Hermannstadt – Klamm und nasskalt war es am Wochenende auch in Hermannstadt/Sibiu. Und das, obwohl der für seinen trüb vor sich hin tröpfelnden Herbstregen und die schwer auf der Stelle ruhenden Abende gefürchtete wie beliebte November noch ganze zwölf Tage aussteht. Im pandemisch hart getroffenen Bukarest war die Auflage 2021 der Langen Nacht der Galerien (Noaptea Albă a Galeriilor, NAG) abgesagt worden. Hermannstadt dagegen hatte an den drei Nachmittagen und frühen Abenden von Freitag, dem 15. Oktober, bis Sonntag, dem 17. Oktober, die nötige Portion Glück für das Offenhalten von mehr als zehn Eingangstüren der unabhängigen NAG.
Malerin Andrea Gabriela Bernath Doncuțiu hatte Wochen zuvor im Astra-Dorfmuseum unter schönstem Himmel einen Workshop für junge Erwachsene mit Behinderung vom Tageszentrum des Internationalen Diakonischen Werks veranstaltet. Die Stillleben aus den Händen und Wasserfarben der begabten Kursteilnehmer waren am Wochenende der NAG 2021 ganz leicht im letzten Haus in der Fleischergasse/Mitropoliei 25 zu finden, begleitet durch stimmige Reportage-Fotos von Gabriela Cuzepan. Um die Ecke in der engen Quergasse/Tribunei überzeugte Fotograf Vlad Dumitru als Autor einer Kombinationsausstellung von nachdenklicher Schallplatten-Musik und schwarz-weißen Porträts. Analog auf Film statt digital gebannt.
Andrei Szabó und Florin Viorel, beide Lehrer am Kunstgymnasium Hermannstadt, hielten die Türe zu einem großen Erdgeschossraum des barocken Palais von Carl und Michael Brukenthal in der alten Reispergasse/Avram Iancu auf. Ihre dort auf drei Abende befristete Expo hat das leider seit Jahren zur Straße hin leerstehende Zimmer für einen Augenblick aufgewertet. An der Decke haftete gar noch ein Plakat von der NAG 2019. Grafiker Andrei Szabó und Maler Florin Viorel, der zusätzlich zu drei Eigenkompositionen auch stolz eine Reihe Bilder von Schüle- rinnen und Schülern der 12. Klasse ausstellte, gönnten sich Samstagabend die Freiheit, eine Gruppe Fans trotz Sperrstunde um 20 Uhr verspätet zu raschem Besuch einzulassen.
Am Kleinen Ring/Piața Mică Hausnummer 3 war Maler Alexandru Cînean Samstagabend nicht anzutreffen, was sich aber nicht weiter entmutigend auf die NAG hier in der „Ambasada Creativ² No!Hai“ auswirkte. Seine abstrakten Bildentwürfe auf Gedichtzeilen von Schauspieler Iustinian Turcu, akustisch durch Musik von Theater-Komponist Claudiu Urse unterstützt, sprachen für sich selbst. Wer weder teure noch bescheidene 30 Lei aus der Tasche zückte, konnte ein Exemplar des von Raluca Coșăreanu und Alexandu Cînean illustrierten Lyrik-Bands „Noi ne-am iubit în pandemie“ mitnehmen, erschienen im Armanis-Verlag der Astra-Bibliothek. Rückblickend dürften viele Künstler zufrieden sein, mitten im Jahr 2020 aus der Not heraus erfinderisch wie nie zuvor an sich selbst und ihren Vorstellungen gearbeitet haben zu können.