Gedichte und Lieder vom Vierteln der Äpfel

Apfelfest des Deutschen Konsulats Hermannstadt

Zufriedenheit über das gute Wetter war auf fast allen Gesichtern des Apfelfestes zu erkennen. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Sechzehn deutsche Volkslieder machten Mittwochnachmittag, am 18. September, die Runde während einer Kaffeetafel des Konsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt/Sibiu, das Bewohner des Alten- und Pflegeheims „Dr. Carl Wolff“ und selbstständige Rentner zum traditionellen Apfelfest eingeladen hatte. Konsul Hans Erich Tischler persönlich half mit, gehbehinderten Seniorinnen und Senioren das Stufensteigen zu erleichtern und entschied sich für die vier Strophen des Liedes „Hoch auf dem gelben Wagen“ (1879) von Textautor Rudolf Baumbach (1841-1905), als Heimleiterin Ortrun Rhein das Stichwort „Wunschkonzert“ anschlug und reihum die Lieblingstitel aller Anwesenden erfragte. Entsprechend dem Durchschnittsalter und den Lebensgeschichten der Gäste ging es gediegen bürgerlich und in recht tiefer Singlage zu. „Am Brunnen vor dem Tore“ von Franz Schubert, „Üb immer Treu und Redlichkeit“ aus Mozarts „Zauberflöte“ und das Lied von den „freien Gedanken“ eröffneten das gemeinsame Singen. Geistliche Kanons und Lieder wie beispielsweise „Vom Aufgang der Sonne“ und „Vergiss nicht zu danken dem ewigen Herrn“ gelangten gleichfalls zur Ehre. Einigen Beteiligten brannte es neckisch auf der Zunge, ihre Tischnachbarn unmissverständlich davon zu überzeugen, dass der Wortlaut des Volksliedes „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“ knurrende Mägen flugs in die Wurstfabrik irreführen statt in die weite Welt leiten könne.

Auf den reich gedeckten Tischen lagen erntefrische Äpfel aus dem Garten des Konsulats bereit, die sich deutlich von Supermarkt-Einheitsware unterscheiden. Manch ein Gast oder Gastgeber steuerte Rezeptvorschläge bei und mag sich entschlossen haben, Ideen anderer in der eigenen Küche auszuprobieren. Bei Erinnerung an landläufige, aus der Not heraus erdachte Ernährungsgewohnheiten im kommunistischen Rumänien treibt allein schon der Gedanke an die Apfelsuppe nicht wenigen Personen Schauder über der Rücken. Hochbetagte, die das wässerige Gericht im Kindesalter abgründig gehasst, es aber im Alter dennoch lieben gelernt haben, kann man in größerer Runde an den Fingern einer Hand abzählen. Anders der Bratapfel, dessen Geruch fest im Bewusstsein aller Altersstufen verankert ist und bald wieder als Vorbote der Weihnachtszeit auf Tellern von Kindern und Erwachsenen landen wird.

Einweihung und Inbetriebnahme des Alten- und Pflegeheims „Dr. Carl Wollf“ liegen ein Vierteljahrhundert zurück. Ob Zufall oder nicht, die Jahreszahl 1994 steht auch in dem vom Strube Verlag München herausgegebenen Band „Kein schöner Land. Liederbuch im Großdruck. Gesamtausgabe“, dessen abgegriffene Exemplare zum unverzichtbaren Instrumentarium der Apfelfest-Begegnung zwischen der Belegschaft des Konsulats und Heimbewohnern zählen.