Neue Satzung: Frauen- und Jugendorganisation verlieren Stimmrecht

Bukarest/Temeswar (ADZ) – Die Nationalliberale Partei (PNL) steht nach einer umstrittenen Entscheidung ihres erweiterten Landesvorstandes in der Kritik. Am Samstag beschloss die Partei, den Frauen- und Jugendorganisationen das Stimmrecht im höchsten Führungsgremium, dem Nationalen Politischen Büro, zu entziehen. Parteiintern wie auch aus der Zivilgesellschaft hagelte es Proteste. Der kommissarische PNL-Vorsitzende Ilie Bolojan verteidigte die Statutenänderung. Diese bringe „gute Regeln“ für die Partei, so Bolojan. Man wolle die Führung dezentralisieren und Leistung stärker in den Mittelpunkt stellen.

Auch parteiintern gibt es deutliche Kritik. Die beiden ehemaligen Vorsitzenden der PNL im Kreis Temesch, Ovidiu Drăgănescu und Viorel Coifan, warnten vor einem zunehmend autoritären Kurs der Partei. Drăgănescu, der die Temescher PNL nach der Wende 1990 mitgründete, sie im Parlament vertrat und später Temescher Präfekt und Vizepräfekt wurde, bezeichnete die Partei als „geschlossene Gesellschaft“ nach dem Vorbild des Philosophen Karl Popper. Parteiversammlungen ähnelten inzwischen reinen Abnick-Veranstaltungen, bei denen 800 Delegierte nach eigenen Angaben nur applaudieren dürften. Laut Drăgănescu würden die Parteigremien künftig nur noch viermal im Jahr tagen, auf lokaler Ebene gar nur halbjährlich. Dies bedeute das faktische Ende von Debatten und den Rückzug der einfachen Mitglieder aus dem politischen Leben der Partei. Auch Coifan, Temescher Kreisratsvorsitzender von 1992 bis 2000 und einer der wichtigsten Temescher Politiker der Neunziger und der Nullerjahre, sieht die Gefahr einer abgehobenen Führungskaste. Er kritisierte, dass der Entwurf der neuen Parteisatzung nicht rechtzeitig an die Kreisverbände verteilt worden sei. Ein moderner, bürgernaher Parteibetrieb sei unter diesen Bedingungen nicht möglich, warnte Coifan.

Der Gewerkschaftsdachverband Blocul Național Sindical (BNS) kritisierte die Entscheidung scharf. Sie sei ein „perfektes Beispiel dafür, wie Rückschritt unter dem Deckmantel von Modernisierung organisiert wird“, hieß es in einer Stellungnahme der Frauen- und Jugendorganisation des BNS. Mit bitterer Ironie begrüßten diese die „Rückkehr ins Mittelalter“, in dem nur einige wenige entscheiden durften, während die Mehrheit zu schweigen hatte. Die Maßnahme marginalisiere gezielt Frauen und junge Menschen und sende das fatale Signal, dass Repräsentation keine Rolle mehr spiele. Beobachter rechnen mit weiteren Diskussionen auf dem anstehenden PNL-Parteitag.