsbesuch in unserem Land, der diesen Aspekt nicht erwähnt. „Für manche mag es nur ein Slogan sein“, bekennt Porr. „Doch wir bemühen uns mit aller Kraft, ihn mit Leben zu erfüllen.“
 

Eine Ausstellung, für zwei Länder konzipiert

Was wissen die Rumänen über ihre deutsche Minderheit? Und was wissen die Deutschen über ihre aus Rumänien hinzugekommenen Landsleute? Wissenslücken auf beiden Seiten zu füllen, ist das Ziel der zweisprachigen Wanderausstellung, die bisher an neun Orten in beiden Ländern gastierte: Eröffnet 2015 in Hermannstadt vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Beisein von Präsident Klaus Johannis, reiste sie anschließend nach Dinkelsbühl zum Sachsentreffen, nach Temeswar/Timișoara zum Anlass des Treffens der Rumänisch-Deutschen Regierungskommission und über Reschitza, Mediasch, Kronstadt/Brașov, Goslar, Ulm und Bistritz in die rumänische Hauptstadt. „Wo sie neue Besucherrekorde aufstellen möge!“, hofft Botschafter Lauk.

Ein bisschen Zeit sollte man mitbringen, denn es gibt viel zu studieren: Gut strukturierte und mit Bildern, Zitaten und Karten aufgelockerte Paneele verschaffen einen ausführlichen Überblick über die Kernthemen Siedlungsgeschichte, Gemeinwesen, Wirtschaftsförderung, soziale Netzwerke, kulturelles und materielles Erbe. Ein reichhaltig illustrierter Ausstellungskatalog auf Deutsch oder Rumänisch, dessen Titelseite die sprichwörtliche „Brücke mit Herz“ ziert, hilft beim Vertiefen. Ein Material, das in keiner Schule mit Deutschunterricht, ob als Muttersprache oder Fremdsprache, fehlen darf. Selbstverständlich eignet sich die Ausstellung auch für Exkursionen, bietet Stoff für Diskussionen und Klassenarbeiten. Nicht zuletzt deswegen, weil Sprache und Schule als identitätsbildende Merkmale der Minderheit einen wichtigen Schwerpunkt bilden. Auch wenn heute in erster Linie die rumänische Mehrheit vom traditionellen deutschen Schulwesen in Rumänien profitiert, fördert der deutsche Staat dessen Erhalt und gemeinsame Weiterentwicklung, im vergangenen Jahr mit 750.000 Euro, heuer sogar mit einer Million, erinnert Botschafter Lauk.

Bis zum 23. Oktober gastiert die Ausstellung noch im Bukarester Stadtmuseum (Palast Șuțu, Boulevard Ion C. Brătianu 2). Warum man sie nicht verpassen sollte? Eine Antwort verrät das Paneel mit dem Titel „Perspektiven“: „Nationale Minderheiten verdeutlichen die kulturelle Vielfalt Europas...“ wird dort Bundestagsmitglied Christoph Bergner zitiert, „...sie fördern ein europäisches Selbstverständnis.“ Prof. Dr. Paul Philippi, Ehrenvorsitzender des DFDR, sieht die ethnischen Gemeinschaften im modernen Rumänien gar als „Modell, dessen Nutzen sich bis in die Wirtschaft hinein auswirkt.“ Auch Vizepremier Vasile Dâncu kommt zu Wort: Die Auswanderung des Großteils der deutschen Minderheit habe eine Lücke hinterlassen, meint er. „Die zurückgebliebene Leere kann niemals durch europäische Fonds, ausländische Investitionen oder gar... mit F-16 Kampfjets gefüllt werden.“ Dafür vielleicht mit gemeinsamen Zielen, Ideen und Synergieeffekten – und einer Brücke mit Herz.