Erinnerungsroman der Extraklasse endlich auch auf Rumänisch

Hermannstadt – Zehn Jahre übersetzerische Arbeit hat Marius Tabacu (Jahrgang 1952) in den Schlussspurt seiner Begegnung mit der ungarischen „Erdélyi történet“ von Miklós Bánffy (1873-1950) eingespeist, ehe der Verein der Schriftsteller Rumäniens (Uniunea Scriitorilor din România, USR) ihn Mitte September 2020 für das 1600 Seiten schwere Buchwerk mit einem Preis auszeichnete. Der keine vier Wochen nach der Ehrung verstorbene Ex-Intendant der Staatsphilharmonie „Transilvania“ Klausenburg/Cluj-Napoca sprach zeitlebens ein makelloses Ungarisch und stieß beim Übertragen der ersten zwei Bände der „Siebenbürgischen Trilogie“ in die rumänische Sprache auf keine nennenswerten literarischen Hürden.

Der schließende Part von Miklos Bánffys epochalem Roman in drei Teilen dagegen machte ihm trotz der komparativ kleinsten Seiten-Zahl schwerst zu schaffen, hatte doch der aristokratische Buchautor seine 1934 begonnene Monographie im Schicksalsjahr 1940 vor dem höchst stringenten Kontext des Zweiten Wiener Schiedsspruches so schnell wie möglich beenden und veröffentlichen müssen, um nicht vom Start weg in die Schusslinie gehässiger Polemiken zu geraten. Marius Tabacu dafür blieb über jeden noch so süffisanten Zweifel erhaben. Rumänien hinterlässt er schlichtweg eine Übersetzung der „Erdélyi történet“, mit der es auf dem internationalen Büchermarkt längst allerhöchste Eisenbahn geworden war.

Lucian Nastasă-Kovács, Direktor des Kunstmuseums Klausenburg im Bánffy-Palais, ist der Autor einer historischen Studie zum ersten Band sowie eines Glossars am Schluss jedes einzelnen Romanteils und stimmt mit Literaturwissenschaftlerin Marta Petreu überein, die im beispiellosen Jahrhundertwerk des nacherzählenden Grafen keine Anzeichen von Anstiftung zu Nostalgie oder gar tiefem Hass wiederfindet.

1999, also knapp sechzig Jahre nach Fertigstellung durch Romancier Miklos Bánffy selbst, kam erstmals eine englische Übersetzung der „Erdélyi történet“ auf den Weltliteraturmarkt, die binnen weniger Jahre auch auf Deutsch, Italienisch, Spanisch und Niederländisch vorgelegt wurde. Dass die rumänische Fassung von Marius Tabacu vergleichs-weise nur sehr spät gedruckt wurde, geht wahrscheinlich auf die offene Rechnung einiger Binnenstreitigkeiten. Das Copyright für die „Trilogia Transilvană“ liegt nach wie vor bei Miklos Bánffy persönlich, weswegen auch die Zusammenarbeit der herausgebenden Entitäten nicht ohne jede Reibung verlief und dem Tracus Arte Verlag sowie dem im Kreis Harghita ansässigen Verein Ergo eine bedauerlich angespannte Kommunikationsbeziehung mit einer Lektorin vom Rumänischen Kulturinstitut (ICR) vermittelte. 

Den Konflikt der Buchprojekt-Initiatoren mit dem ICR hat András László Kósa, Direktor des Ungarischen Kulturzentrums und des Liszt-Institutes Bukarest, gelöst. Die Vorstellung am Freitag, dem 12. November, in der Astra-Bibliothek Hermannstadt, leitete er mit einem Willkommensgruß „an die Ungarn in Hermannstadt und an die ungarischen Hermannstädter“ ein. Aber auch den Zuhörern der rumänischen und deutschen Sprachgemeinschaften dankte er für ihr Interesse am Buch.