„Rolf Bossert“-Gedächtnispreisträgerin 2025 ist Nicola Quaß aus Düsseldorf

Es steht nun fest, an wen 2025 der vor sechs Jahren ins Leben gerufene „Rolf Bossert“-Gedächtnispreis geht. Die meisten Punkte erzielte die in Wetzlar geborene und in Düsseldorf lebende Nicola Quaß. Sie studierte Rechtswissenschaft und schreibt Lyrik und lyrische Prosa. Sie hat sich durch zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien bereits einen Namen gemacht.

Nicola Quaß errang einen zweiten Preis beim Lyrikwettbewerb „Lyrik 2000S“ (2004), sowie Preise beim Literaturpodium für die Jahre 2006, 2007 und 2011. Für das Jahr 2017 erhielt sie das Merck-Stipendium der Darmstädter Textwerkstatt bei Kurt Drawert. Im Februar 2020 erschien ihr Lyrikdebüt in Buchform „Nur das Verlorene bleibt“ („hochroth“-Verlag Heidelberg). Mit Geraldine Gutiérrez-Wienken übersetzte sie Gedichte von Mónica Francés aus dem Spanischen („Yo sueńa | Ich träumt`”, „hochroth“-Verlag Heidelberg, 2022). Sie war auch für den Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis 2022 nominiert. 2023 erhielt sie einen der Ulrich-Grasnick-Lyrikpreise (2. Platz). Im März 2024 erschien ihr zweiter Gedichtband „Moorland“ (dr.-ziethen-Verlag).

Die Jury-Mitglieder (Christian T. Klein, Vorsitzender; Dr. Waldemar Fromm, Katharina Kilzer, Hellmut Seiler, der Initiator des „Rolf Bossert“-Gedächtnispreises, Dr. Olivia Spiridon und Barbara Zeizinger – Mitglieder) hatten eine Menge Arbeit mit der Bewertung: Für den „Rolf Bossert“-Gedächtnispreis 2025 wurden bis zum Einsendeschluss am 10. Januar 2025 208 Einsendungen verzeichnet, davon 163 aus Deutschland, 30 aus Österreich, sechs aus der Schweiz, je zwei aus Italien und Luxemburg und je eine aus Belgien, Japan, Marokko, Spanien und Uruguay. Jede mit einer Kennziffer versehene Eingabe wurde den Jury-Mitgliedern zugesandt, die bis Mitte März ihren Preisträger bekanntzugeben hatten. Für die Effizienz dieser Jury zeugt, dass die Preisträgerin bereits jetzt öffentlich gemacht werden kann. Der mit 2000 Euro dotierte Gedächtnispreis wird in der Zeit 3. bis 6. April innerhalb der XXXV. Auflage der „Deutschen Literaturtage in Reschitza“ überreicht.

Der „Rolf Bossert“-Gedächtnispreis würdigt deutschsprachige Gedichte eines Autors, wobei die Zuordnung zur Gattung Lyrik deutlich erkennbar sein muss. Die Entscheidung der Jury ist nicht anfechtbar, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Erwähnenswert ist, dass das Institut für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen, das Kulturwerk Banater Schwaben e.V. Bayern, die Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V. München, das Demokratische Forum der Banater Berglanddeutschen und der Kultur- und Erwachsenenbildungsverein „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ den Lyrikwettbewerb und die Preisvergabe fördern. Wichtige Unterstützer des Preises sind die Mitglieder des „Rolf Bossert“-Förder- und Freundeskreises, deren Zahl sich ständig vergrößert.

Der erste Preisträger des „Rolf Bossert“-Gedächtnispreises war der in Moskau geborene und in der Schweiz lebende Alexander Estis. Nächste Preisträgerin (2021) war Britta Lübbers aus Oldenburg, Deutschland. Dritter Preisträger war Bastian Kienitz aus Mainz, Deutschland (2022), den Gedächtnispreis für das Jahr 2023 bekam Christian T. Klein aus Wien zugesprochen, und der Gedächtnispreis für das vergangene Jahr ging an Dietrich Machmer (Seevetal, Deutschland). Alle fünf bisher zugesprochenen Preise wurden innerhalb der „Deutschen Literaturtage in Reschitza“ verliehen, jeweils im Beisein eines Großteils der Jurymitglieder und, fallweise, in Anwesenheit der beiden Söhne von Rolf Bossert.
 

Nicola Quaß

Die Taube

Sonntag. Die Straßen leer. Alle Stimmen verklungen.
Noch immer August. Durch den engen Spalt
der Jalousien fiel etwas Licht.
Die Wärme hatte den Garten vertrocknet.
Von den Dächern fiel Staub.
Deine Gegenwart versetzte mich ins Träumen. Körpermomente,
zusammengeschnürte Zeit. Die Hitze des Sommers
stand noch immer im Zimmer.
Mein Atem. Schwach und vergilbt.
Wir lagen nebeneinander, Schulter an Schulter,
zwei zusammengewachsene Menschen,
umgeben von Nachbarschaftselegie.
An deinen Hüften knarzten die Jahre.
Deine Haare, ein Fragment.
Der plötzliche Knall gegen das Fenster.
Dein schlafender Mund.
Ein Schatten betrat die Szene, spaltete
meinen Blick. Ich hatte sie nicht sofort bemerkt.
Die Taube. Ihr zuckender Flügel. Der panische Moment.
Ich sprang auf, wickelte mich in das Laken ein, stürzte kopflos
vor die Tür. Dort sah ich das verletzte Tier.
Es lag hinter der Scheibe, den rechten Flügel
wie ein Segel in die Luft gestreckt. Es zitterte viel.
„Wir müssen einen Krankenwagen rufen“, rief ich
zu dir herein: „Es ist etwas Schlimmes passiert.“
Doch ich hörte nur deinen Atem, leise und sanft.
Es gab diesen Moment, als Bewegung
in Starre überging. Der Vogel
mit seinem erloschenen Blick.