Hermannstadt – Er war ein mit sich selbst Unzufriedener von hartnäckigstem Schlag, doch wessen schriftlicher Nachlass Leser auch 100 Jahre später noch genauso anzusprechen vermag, als ob alles eben erst gestern neu auf den Büchermarkt gekommen wäre, der wird sicher nie ins Abseits der Weltliteratur verbannt werden. Obschon Franz Kafka gewisse Freude daran hatte, persönlich wie literarisch als Fuchs gesehen werden zu wollen, dem die Trauben zu hoch hingen. Und im Innenhof des Deutschen Kulturzentrums in Hermannstadt/Sibiu, wo man sich seit Montag, dem 7. Oktober, mit unwiderstehlich süßem Duft begnügen muss, sind sie ebenfalls unerreichbar. Die auf wasserdichte Plane gedruckten Zeichnungen von Mittfünfziger Nicolas Mahler aus Wien dagegen, die hier noch bis Freitag, den 13. Dezember, aufgespannt sind, hängen auf keinen Fall zu hoch. Vielleicht gerade weil sie Comics eines Gestalters sind, dem nach der Matura keine Kunsthochschule Bildungskredit geben mochte, ihn aber auch nicht an Qualitäts-Auszeichnungen wie zum Beispiel dem dreimaligen Gewinn des renommierten Erlanger Max-und-Moritz-Preises hindern konnte. Wer Thomas Bernhard, James Joyce, Marcel Proust und Robert Musil zeichnerisch gewachsen ist, kommt auch mit Franz Kafka zurecht. Nicolas Mahlers Suhrkamp-Taschenbuch-Bio-grafie in Comic-Fassung über Abstammung und Leben des studierten Juristen, der außerhalb seiner Bürozeiten am liebsten Prosa schrieb und in seinem Schriftsteller-Alltag dennoch des Öfteren nichts zu Papier brachte, ist seit Ende November 2023 erhältlich und wurde schon zum dritten Mal neu aufgelegt. Einen Werbeblick in diese 127 Seiten verschaffen die 20 Bögen der Expo „Komplett Kafka“.
Das Blaue vom Himmel herunter geschrieben hat derjenige Könner von Erzählungen und Romanen, um dessen innere Zwiespälte und Satire auf bürgerliche Umgangsnormen im frühen 20. Jahrhundert es dabei geht, natürlich nicht. Nicolas Mahler dafür hat mit seinem Blau, der einzigen Farbe in den schwarz konturierten Zeichnungen der Ausstellung auf weißer Grundfläche, goldrichtig getippt. Grün hinter den Ohren schließlich ist der unromantische Franz Kafka nie gewesen, und rote Tücher, vor denen er vornehm zurückschreckte, gab es auch keine. Die Art und Weise aber, wie bei ihm Plattitüden plötzlich literarischen Pfiff atmen, worum Durchschnittliche meist vergeblich bemüht sind, ist ein Kennzeichen seiner Meisterschaft am Schreibtisch, all die sauren Tage und Wochen ganz ohne jedes Vorankommen klar mit eingerechnet: „Dies frühzeitige Aufstehen macht einen ganz blödsinnig.