Hermannstadt - Die Arbeiten an der Novellierung der Verfassung waren das Hauptthema der Pressekonferenz, die Ovidiu Ganţ, der Abgeordnete des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Freitagmittag gehalten hat. Berichtet hat er desgleichen über die von ihm eingereichten Gesetzesänderungen und -ergänzungen sowie die Antworten auf Interpellationen, auf die wir in der morgigen Ausgabe eingehen werden.
Ovidiu Ganţ ist stellvertretendes Mitglied in der Parlamentskommission zur Novellierung der Verfassung und nahm als solches an deren Sitzungen teil. Diesem Gremium wurden in einer ersten Etappe von den Parlamentsfraktionen Thesen eingereicht, die der Durchführung der Novellierung zu Grunde liegen sollen. Die Gruppe der nationalen Minderheiten reichte einen von Ovidiu Ganţ in Zusammenarbeit mit dem Fraktionsvorsitzenden Varujan Pambuccian ausgearbeiteten Vorschlagenkatalog ein. Das bedeutendste Anliegen ist, in Absatz 3 von Artikel 1 der Verfassung die Erklärung von Karlsburg/Alba Iulia von 1918 aufzunehmen, in Ergänzung der dort erwähnten Prinzipien, dass Rumänien ein Rechts-, demokratischer und Sozialstaat ist, in dem die Gerechtigkeit und der politische Pluralismus die höchsten Werte darstellen, im Geiste der demokratischen Traditionen des rumänischen Volkes und der Revolution von Dezember 1989. Der Akt von Karlsburg, auf dem der moderne rumänische Staat fußt und den Rumänien heute als Nationalfeiertag begeht, müsse auch in die Verfassung einziehen, sagte der DFDR-Abgeordnete.
Zu den weiteren Vorschlägen der Minderheitenfraktion gehört die Ergänzung von Absatz 2 desselben Artikels 1: Die Regierungsform wird als „Republik“ definiert, hinzufügen soll man „parlamentarische“. Dementsprechend sollten sich die Aufgaben des Staatspräsidenten auf Repräsentationspflichten beschränken. Einführen möchte man sodann den Mechanismus des konstruktiven Misstrauensvotums, wie es ihn zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland gibt: Wenn sich im Parlament eine neue Mehrheit bildet, soll diese das Recht haben, einen neuen Premier zu nominieren, ohne die derzeitigen Prozeduren (Konsultationen mit den Parteien, Nominierung durch den Präsidenten, usw.) durchlaufen zu müssen.
Vorgeschlagen hat die Minderheitenfraktion desgleichen, nicht bloß den Begriff „Region“ in die Verfassung aufzunehmen, sondern auch vorzusehen, dass diese Verwaltungsstruktur ein Gremium auf der Ebene der Legislative erhält, in dem sie repräsentiert ist und sich zu ihren Belangen äußern kann. Sonst bleibe die Regionalisierung in der Luft hängen und ohne Substanz, so der Abgeordnete. Ob in diese zweite Kammer des Parlamentes Delegierte aus den Regionen entsandt werden, oder ob es sich dabei um in den Regionen gewählte Vertreter handeln werde ist eine Frage, die in einer späteren Phase zu entscheiden sein wird. Ebenfalls eingebracht hat diese parlamentarische Gruppe den Vorschlag, dass die Vertrauensfrage nur ein Mal je Parlamentstagung und also zwei Mal pro Jahr gestellt werden darf und zwar zu einem Gesetzesentwurf und nicht einem Gesetzespaket, wie dies bereits geschah. Gänzlich eliminieren möchte man die Dringlichkeitserlasse, die in den Jahren zuvor notwendig waren, um die Gesetzgebung der demokratischen Staatsstruktur und sodann der EU-Gesetzgebung anzupassen, nun aber könne ein normaler Verabschiedungsrhythmus stattfinden.
Erläutert hat der DFDR-Abgeordnete Ganţ vor den zahlreich erschienenen Vertretern der Medien auch die nun folgenden Schritte der Verfassungsnovellierung: Zurzeit hält das Verfassungsforum im Land Beratungen, bei denen alle Bürger und Organisationen ihre Meinungen sagen können, und berät mit der Kommission von Venedig. Im Mai wird das Verfassungsforum einen Bericht vorlegen. Die Parlamentsmitglieder können bis zum 15. Mai konkrete Textänderungen einbringen, die sodann zusammen mit dem Bericht des Verfassungsforums von der Novellierungskommission bearbeitet und zusammengefasst dem Plenum der beiden Parlamentskammern vorgelegt werden.
Sollte die Ausarbeitung über die Novellierungsvorschläge mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden, wird ein Referendum organisiert. Nach Ansicht von Ovidiu Ganţ ist das Durchlaufen all dieser Etappen zum Jahresende möglich, setzt aber eine außerordentliche Parlamentstagung voraus. Ist die Verfassungsnovellierung angenommen, kann ein Rahmengesetz über die Dezentralisierung und Regionalisierung verabschiedet werden und die Regionen als solche können konstituiert werden. Nicht zu schaffen bis Ende 2013 sei, die definitive und umfassende Durchführung der Dezentralisierung und Regionalisierung, d.h. die Festlegung der Mechanismen und Zuständigkeiten der neuen Verwaltungseinheiten.