Armeniș - Im Banater Bergland lebt in freier Wildbahn die größte Wisentherde Rumäniens: mit dem Nachwuchs dieses Jahres sind es 57 Tiere. Dieser Tage kamen weitere acht Tiere hinzu, die im angehenden, vom WWF koordinierten Wildpark an den Hängen des höchsten Banater Gebirgszugs, des Țarcu-Gebirges, in der Nähe der Gemeinde Armeniș (wo übrigens der Schwiegersohn des amtierenden Innenministers und PNL-Chefs von Karasch-Severin, Ion Marcel Vela, Vizebürgermeister ist), ausgewildert wurden.
Das vor einigen Jahren von Rewilding Europa und dem WWF gestartete Projekt der Auswilderung von Wisenten (Bison bonasus) in den Karpaten, des größten Landtiers Europas (das letzte freilebende „wilde“ Exemplar soll bereits im 18. Jahrhundert in Siebenbürgen, angeblich vom Baron Samuel von Brukenthal, erlegt worden sein) wird nun mit sechs Weibchen und zwei Männchen vervollständigt, die sämtlich aus Deutschland und aus der Schweiz kommen.
Dort sind sie in sechs Reservaten aufgewachsen (Wisentgehege Springe, Wisentgehege Donaumoos, Wildpark Bruderhaus, Nationalpark Kellerwald-Edersee, Nationalpark Bayerischer Wald, Wisentgehege Hardehausen). Die Gruppe der Weibchen ist über mehrere Monate ans Leben in dieser Herde im Wisentgehege Springe gewöhnt worden, weil das für nötig gehalten wird, um den Tieren das Überleben in freier Wildbahn („die Anpassung an ein neues Umfeld“) zu erleichtern. Das ganze Projekt wird von einem internationalen Team von Dokumentarfilmern begleitet, das vom WWF dazu eingeladen wurde.
Florin Hălăștăuan ist im Wisentreservat im Țarcu-Gebirge der Koordinator der Park-Ranger: „Die Vorbereitungen für diesen Transport waren, wie immer, langwierig und schwierig und haben allen Beteiligten vollste Aufmerksamkeit abgefordert. Das begann mit der Auswahl der umzusiedelnden Exemplare, denn es muss bei solcherlei Projekten für genetische Diversität gesorgt werden. Dann mussten die Markierungs-Halsbänder umgelegt werden und nicht zuletzt musste das Verladen umsichtig vorbereitet werden. Alle Beteiligten sind total fokussiert aufs Wohlbefinden der Wisente, wir möchten alles aufbieten, um den größten Landtieren Europas die Chance zu einem neuen Leben in Freiheit zu gewährleisten.“
Sämtliche Wisente des Reservats Armeniș am Țarcu sind noch in der Periode des Wechsels vom Winter- zum Sommerfell. Sie schauen also gegenwärtig ziemlich zottelig und zerrupft aus, haben erst fleckenweise jenes dunkelglänzende Sommerfell, das sie so majestätisch und bei aller Kräftigkeit geschmeidig aussehen lässt. Die Neuankömmlinge befinden sich seit einer Woche in der Akklimatisationsphase vor Ort. Das geschieht unter den aufmerksamen Blicken der Ranger und der Tierärzte. Die Tiere selber müssen sich an die neuen Gerüche, andere Pflanzen, Berge und Täler, Wälder und Wiesen, an den Geschmack der Gewässer ihrer neuen Heimat gewöhnen, am Rande jener Gegend, die für die ständige und definitive Auswilderung vorgesehen ist. Die Tore zur für sie offenen Wildnis werden sich in einigen Monaten, kurz vor Wintereinbruch, öffnen.
Eines der Ziele des Auswilderungsprogramms, dem sie unterzogen werden, ist es auch, sie daran zu gewöhnen, die Nähe der Menschen, deren Anwesenheit ihnen in den Reservaten von Geburt an vertraut war, künftig zu meiden. Alle Tiere des Reservats, auch die in diesem Jahr geworfenen, haben in ihren Halsbändern Funksignalgeber, mittels derer jedes Tier jederzeit über Satellit identifiziert und ausgemacht werden kann, wo es sich befindet. Außerdem gibt es im Reservat getarnte Kameras, die alles aufzeichnen, was da geschieht.
Schließlich dient das Projekt der Auswilderung der Wisente am }arcu auch dem Studium des Verhaltens der Wisente in freier Wildbahn, aber auch des Einflusses des größten Landtiers Europas auf das Umfeld, in dem es ab nun lebt. Beide Forschungs- und Beobachtungsprojekte werden von WWF Romania koordiniert.