Europa, der Berg und Corona – Mehr Gegenwart und Zukunft, weniger Geschichte und Tradition

Der Historiker Nicolae Pepene gilt, spätestens nach seinem erfolgreichen Vermarktungskonzept der Rosenauer Burg, auch als ein guter Kulturmanager. Nun hat er bei der Vorstellung der Unterlagen, mit denen sich Kronstadt als europäische Kulturhauptstadt 2021 bewirbt, einen Standpunkt vertreten, der zu weiteren Debatten führen könnte, obwohl dafür die Zeit vorbei ist. Denn über die Short-List der rumänischen Kandidatenstädte für die europäische Kulturhauptstadt wird bekanntlich am 7. Dezember entschieden und der Abgabetermin der Kandidatur-Mappen ans Kulturministerium ist am 10. Oktober verstrichen.

Nicolae Pepene, Direktor des Kronstädter Geschichtsmuseums, sieht, irgendwie überraschend für seinen Beruf, in der jahrhundertealten Geschichte der Stadt und in den damit verbundenen Traditionen ihrer Bewohner keine erfolgversprechenden Argumente für eine überzeugende Kandidatur. Er sagt das in einer polemischen, medienwirksamen Aussage: „Die Kronstädter stehen zu ihren Traditionen, aber haben keine enge Bindung zur gegenwärtigen europäischen Kultur. Mit dem Aufmarsch der Junii-Reiter am Anger-Platz/Piaţa Unirii kann man nicht Europa beeindrucken.“
Zur Zeit habe Kronstadt ein eher bescheidenes Kulturleben und keine großen, zukunftsbezogenen Projekte. Die vorliegenden wären eher an die Vergangenheit gebunden und damit, so Pepene, würde man sich selber bei der Bewerbung ein Bein stellen. „Um ehrlich zu sein, für einige der Projekte müsste ich mich schämen“, gibt Pepene zu und begründet damit seinen Entschluss, diese Projekte vorerst nicht in die Unterlagen aufzunehmen. Stattdessen müssen neue Pilotprojekte ab nächstem Jahr „wachsen“, dafür klare Auswahlkriterien festgelegt sowie eine Mitfinanzierung seitens der Lokalbehörden garantiert werden. Eine nachträglich ausgearbeitete Kulturagenda kommt dann als Anhang zur Bewerbung hinzu.

Von Pepene wird vorgeschlagen unter dem Motto „Europa – Corona“ einmal den europäischen und einmal den ortsspezifischen Aspekt zu betonen. Der Oberbegriff ist dabei Europa. Pepene, als guter Kommunikator, wählt dafür einen Begriff, der zu Kronstadt sehr gut passt: den Berg. Die „Bergzivilisation“ ist also die europäische. „Kulturpässe“ bringen Europas Künstler nach Kronstadt. Da finden sie „Kulturwege“ vor – ein Programm auf dem kulturell „gewandert“ wird mit der Stadt am Fuße der Zinne als Brückenkopf. Dabei gibt es auch „kulturelle Gipfel“ - Höhepunkte, die etwa zeitgenössische, vielleicht auch avantgardistische Kulturevents darstellen. Die regionale Kultur, der Eigenbeitrag der Stadt steht „am Fuße des Berges“, was Kritiker vielleicht auch als „untergeordnet“ einschätzen könnten. Pepene sieht in diesem Bereich folgende drei Schwerpunkte, die er gemäß seinem Berg-Bild folgender-maßen definiert: „die Kulturquellen“ - wo Geschichte und Tradition ihren Platz finden; „die Kulturführer“ - Persönlichkeiten der Kulturszene, die vor Ort Projekte im Bereich Kulturvermittlung fördern; das „Kulturlager“ - der Aufbau der erforderlichen Infrastruktur für die Kulturdarbietungen.

All dieses ist ein schönes theoretisches Konzept. Nur muss die versprochene Veranstaltungsagenda mit Inhalt gefüllt werden – um im Bild von Pepene zu bleiben - mit „Spaziergängen“ (wo Unterhaltung dominiert) „Ausflügen“ (anspruchsvollere Darbietungen) oder sogar „Expeditionen“ (kulturelles Neuland), bei denen möglichst viele in- und ausländische „Wanderer/Touristen“ (das heißt Zuschauer) mitmachen.