Reschitza - Marius Mihăilă und Adrian Chebuţiu, die beiden Hauptaktionäre des erfolgreichen Fahrradherstellers VeloCity vom Reschitzaer Industriestandort Mociur beriefen eine Pressekonferenz ein, bei der sie sich über die Behandlung der Firma durch die Stadtführung beklagten, die sie unaufhörlich beschuldige und ihr ein Ultimatum nach dem anderen zuschicke, damit endlich mit den Bauarbeiten für die Ausbaustufe SportCity auf dem Gewerbegebiet im Ţerova-Tal begonnen werde.
VeloCity wollte ursprünglich auf der mit EU-Mitteln (Kostenpunkt: rund zehn Millionen Euro) zum Gewerbegebiet umgebauten Industriebrache (hier stand früher das Erzsinterwerk und ein Teil der Eisenerzdepots des Reschitzaer Eisenhüttenwerks) unter der Bezeichnung SportCity eine moderne Industrieanlage zum Bau von Sportartikeln bauen. Nicht nur Fahrräder sollten hier produziert und zusammengebaut werden (Herkunftsland der Bauteile: China), sondern auch Ausstattungen für das Golfspiel (vor allem Schläger), diverse Fitnessanlagen und -ausstattungen sowie Wandersportartikel und Zelte. Zudem sollten Fahrradpisten zum Testen der Fahrräder entstehen, aber auch ein Golfplatz in der Nähe, um die Golfprodukte zu testen. Letztendlich – so Hauptaktionär Adrian Chebuţiu – sollte die neue Produktionsanlage von VeloCity zu einem stadtnahen Brennpunkt des Freizeitlebens der Reschitzaer werden.
Die Probleme tauchten auf, als die geologischen Bodenuntersuchungen ergaben, dass, zur Bausicherheit, für das Vorhaben von VeloCity die Baugrube vier Meter tief ausgehoben werden müsste – was zusätzliche Investitionen von zwei Millionen Euro erfordert. Das praktisch aufgeschüttete Gelände sei sonst zu wenig tragfähig für die Mehrheit der Anlagen, die hier errichtet werden sollten.
Klärungsversuche gegenüber der Stadtleitung, die möglichst zügig die (in zwei Ausbaustufen) geplanten 400 neuen Arbeitsplätze sehen wollte, seien „in eine öffentliche Hetze“ ausgeartet, erklärte VeloCity-Geschäftsführer Marius Mihăilă, der sich, ohne Namen zu nennen, offensichtlich auf Bürgermeister Mihai Stepanescu bezog, dessen oft rüde Umgangsart – vor allem mit den Mitarbeitern des Rathauses – inzwischen berüchtigt ist. Andererseits kann man auch die Stadtleitung verstehen, die VeloCity gegenüber großes finanzielles Entgegenkommen in Form massiver Preisnachlässe bei der Pacht des Geländes und das Erstkaufrecht zugesagt hatte und nun gegenüber den Bürgern der Stadt einen Erklärungsbedarf hat.
„Die Industriegruppe, die ich, in meiner Eigenschaft als Mehrheitseigner, verwalte“, schlug Adrian Chebuţiu in dieselbe Kerbe wie der VeloCity-Geschäftsführer, „die aber effektiv von meinen Kollegen geführt wird, hat niemals Geld aus niemandes Tasche gefordert. Wir sind diejenigen, die Reschitza immer wieder Geld gezahlt haben. Seit 2004, seit ich in Reschitza bin, zahle ich hier meine Steuern und Gebühren und stelle Personal an“, gab sich der ehemalige „Präsident-Generaldirektor“ des Maschinenbauwerks UCMR pikiert. Und er fügte hinzu: „Ich bin Bürger dieser Stadt, denn ich habe einen Reschitzaer Ausweis.“ Man versteht: also auch Rechte.
Die ewigen Vorwürfe seitens der Stadt, dass VeloCity die Stadt hinters Licht geführt habe beim Drängen wegen der Zueignung des Filetstücks des Gewerbegebiets, dass die Firma in Wirklichkeit gar kein Geld für Investitionen habe, dass die Aktionäre von VeloCity unernst seien und dass sie im Gewerbepark eine strategische Lage mit irgendwelchen Hintergedanken besetzt hätten – wodurch andere Firmen dort jede Lust verloren hätten, noch etwas zu unternehmen –, habe man satt. Man überlege jetzt ernsthaft, die geplante Investition anderenorts zu tätigen, erklärte Chebuţiu und sogar, ganz VeloCity samt dem geplanten SportCity woanders neu aufzubauen. Kein Investor verbleibe lange Zeit an einem Ort, wo er so behandelt wird.
VeloCity ist das einzige von einem Dutzend Teilwerken, das profitabel arbeitet, nachdem Chebuţiu in seiner Zeit als „Präsident-Generaldirektor“ des Reschitzaer Maschinenbauwerks UCMR das Werk aufgespaltet hat. Über die Art und Weise, wie Chebuţiu aus seiner Führungsposition des zur Schweizer Inet-AG gehörenden Werks Mehrheitseigner der perspektivreichsten Teilwerke wurde, zirkulieren in Reschitza immer noch diverse Gerüchte. Fakt ist, dass der große Rest von UCMR heute insolvent ist, von einem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter geleitet wird und dass die Perspektiven der noch über 3000 Arbeitnehmer mehr als düster sind.