Temeswar (ADZ) – Heftige Kritik an den Plänen der Eisenbahngesellschaft CFR im Zusammenhang mit der Modernisierung des Gleisabschnitts zwischen dem Ost- und dem Hauptbahnhof übt derzeit die „Asociatia Pro Infrastructură“ aus, Rumäniens wichtigste NGO, die alle öffentlichen Investitionen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur monitorisiert. In einer am Sonntag veröffentlichten Mitteilung bezieht sich die NGO auf den Anfang November unterzeichneten Vertrag zwischen der CFR und einem italienischen Baukonsortium und weist auf die zahlreichen Mängel der Machbarkeitsstudie hin. Wie die ADZ berichtete, ist der knapp 14 Kilometer lange Abschnitt der Eisenbahnlinie Karansebesch/Caransebeș – Arad, die mit EU-Geldern instandgesetzt werden soll, der erste, der in Angriff genommen werden soll. Der Baustart sei für Mitte 2023 angesetzt.
Der Verein stellt nun fest, dass es zwischen den Bu-karester und den Temeswarer Behörden überhaupt keine Zusammenarbeit gegeben habe. Die CFR habe auf den Wiederaufbau der Rangierbahnhöfe bestanden, obwohl diese ökonomisch keinen Sinn mehr haben, das Bürgermeisteramt bekomme zwar die geforderten Überführungen über die Eisenbahnlinien, allerdings nicht alle dort, wo es sie sich gewünscht habe. Der Stadt gehe es anscheinend allein um die Interessen der Autofahrer; Fußgänger und Radfahrer lasse man wie allzu oft in Rumänien außen vor und setze Lösungen um, die in den 1970er Jahren erdacht wurden. Zwischen dem Ostbahnhof und der Popa-Șapcă-Straße werden die Fußgänger nur illegal die Gleise überqueren können, da der Kreisverkehr am Ende der Heinrich-Baader-Straße nicht mit Gehsteigen versehen ist. Das heißt, dass die Passanten bis zum Ostbahnhof gehen müssen, wo es eine Fußgängerbrücke gibt, oder noch weiter nach Osten, zur Gheorghe-Adam-Straße, wo eine Überführung geplant ist, die mit Gehsteigen ausgestattet sei. Das sei alles merkwürdig, da die Baader-Straße näher an der Innenstadt liege und vor allem näher an der Iulius Town.
Es sei besorgniserregend, dass die Temeswarer Stadtverwaltung allein am Autoverkehr interessiert zu sein scheint, obwohl man das sternförmig angelegte Eisenbahnnetz durchaus für den öffentlichen Nahverkehr nutzen könne. Das Banat verfüge über ein ausgedehntes Schienennetz noch aus der Zeit der Habsbur-ger; dass man sich dessen nicht wieder annehme und es für einen sauberen Verkehr nutzen wolle, sei erschreckend. Die geplante Haltestelle in der Nähe der Iulius Town und der Arader Straße (offiziell: Alexandru-Ioan-Cuza-Straße) sei viel zu weit von jedweder Straßenbahnlinie, man hätte sie näher an den 700er Markt vorsehen müssen oder man hätte einfach zwischen dem Hauptbahnhof und dem Ostbahnhof mehrere Zughaltestellen einplanen müssen, so dass Fernreisende einen leichteren Zugang zu dem Temeswarer Straßenbahnnetz haben könnten.
Vollkommen verfehlt seien die Pläne der CFR auch im Zusammenhang mit dem Ostbahnhof. Dessen frühere Nutzung durch die großen Industriegebiete des Sozialismus sei nicht mehr aktuell, so dass gegenwärtig der Bahnhof mit seinen insgesamt 15 Gleisen nichts anderes sei als ein großer „Parkplatz“ für Güterzüge. Dem Güterverkehr diene der Bahnhof sehr wohl, für die Bürger sei er jedoch ein großes Hindernis, weil es nicht einmal eine Fußgänger-Unterführung gäbe, wie überall auf der Welt. Man hätte weiter ostwärts einen Rangierbahnhof für die Bedürfnisse des Güterverkehrs bauen müssen, im Bereich des Ostbahnhofs die Anzahl der Gleise auf 4 kürzen und eine Unterführung für Autos, Radfahrer und Fußgänger bauen können. Das von den Gleisen befreite Gelände hätte man gewinnbringend verkaufen und damit den Bau der Unterführung finanzieren können. Die CFR wollte es sich aber einfach machen, so das Fazit des „Pro Infrastructură“-Vereins.
Auch könne man nicht verstehen, warum die Erhöhung der Gleise zwischen dem Hauptbahnhof und der Popa-Șapcă-Straße beibehalten werde. Die Stadt werde weiterhin in zwei geteilt, obwohl es modernere Lösungsansätze gäbe, die auch diskutiert wurden. Die CFR habe sich für die kurzfristig einfachere Lösung entschieden, die Stadt werde jedoch Jahrzehnte lang an diesen Fehlentscheidungen leiden, die an die 1970er Jahre erinnern. Man hätte überhaupt keine Überführungen für den Autoverkehr bauen müssen, sondern Unterführungen, diese seien eleganter und würden das Stadtbild nicht derart stören. Dafür hätte sich natürlich die Stadtverwaltung einsetzen müssen, aber man scheint sich im Bürgermeisteramt nicht allzu viele Gedanken über dieses folgenschwere Vorhaben gemacht zu haben.
Verkehrsminister Sorin Grindeanu, ein gebürtiger Karansebescher, der in Temeswar lebt, solle sich um seine Stadt kümmern und die CFR dazu bewegen, einige Planungsfehler dringend zu korrigieren. Dies sei noch möglich, auch wenn der Vertrag mit dem ausführenden Baukonsortium unterschrieben wurde. Da viele Details noch ausgearbeitet werden müssen, kann einiges noch zurechtgebogen werden.