Sie sind zu sechst als Mitglieder eines Projektteams unterwegs und kommen aus Brandenburg, Großpolen und Siebenbürgen. Und doch konnten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten sie nicht daran hindern, in der Kleinstadt Wittstock an der Dosse im Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Bundesland Brandenburg) über den ein oder anderen Tellerrand hinauszuschauen.
Rund drei Monate lang wurden Ideen gesammelt und als Drehbuchinhalte zu Papier gebracht. Zunächst jede und jeder für sich in der eigenen Heimat. In nur wenigen Tagen haben Jeremy Bienert (Wittstock), Justin Dzialek (Heiligengrabe, Brandenburg), Natalia Urban und Adam Zemler (Großpolen) sowie Andreea-Iuliana Covite und Cornel-Elisei Vișan (Petersdorf/Petresti, Kreis Alba) vom Deutschen Gymnasium Mühlbach/Sebeș ihr Theaterstück zu einem großen Ganzen zusammengefügt.
Samstagabend, am 18. Mai, führten die sechs polnischen, rumänischen und deutschen Jugendlichen ihr Schauspiel „Über den Tellerrand hinaus“ im Wittstocker Rathaus auf. Was ist Heimat? Was macht Heimat aus? Und wie gelingt es, die verschiedenen Auffassungen von Heimat mit dem europäischen Gedanken zu vereinen? Diesen und weiteren Fragen gingen die jungen Schauspieler nach.
„Der Kontakt ist über den Partnerschaftsbeauftragten der Landesregierung Brandenburg für die Region Zentrum Südsiebenbürgen, Klaus-Peter Krüger, zustande gekommen“, erklärte Natalia Urban, die im selbst verfassten Rollenspiel unter anderem als „Weiße Frau“ von Posen/Poznan auftrat. Stellvertretend für Brandenburg verkörperte Justin Dzialek den Preußenkönig Friedrich II. Cornel-Elisei Vișan, der in die Haut des siebenbürgischen Grafen Dracula schlüpfte, grüßte seinen nordwestdeutschen Mitschauspieler auf der Bühne als „Kartoffelkönig“.
Libretto und Synopsis appellierten an das Publikum, Europa eine Chance zu geben und an den Europaparlamentswahlen teilzunehmen. Klar machten die Jugendlichen auch, dass Identitäten und Symbole für die Heimat zwar wichtig seien, man aber immer über den Tellerrand hinaus blicken sollte. „Rumänien ist viel mehr als nur Dracula“, so Cornel-Elisei Vișan.
In kurzen Imagefilmen präsentierten die Jugendlichen dem Publikum ihre Heimat, zeigten aber auch, wie schnell sich der Heimatbegriff wandeln kann. So überlegt Natalia Urban beispielsweise, nach Beendigung ihrer Schulzeit in Deutschland zu studieren. Adam Zemler wird in Polen sein Abitur auf Deutsch ablegen. „Wir haben bei den Proben zwar Deutsch gesprochen, aber auch etwas Polnisch und Rumänisch gelernt“, berichtete Natalia Urban.
„Es macht Hoffnung, wenn man solche Jugendliche am Start hat“, lobte Eva-Maria Vanino, Leiterin der Dr.Wilhelm-Polthier-Oberschule Wittstock, an der auch Justin noch lernt, das Projekt. Klaus-Peter Krüger zufolge steht für den Monat Oktober laufenden Jahres die Fortsetzung der Zusammenarbeit in Gestalt einer Theateraufführung in Posen an.