Mit der Straßenbahn wird´s ernst

Bürgermeisteramt versammelte 40 Nahverkehrsfachleute zur Konsultation

Reschitza – Über den Rumänischen Verbund für Nahverkehr (URTC) versammelte Bürgermeister Ioan Popa am vergangenen Wochenende in Reschitza 40 Leiter von Nahverkehrsunternehmen und Fachleute für Nahverkehr aus ganz Rumänien. Er wollte ihnen konkret zeigen, was noch vom 2011 „definitiv“ aufgegebenen Straßenbahnverkehr von Reschitza übrig ist – Schienenstränge, die bereits vor ihrem Einsatz 1987 in schlechtem Zustand waren, die Masten der Oberleitungen und das Depot – und fragen, was man damit zu welchen Kosten machen kann. Die Antwort war insgesamt ermutigend: es lässt sich etwas damit machen. Wenn auch die EU etwas dazu beisteuert.

Allerdings: die Antwortgeber kamen ausschließlich aus Städten, wo Straßenbahnen verkehren, kein einziger Vertreter einer Stadt, wo der Nahverkehr mit Bussen abgewickelt wird, war anwesend.
Dazu der Bürgermeister: „Wir hatten in unserer Stadt diejenigen zu Gast, die über das Schicksal des öffentlichen Nahverkehrs in Bukarest, Klausenburg, Temeswar, Arad, Großwardein/Oradea und Sathmar entscheiden. Die Gespräche drehten sich in erster Linie um die Straßenbahn und ihre Bedeutung, jetzt und in Zukunft. Auch über den gegenwärtigen Zustand der Schienen in Reschitza. Aber ich habe ihnen auch die ganze Stadt gezeigt, damit sie sich ein Bild machen können von nötigen Zubringerdiensten.“

Liviu Neag, der Präsident des URTC und Leiter des Nahverkehrsunternehmens von Klausenburg, entpuppte sich als begeisterter Vertreter der Einführung des Straßenbahnverkehrs, den er als den „kostengünstigsten, ökologischsten und an Fahrgästen aufnahmefähigsten“ bezeichnete. „1990 gab es Straßenbahnverkehr in 15 Städten Rumäniens, mit der Zeit haben vier ihn aufgegeben“, sagte er. „Alle vier überlegen, ihn wieder einzuführen. Wie Reschitza. Straßenbahnfahren ist wieder in.“

Selbstverständlich warb Neag auch dafür, den Klausenburger Fachleuten den Auftrag zu erteilen, die Machbarkeitsstudie für die Wiedereinführung des Straßenbahnverkehrs in Reschitza durchzuführen, geriet damit aber in Konflikt mit Temeswar: Prof. Adrian Bota aus Temeswar ist bereits beauftragt, die Expertise für die Modernisierung des Netzes der Reschitzaer Straßenbahnschienen auszuarbeiten.

Das Schienennetz der Straßenbahnen von Reschitza erstreckt sich über 10,2 km, wobei 200 m die Zufahrt zum Depot in der Neustadt ausmachen. Die gesamte Strecke ist vor 1990, unter politischem Druck und mit beschränkten technischen und materiellen Mitteln realisiert worden. Die damals in Temeswar gebauten Straßenbahnen von Typ Timiş II waren keine fünf Jahre lang benutzbar und erst eine massive Schenkung von in Deutschland ausrangierten, aber generalüberholten Straßenbahnen – hauptsächlich aus Bochum, aber auch aus einem großen Depot ausrangierter Straßenbahnen in Mittenwalde, in der ehemaligen DDR – die mit ganzen Ladungen Ersatzteilen voll beladen ankamen, verlängerte mit Finanzierung des deutschen Ministeriums für Internationale Zusammenarbeit den Betrieb der Straßenbahnen in Reschitza. Mangelhafte Instandhaltung, fehlende Sauberkeit und die Schlampigkeit beim Legen des Schienennetzes bewirkten zuletzt, dass die Straßenbahnen in den schlech-testen Ruf gerieten und „das größte Dorf Rumäniens, das eine Straßenbahn hat“ – womit Reschitza gemeint war - den Straßenbahnverkehr einstellte.

Der im Juni gewählte junge Bürgermeister Ioan Popa ist aber inzwischen davon überzeugt, „dass die einzige Dauerlösung für den Reschitzaer Nahverkehr die Wiedereinführung der Straßenbahnen“ ist: „Die öffentlichen Konsultationen über das Vorhaben startet das Rathaus 20.-22. Oktober,“ gab Popa bekannt, „denn ich möchte, dass die Bevölkerung der Stadt genau weiß, was wir für sie vorhaben. Jeder soll die Möglichkeit bekommen, sein Für und Wider zu äußern, sollte aber vor einer Entscheidung sich gut informiert haben.“

Teuerstes Vorhaben wird dabei die Sanierung und Reduzierung des Schienenverkehrslärms sein. Die Schienen wurden 1989 in vorgefertigten Betonplatten verlegt, die mit einer dünnen Gummischicht ausgekleidet waren, die allerdings innerhalb kürzester Zeit verschlissen war. Nach Ansicht der in Reschitza anwesenden Fachleute ist die beste Lösung und die leiseste, die sie auch international sehen konnten, die Schienen direkt in den (an sich leicht elastischen) Asphalt zu betten. Allerdings steht darüber die definitive Entscheidung noch aus, genauso wie über die Wiedereinführung des Straßenbahnverkehrs in Reschitza.