Hermannstadt – Es ist die größte Insel der Karibik und weltweit der am zehntbesten alphabetisierte Staat: „99 Prozent der Menschen in Kuba können lesen“, schwärmte Donnerstagabend, am 20. März, Ingenieur Dan Tarcea im fünften und höchsten Neubau-Stockwerk der Astra-Bibliothek Hermannstadt/Sibiu. Und natürlich war zum Bildvortrag auch sein Fanclub gekommen, der ihm spätestens seit der Präsentation glänzender Fotos einer Antarktis-Expedition vom Januar 2024 im August letzten Jahres auf Schritt und Tritt folgt, wo immer nur möglich. Denn die Reisen, von denen Dan Tarcea gerne öffentlich spricht, sind rar und exotisch; sogar die Flügelspannweite eines Koli-bri hat er mit kürzester Belichtungszeit parademäßig auf eine Speicherkarte seiner digitalen Spiegelreflexkamera zu bannen vermocht. Was außerdem ihm an Kuba fotografisch so gut wie null Ruhe lassen wollte? Das banale Naturschauspiel der omnipräsenten Pfützen in Havanna und weiteren Städten – „ich war fasziniert von der Reflexion des Wassers“, sagt Dan Tarcea, dem so manches Bild mit Doppelung von Baudenkmälern oder Oldtimern in Hochglanz-Qualität geglückt ist.
Auch den einfachen wie eindrücklichen Trick der Anwendung des goldenen Schnitts besonders im Querformat demonstrieren die von Dan Tarcea geschossenen Farbaufnahmen überdeutlich. Dem Profi-Gestalter mit über 20 Jahren Berufserfahrung im Ingenieurs-Wesen sind nichtsdestotrotz die klaffenden Wunden der kommunistischen Planwirtschaft im nach wie vor diktatorischen Kuba aufgefallen. Es gäbe florierenden Kleinhandel „wie früher bei uns in Rumänien“ zu vermerken, „als wir in Jugoslawien billig Jeans und T-Shirts kauften und daheim auf dem Schwarzmarkt anboten“. Etliche Kubaner, die sich anstandlos von Dan Tarcea porträtieren ließen, sind zum Dank dafür von ihm mit Seife beschenkt worden, und selbst eine Packung Paracetamol zaubere beglückendstes Staunen auf die Gesichter von Einheimischen. „Obschon sie sehr arm sind, habe ich mich mit dem Fotoapparat zu keinem Zeitpunkt irgendwelcher Gefahr ausgesetzt gefühlt“, so Dan Tarcea, dem die „sehr pedantische Wartung“, mit der Autofahrer ihre bis zu acht Jahrzehnte alten Vehikel behandeln, imponiert hat.
Kein bisschen überraschend zudem „das Schlangestehen vor Läden wie vormals bei uns. Alles ist rationiert“. Mehr als nur ein Bild total vor Leere gähnender Lebensmittelgeschäft-Regale hat Fotograf Dan Tarcea in Kuba aufgenommen. An der Straßenecke frei erhältliches Obst und Gemüse wäre jedoch sehr schmackhaft, weil im kommunistischen Staat fast gänzlich ohne Kunstdünger angebaut, und unschlagbar günstig. „Touristen wird alles zehnmal teurer verkauft, aber selbst so ist es immer noch billig.“ Fleisch dafür halten die Kühlregale nie bereit: wird ein Schwein geschlachtet, finden seine Stücke noch vor der Übergabe an Lebensmittelläden Käufer. Ebenso auch am Strand ein Hummer, den Touristen oder zahlkräftige Einheimische sich an den Tisch servieren lassen, um ihn frisch gefischt und zubereitet zu genießen. Kältetruhen hat Kuba bei solch ozeanischem Reichtum an Meeresfrüchten nicht nötig. Worunter die Insulaner stillschweigend ächzen, ist „das Unterdrückungs-System, wie die Securitate bei uns. Pressefreiheit gibt es nicht“. Aber eine allgemeine Pflicht zur Schul-Uniform und „Turnschuhe, die nur von Kindern getragen werden, deren Eltern Mitglieder der Kommunistischen Partei sind“. Wer in Kuba grundsätzlich nichts zu suchen hat? Bürger der USA, die auf direktem Weg in das Land einreisen wollen, wenn Tourismus ihre Absicht ist. Der Bildvortrag von Dan Tarcea hingegen fand just im „American Corner“ der Astra-Bibliothek statt. Schaden angerichtet hat es bestimmt weder in Kuba noch den USA. Berichtet worden zu sein jedoch verdient zum Beispiel die kubanische Gastfreundschaft: „´Dies ist mein Haus, du kannst jederzeit zum Kühlschrank gehen und dich daraus bedienen.´ Auch wenn nichts drin steht.“