Schlusskonzert mit Mussorgsky, Ravel und einem Bläserquintett

Den „Michelsberger Spaziergängen“ steht die Winterpause bevor

Auch die „Sechs Bagatellen“ von Jahrhundert-Komponist György Ligeti (1923-2006), der aus der siebenbürgischen Kleinstadt Sankt Martin/Târnăveni stammte, nahmen sich Iasmina Palage, Șerban Floștoiu, Horațiu Văsar, Ferenczi Balázs und Darius Boșca (v.l.n.r.) für Michelsberg vor. | Foto: Klaus Philippi

Michelsberg – Es hängt zwar eine kleine Glocke im Chorgestühl der evangelischen Kirche Michelsberg/Cisnădioara, doch dürfte sie bestimmt nicht eigens für den Konzertgebrauch mit Strick und Griff ausgestattet sein. Auch an den sechs Sonntagen der „Michelsberger Spaziergänge“ 2024 war ihrem Klöppel trotz Musik aus bis zu sechs Jahrhunderten ausnahmslos die Ruheposition vorbehalten. Iasmina Palage (Flöte), Șerban Floștoiu (Oboe), Darius Boșca (Klarinette), Horațiu Văsar (Horn) und Ferenczi Balázs (Fagott) dafür ließen am schließenden Nachmittag des 18. August als Quintett „Fantastique“ der Gheorghe-Dima-Musikakademie Klausenburg/Cluj-Napoca in eine Klangmalerei hineinhorchen, die zum Finale sogar eine Dosis Röhrenglocken-Nachhall vortäuschte: wer mit den symphonischen Nuancen des „Heldentors in der alten Hauptstadt Kiew“ vertraut ist, konnte das Schillernde und Berstende von Modest Mussorgsky sowie Orchester-Bearbeiter Maurice Ravel in einer farblich reichen Kammermusik-Fassung inhaltlich ungekürzt wiedererkennen und dennoch über weite Strecken als fast noch nie gehörtes Paradestück großer Musik erleben. So spannend aufbereitet waren sie im Raum Hermannstadt/Sibiu schon lange nicht mehr zu hören gewesen, die „Bilder einer Ausstellung“.

Eine Woche zuvor hatten Caroline Hausen und Monika Robescu als „Ensemble donne fugate“ auf vielen Blockflöten unterschiedlichster Bauarten, Stimmlagen und stilistischen Eignungen bewiesen, dass die Kombination sehr alten und recht neuen Repertoires ein Rezept für schlüssige Konzertprogramme bedeutet, und am vorletzten Julisonntag spürte man im Publikum der Michelsberger evangelischen Kirche trotz des langen Auftritts vom Streichquartett „Resonance“ und Klarinettist Deák Sándor keine Langeweile – Franz Schubert und Wolfgang Amadeus Mozart machten die Spieldauer von weit über einer Stunde schlicht vergessen. Wohl fühlte sich am selben Ort gleich doppelt Ványolós András als Leiter des Kammerchors „Lux Aurumque“ aus Szeklerburg/Miercurea Ciuc am 28. Juli und als Mitglied des Vokalquintetts „Ars pro Toto“ aus demselben Landeskreis in der Harghita, das sich am 4. August vom Rekord-Publikumstreiben anlässlich des Treffens der Siebenbürger Sachsen am Hermannstädter Großen Ring künstlerisch kein wenig aus der Ruhe bringen ließ: knappe 30 Zuhörerinnen und Zuhörer wurden für ihren Mut, der Sogwirkung des Nachmittags vor dem Live-Konzert mit Peter Maffay zu widerstehen, betörend mit einem „Spaziergang“ durch die Hochkultur des kirchlichen Singens im 17. Jahrhundert belohnt. Unbedingt nicht zu vergessen auch das erste Konzert der Reihe am 14. Juli mit Organist Ulf Nilsen aus Oslo und seinen norwegischen Trio-Kollegen Georg Reiss auf der Klarinette und Taragot sowie Sänger Nils Arne Helgerřd, an deren Meisterschaft im Aufführen von Crossover-Passagen Michelsbergs evangelische Kirchengemeinde und ihre Konzertgänger sich noch gewiss lange erinnern werden. Wo der Rekordsommer selbst Szeklerburg eine Tagestemperatur von 40 Grad Celsius im Schatten aufzwang, hatte man es auch in Michelsberg unter der sengenden Sonne schwer wie noch nie. Ein Grund mehr, das Dranbleiben der gastgebenden und sehr schmackhaft bewirtenden Kirchengemeinde nicht hoch genug wertschätzen zu können.