Hermannstadt – Das Brukenthalmuseum in Hermannstadt/Sibiu feiert in diesem Jahr sein 200-jähriges Bestehen. Die Kunstsammlung des Barons Samuel von Brukenthal (1721-1803), Leiter der Siebenbürgischen Hofkanzlei und Berater Maria Theresias, wurde bereits 1774 im Almanach de Vienne als eine der wertvollsten privaten Sammlungen Wiens bezeichnet. Neben dieser besaß der Baron zudem bedeutende Münz-, Antiken- und Mineraliensammlungen. Nach seiner Ernennung zum Gubernator Siebenbürgens 1777 ließ er in Hermannstadt ein Palais errichten, in dem seine letztlich mehr als 1200 Werke zählende Gemäldesammlung in einer eigenen Galerie ihren Platz fand.
Am vergangenen Wochenende fand im Blauen Haus/Casa Albastră das internationale Symposium „Museum im Spannungsfeld zwischen universeller und nationaler Ausrichtung“ mit Teilnehmern aus Deutschland und Rumänien statt. Zur Eröffnung sprach Prof. univ. Dr. Sabin Adrian Luca vom Brukenthalmuseum, Konsul Hans Erich Tischler übermittelte sein Grußwort.
In ihrem Eröffnungsvortrag gab Dr. Irmgard Sedler, Vorstandsvorsitzende des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim und Direktorin der Städtischen Museen Kornwestheim einen Überblick über die Entstehungsgeschichte des Museums und der Sammlungen in Verbindung mit dem Leben Samuel von Brukenthals und den geistigen europäischen Strömungen seiner Zeit. „Vor diesem Hintergrund und in diesem Zusammenhang (…) ist ein Blick auf die Gründerpersönlichkeit Brukenthals und seiner Herkunft von Wichtigkeit, ebenso auf die Ideengeschichte musealer Gründungen im ausgehenden 18. Jahrhundert sowie auf die gesellschaftlich-kulturellen Prozesse in der zu einer Provinz des Habsburger Reichs aufgestiegenen historischen Region Siebenbürgens. Dieses sind alles Aspekte, die sowohl für die Ausprägung der Sammlungen, als auch für das Museumsprofil bestimmt waren,“ so Dr. Sedler.
Die Frage „Mehrheit und Minderheit: Wem gehört das Kulturerbe?“ - im Untertitel „Ein Überblick über die Museen in Rumänien“ - diskutierte Prof. univ. Dr. Sergiu Nistor, Berater des Staatspräsidenten und Professor für Architekturgeschichte und Denkmalpflege in Bukarest. Einen Eckpunkt des Vortrages nahmen die Begriffe „Nation“ und „nationales“ ein, wie auch schon bei Dr. Sedler, die das Nationsverständnis des Wiener Hofes und der Siebenbürger Sachsen herausstellte sowie dessen Bedeutung für die Motivation Brukenthals. Dr. Nistor machte darauf aufmerksam, dass die Museen in Jassy/Iaşi und Bukarest bereits als „Nationale Museen“ im Jahr 1834 gegründet wurden, was „erstaunlich“ sei, so Nistor, „da zu dieser Zeit der Begriff noch nicht sehr weit verbreitet war.“ Weiter konstatiert er, dass das 19. Jahrhundert zwar das Jahrhundert der Nationen war, aber die Zeit der Nationenbildung in Rumänien erst zwei Jahrzehnte später kam, als das erste Mal von einem nationalen Staat gesprochen wurde. „Die Museen haben auf kultureller Ebene der politischen vorgegriffen, ähnlich wie die Theater.“ Im Folgenden gab Nistor einen Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Museen in Rumänien und Siebenbürgen, immer in Verbindung mit dem Begriff der Nation und dessen Bedeutungswandel. Seinen Abschluss fand der Vortrag im Museumsgesetz von 2003, welches die Museen in vier Kategorien einteilt: von nationaler, regionaler, kreislicher und lokaler Bedeutung.
In einem weiteren Vortrag am Freitag sprach Prof. Dr. Erika Schneider vom Karlsruher Institut für Technologie zu „Samuel von Brukenthal als Förderer der Naturwissenschaften in Siebenbürgen“. So ist der Aufschwung der Naturwissenschaften in Hermannstadt gebunden an den allgemeinen Aufschwung in Europa und die Eingliederung Siebenbürgens ins Habsburger Reich. Bessere Transportmöglichkeiten, aber auch die hier vorhandenen Bodenschätze zogen ausländische Intellektuelle an. Brukenthal wiederum förderte die Naturwissenschaften durch die Öffnung seiner Bibliothek und die Anschaffung von Büchern, dem Gründen von Diskussionsrunden und Lesekreisen zu naturwissenschaftlichen Themen sowie der Förderung des naturwissenschaftlichen Unterrichts am Gymnasium. Auch öffnete Brukenthal seine Gärten in Hermannstadt und Freck/Avrig. „Diese sollten nicht nur schön sein, sondern auch das Volk aufklären und neue (landwirtschaftliche) Techniken einführen“, so Schneider.
Das Symposium wurde am Samstag mit weiteren Vorträgen fortgesetzt und endete am Sonntag mit einer Exkursion nach Freck.