Bukarest – „Premier Ludovic Orban stellt sich auf die Seite derjenigen, die die Causa Roșia Montană verraten haben!“, so beginnt das jüngste Rundschreiben der Bürgerorganisation „Declic“. „Die Bergbauindustrie und die alte Garde der PDL/PNL haben eingegriffen und den Premierminister überzeugt, die Aufnahme von Roșia Montană auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes weiterhin zu blockieren.“ Womit die Bürgerbewegung auch geklärt hat, was PNL- und Regierungschef Orban mit seinem am vergangenen Samstag telefonisch angekündigten „darüber Nachdenken“ gemeint haben mag.
Nach dieser Feststellung zieht „Declic“ erst mal über die PNL her: „Die aktuelle PNL ist vollgestopft mit Mitgliedern der ehemaligen PDL, die bei Weitem der größte und aktivste politische Unterstützer des Goldgewinnungsprojekts mittels hochgiftiger Zyanide von Roșia Montană waren. Vergessen wir aber auch nicht den Einfluss, den der Ex-Journalist Rareș Bogdan (heute Europaabgeordneter, doch im Inland auf Postenlauer – Anm. wk) in der Partei ausübt. Er war als damaliger Journalist einer Klausenburger Zeitung 2010 Gast von Gabriel Ressources, die ihn nach Neuseeland flog, um sich dortige Goldgewinnungsmethoden anzusehen.“
Die letzte Hoffnung, den Bergbauort und die Unter-Welt seiner antiken und mittelalterlichen Gruben doch noch auf die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes zu setzen, ruhe jetzt auf einem Machtwort von Präsident Klaus Johannis. Johannis war nie PDL-Mitglied, Johannis habe sich dauernd bemüht, die alte PNL-Garde auf Distanz zu halten, Johannis sei der Präsident aller Bürger Rumäniens und durch eine überwältigende Stimmenmehrheit der Wähler voll legitimiert. „Declic“ sieht es als „Pflicht von Johannis“, „die Regierung Orban zu stoppen, die dabei ist, Ro{ia Montan² dieselbe Ungerechtigkeit anzutun, wie es die Vasilica-Dăncilă-Regierung 2018 ihr angetan hat: den Aufnahmeprozess für die UNESCO-Weltkulturerbeliste nicht loszueisen“.
Doch die Folgen sind im Falle sträflicher PNL-Regierungsuntätigkeit schlimmer als im Falle der von ihr verdrängten PSD-Regierung: gibt Orban und seine Regierung bis am heutigen 1. Februar der UNESCO nicht das von der bürgerlichen Gesellschaft erwartete schriftliche Okay zum Weitermachen, muss für die erst 2022 wieder tagende einschlägige UNESCO-Kommission die gesamte Aufnahmedokumentation von Roșia Montană zum Weltkulturerbe neu ausgearbeitet werden. Einschließlich sämtlicher, auch internationaler, Gutachten, die ab 2015 eingeholt worden sind und die beim ausstehenden Notifizierungsschreiben an die UNESCO annulliert wären.
„Präsident Johannis vertritt alle Bürger Rumäniens“, meint „Declic“, „und er hat deshalb die Pflicht, einzugreifen, wenn die von ihm gewünschte Regierung sich anschickt, gegenüber Roșia Montană eine große Ungerechtigkeit zu begehen!“ Außerdem habe die Orban-Regierung naive und puerile Argumente angeführt, weswegen sie nichts zu tun gedenke, „Argumente, die Politikern unwürdig sind, die Rumänien führen.“
Alle anständigen Bürger Rumäniens erwarten nun von Präsident Johannis, dass er das erlösende Machtwort spricht und die Orban-Regierung zwingt, die UNESCO bis am 1. Februar zu notifizieren. Die Argumente, die die bürgerliche Gesellschaft Johannis für sein Machtwort bietet, sind: Roșia Montană steht an Punkt 10 des Regierungsprogramms der PNL; die PNL soll auf die (von der PSD übernommenen) falschen oder „fehlgehenden und manipulativen Elemente“ verzichten, unter deren Voraussetzung die Partei über Roșia Montană debattiert; im laufenden Schiedsgerichtsverfahren zwischen Rumänien und Gabriel Ressources werden Fakten beurteilt, die vor dem Juli 2015 stattfanden – sie haben also nichts Direktes mit dem Aufnahmeverfahren auf die UNESCO-Weltkulturerbeliste zu tun (das steht auch im Aide Memoire von 2019 der Rumänien vertretenden rumänischen Anwaltskanzlei, die dem Aufnahmedossier beiliegt); die Aufnahme von Roșia Montană auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes hat direkt mit den Tagebauvorhaben und Goldgewinnungsmethoden der Kanadier von Gabriel Ressources nichts zu tun, sondern ist ein paralleler Prozess, völlig außerhalb des Schiedsgerichtsverfahrens.
Tun aber weder die Orban-Regierung noch Präsident Johannis nicht sofort etwas in Hinsicht des weiterzuführenden UNESCO-Aufnahmeverfahrens, „dann ist Roșia Montană durch beider Zutun verurteilt“, schreibt „Declic“: „es muss verschwinden durch nicht rückgängig zu machenden Verfall, durch Entvölkerung und durch Vorenthaltung verfassungsgemäßer Rechte!“