Rechtsanwälte, Hexen-Verfolger und Profirennfahrer

Ausgehviertel an der Franziskanerkirche ist einen Museumsbesuch wert

Klausenburg – Die erste Etage des Museums für die Geschichte Siebenbürgens in der Altstadt von Klausenburg/Cluj-Napoca lädt Kinder und Erwachsene schon seit sieben Wochen zur Ausstellung „Istoriile Clujului“ ein. Eines der Exponate ist ein schwarzweißes Winterbild von Fotograf Ferenc Ve-ress, das kurz vor Ende des 19. Jahrhunderts aufgenommen wurde und die Franziskanerkirche mit ihrem spitzen Dach unter grauem Nachmittagshimmel zeigt. Die Gastgeber und Kuratoren der Ausstellung wissen auf Nachfrage genauestens davon Bescheid, dass das Gebäude, worin sie seit bald sechzig Jahren von Generation zu Generation ihrer Bildungsarbeit nachgehen, in 200 Jahren oft Besitzer und Bestimmung gewechselt hat. Major Dániel Petrichevich-Horváth hatte es zu Beginn des 19. Jahrhunderts bauen lassen, um darin regelmäßig das künstlerische und sozial elitäre Klausenburg empfangen zu können. Einige Zeit später riss Rechtsanwalt János Rucska es sich unter den Nagel, ehe er es dem Reformierten Gymnasium vererbte. Noch vor dem Ersten Weltkrieg und der Gründung Großrumäniens im Jahr 1918 stellte das Archäologische Institut der Franz-Josef-Universität in diesem Altbau Münzen und Antiquitäten aus. Der rumänische Staat selbst kaufte das Gebäude im Jahr 1925 und stellte es der Universität zur Verfügung, die damals den Namen von König Ferdinand I. führte und vier Jahre später das Institut für Klassische Studien im Altbau am Museumsplatz unterbrachte – der hieß damals „Piața Carolina“, während der „Bulevardul Eroilor“ schlicht und einfach mit „Uli]a de mijloc“ bezeichnet wurde.

Klausenburgs Geschichte ist in der Tat auf vielfältigsten Spuren zu verfolgen und bietet Stoff für unzählige Gespräche. Die Ausstellung „Istoriile Clujului“ im Museum für die Geschichte Transsylvaniens wurde am 21. September eröffnet und bietet folgerichtig ein Puzzle von 365 dokumentarischen Bausteinen, die nach und nach auch auf dem Facebook-Account des Museums veröffentlicht werden. Bis in die Jungsteinzeit zurück reicht der erzählerisch ausdauernde Atem der Exponate. Und auf der letzten Strecke des 16. Jahrhunderts soll in Klausenburg Staatsanwalt György Igyártó gelebt haben, der als größter Hexen-Verfolger in die Geschichte der Stadt eingegangen ist. Etliche Frauen mussten mit ihrem Tod büßen, weil sie es sich herausgenommen hatten, ihn der Vergiftung seiner ersten Ehefrau zwecks Heirat mit seiner Konkubine zu bezichtigen. Allein 1584 verurteilte György Igyártó sechs Frauen zur Höchststrafe auf dem Scheiterhaufen. Doch längst nicht alles, was diese Ausstellung im Museum für die Geschichte Transsylvaniens vorstellt, ist in der Schublade von Schrecknissen zu verorten. Denn auf dem Hügel hoch über der modernen Stadt wurde zur Zwischenkriegszeit ab 1922 jährlich ein internationales Kraftfahrzeugrennen ausgetragen. An der letzten Auflage 1936 erreichte Profi Calcianu im Fahrersitz eines Duesenberg die Marke von 120 Kilometerstunden. Auf der kurvenreichen Straße am Feleac lässt man es heute dagegen besser bleiben, ihm nachzueifern, und lässt die Motorbremse ihre Aufgabe tun. Im Verkehrsgesetzbuch gilt es als Verbrechen, eine öffentliche Straße für private Wettrennen zu missbrauchen. Zudem drängt die Zeit noch kein bisschen, da die Ausstellung „Istoriile Clujului“ bis Mitte September 2022 offen ist.