Großkarol – Ein Buch lesen macht vielen Menschen Spaß und wenn man das entspannt spazierend oder im Park auf einer Bank tun kann, ist es noch angenehmer. So ähnlich durften alle Grundschullehrerinnen der deutschen Abteilung aus Großkarol/Carei und einige aus Sathmar/Satu Mare das am 27. April erleben. Adriana Hermann, Referentin für Grundschule am Zentrum für Lehrerfortbildung in deutscher Sprache in Mediasch (ZfL), hielt einen Workshop zu den Themen Bilderbuch und Museumspädagogik. Dabei konnten die Teilnehmerinnen einen Teil der Fortbildung draußen in einer Buchhandlung, im Park, im Károlyi-Schloss und sogar im Schlosspark verbringen.
Am sonnigen Freitagnachmittag versammelten sich fröhlich lachend die Grundschullehrerinnen im Zentrum von Großkarol, wo bereits Referentin Adriana Hermann auf sie wartete. Obwohl sie gerade eine ganze Schulwoche hinter sich hatten, konnte man die Vorfreude aus ihren Gesichtern ablesen, denn dieses Mal durften sie etwas ganz Neues ausprobieren. Der Treffpunkt war nicht wie üblich in einem Klassenzimmer der Allgemeinschule Nr. 1, welche die Grundschulklassen der deutschen Abteilung in Großkarol beherbergt, sondern vor einer großen Buchhandlung der Stadt. Schließlich fand die Fortbildung unter dem Motto „Raus aus dem Haus“ statt. „Die Idee entstand während der Pandemiezeit, als keine fremden Personen die Schule betreten durften. Aber ich wollte die Lehrerinnen trotzdem treffen und dachte, dass wir stattdessen in eine Buchhandlung oder ins Museum gehen könnten“, berichtet Referentin Adriana Hermann über die Entstehung der Fortbildung. Nach einer kurzen Besprechung bekamen die Teilnehmerinnen den Auftrag, in der Buchhandlung herumzuschauen und ein Buch in rumänischer oder ungarischer Sprache zu kaufen.
„Im deutschsprachigen Raum gibt es sehr schöne Bilderbücher, aber lange Zeit gab es diese nicht auf Rumänisch. Jetzt gibt es viele Übersetzungen und sogar erste Autoren und Illustratoren, die auf Rumänisch schreiben und illustrieren. Das ist eine Chance für Lehrerinnen, Bücher in verschiedenen Sprachen zu kaufen und im Unterricht einzusetzen. Sie können auf Deutsch über das Buch sprechen und mit den Kindern das Sprachenwechseln üben. Das nennt man Code-Switching und bedeutet, dass wir mehrsprachig sind und alle unsere Sprachen nutzen können“, erläutert die Referentin den Hintergrund der Übung, die von den Grundschullehrerinnen durchgeführt wird. Die Lehrerinnen verweilen mehr als eine Viertelstunde in der Buchhandlung und wählen dabei nicht nur ein, sondern mehrere Bilderbücher in rumänischer und ungarischer Sprache aus.
Auch Referentin Adriana Hermann kauft sich einige Bücher, darunter auch ein Buch in ungarischer Sprache, da sie sich vorgenommen hat, Ungarisch zu lernen. Schließlich verlassen die Grundschullehrerinnen zu zweit die Buchhandlung. Ihre Aufgabe ist nun, die von ihnen ausgewählten Bücher während eines Spaziergangs in Partnerarbeit zu analysieren. Dabei sollen sie die Bücher aus pädagogischer, ästhetischer und literarischer Sicht betrachten.
Eine halbe Stunde später treffen sie sich vor der Buchhandlung wieder, wo Referentin Adriana Hermann sie erwartet, um die Fortbildung im Park des Schlosses Károlyi fortzusetzen. Dort bekommen die Lehrerinnen einen Laufzettel mit verschiedenen Aufgaben und entdecken den Schlosspark auf eigene Faust, auf der Suche nach Schönem, Ungewöhnlichem, Nützlichem, Seltenem und mehr. Im Museum des Schlosses erwarten sie dann weitere Aufgaben: Jede Teilnehmerin würfelt und sucht anschließend ihre Zahlenkarte im Museum. Neben jeder Karte stehen Informationen zu den Exponaten, die gelesen und aufgeschrieben werden sollen.
Auf diese Weise erkunden die Lehrerinnen das Museum spielerisch und können später mit ihren eigenen Schulklassen dieselben Stationen durchlaufen, um mehr über die Geschichte und Lebensweise der früheren Bewohner des Schlosses - den Károlyi-Grafen, die Ansiedler der Sathmarer Schwaben - zu erfahren. Da Kinder heutzutage von Technologie fasziniert sind und es auch praktisch ist, wird mit Hilfe einer App eine Schnitzeljagd im Schloss und im Schlosspark durchgeführt. Um mehr über die kleine Maus „Károly“ zu erfahren, die im Schloss lebt, müssen die Teilnehmerinnen verschiedene Aufgaben lösen, wie zum Beispiel das Baujahr des Schlosses suchen und das Schloss von außen betrachten. Als Belohnung können sie anschließend ein herziges Lied über eine kleine Maus hören.
„Es gibt überall neue Ideen, die umgesetzt werden können, und meine Absicht ist nicht nur, dass ich etwas für die Lehrerinnen präsentiere, die an der Fortbildung teilnehmen, sondern dass sie es auch auf ihre Schüler übertragen können. Sie können mit den Kindern selbst in eine Buchhandlung gehen, Bücher kaufen und mit diesen Büchern arbeiten oder in ein Museum gehen und mehr Ideen haben, was man in einem Museum machen kann, außer einer Führung, die oft das übersteigt, was Kinder aushalten und verstehen. Sie sollen etwas unternehmen, das auf dem Niveau der Kinder ist, wo die Kinder aktiv mitmachen, suchen, beschreiben und festhalten können“, erklärt Grundschulreferentin Adriana Hermann.
Während der Pandemiezeit fanden die Workshops aufgrund der Einschränkungen in Cafés oder Restaurants statt, doch diesmal hatte die Gruppe die Möglichkeit, in der Schule weiterzuarbeiten. Dort wurde das spielerische und interaktive Lernen fortgesetzt, indem die Teilnehmerinnen in Partnerschaften Bingo spielten, um die ausgewählten Bilderbücher besser kennenzulernen. Referentin Adriana Hermann präsentierte den Lehrerinnen verschiedene Bilderbücher in verschiedenen Sprachen und gab Ideen, wie man ein Bilderbuch im eigenen Unterricht einsetzen kann. Anschließend arbeiteten die Grundschullehrerinnen in Zweierteams und erstellten ein Drehbuch für ein kurzes, spannendes Buchpräsentationsvideo. Das Video wurde dann aufgenommen und in der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe geteilt.
Das Seminar mit dem Titel „Raus aus dem Haus“ wurde bereits in mehreren Ortschaften des Landes abgehalten und erhielt durchweg positive Rückmeldungen. „Es war immer nur das Kollegium einer Schule - fünf bis zehn Lehrerinnen - dabei und es hat allen sehr gut gefallen, dass man in einer kleinen Runde gesessen ist. So konnte man an der eigenen Schule die eigenen Probleme besprechen. Es war schön, dass es immer mehr Bewegung gab und die Zeit ist schnell miteinander vergangen“, schlussfolgert Referentin Adriana Hermann.