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11. Analog Mania lenkt Fokus auf Amateurfilmer aus Österreich und Rumänien

Die Live-Konzerte des internationalen Trios um den Temeswarer Mikrophonbauer Emil Kindlein gehören zu den Klangerlebnissen des XI. Analog Mania. Foto: Kindlein PJ

Nach mehreren Konzerten mit Mensch+KI gesteuertem Orchester und nach der Aufnahme „Garden of Robotic Unkraut“ von Blueblut kann gesagt werden: Ja, Roboter können improvisieren! – so die Beschreibung zu Jankas T.M.M.O. Foto: Chris Janka

Temeswar (ADZ) Das Temeswarer Analog-Mania-Festival stellt in diesem Monat erneut die Modernität der analogen Medien in Frage, ohne sie als Gegensatz, sondern als perfekte Ergänzung zum digitalen Universum zu sehen. Dabei werden Produkte aus den Bereichen Foto, Film, Ton und Druck kreativ kombiniert, was zu neuen Kunstformen führt, in deren Mittelpunkt Objekt, Installation und Experiment stehen. Als Teil des offiziellen Programms Temeswar 2023 - Kulturhauptstadt Europas bringt die 11. Ausgabe dieser Veranstaltung Künstlerinnen und Künstler aus 10 europäischen Ländern zusammen, „darunter mehr als 30 Künstlerinnen und Künstler und Künstlerkollektive aus Österreich – eine Premiere für eine kulturelle Veranstaltung in Rumänien“, so die Pressemitteilung des Österreichischen Kulturforums Bukarest. Eines der zentralen Projekte von Analog Mania ist „Side by Side“, das das hundertjährige Bestehen der Amateurfilmproduktion in Österreich und Rumänien und die besonderen menschlichen Bindungen zwischen den beiden Ländern feiert. Die Filmvorführungen zählen zu den derzeit originellsten Ausstellungen in Europa, so die Veranstalter. Das Festival findet bis zum 30. April im Casa Tineretului (Arieș-Str. 10) und im Studentenkulturhaus (Casa Studenților, Bd. Regele Carol 9) statt und wird vom Österreichischen Kulturforum Bukarest unterstützt.

Zu den teilnehmenden österreichischen Künstlerinnen und Künstlern zählen Angela Christlieb, Heidi Fial, Margit Hart, Fritz Maierhofer, Chris Janka, Louise Rath, Günter Mokesch, Günter Parth, Andreas Nader, Sebastian Schager, Stephan Schwarz, Film Koop (Wien – Cosma Grosser, Markus Maicher, Stefanie Weberhofer, Marina Rebhandl), Rotlicht Festival (Wien), Florian Fusco and The Beats (Wien), OchoReSotto (Graz - Lia Rädler, Volker Sernetz, Stefan Sobotka-Grünewald), Thomas Glänzel, Adam Wehsely-Swiczinsky, Jörg Vogeltanz und die Gruppe 77 (Graz - Lis Gort, Erwin Lackner, Wolfgand Rahs, Werner Schimpl, Hans Jandl).

Side by Side ist das Ergebnis umfangreicher Recherchen der Künstlerin und Dokumentarmacherin Heidi Fial und ist eine multimediale Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum des Amateurfilms. Der Fokus liegt auf den Gemeinsamkeiten und Überschneidungen zwischen Österreich und Rumänien. Präsentiert werden Originalausschnitte aus historischen Filmen, auf 16-mm-, 9,5-mm- und 8-mm-Film, sowie originale Filmgeräte und Werbemittel aus beiden Ländern in analoger und digitaler Form. Die Ausstellung in Temeswar wird von Heidi Fial und dem in Rumänien geborenen Künstler Emil Kindlein – Organisator von Analog Mania – kuratiert und ist „eine Hommage an Filmliebhaber, das Unbekannte und das Ungesehene“.

Das Festival bietet eine Reihe von originellen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, analogen Workshops und thematischen Ausstellungen zur Geschichte mit Teilnehmern aus Österreich, Kroatien, Finnland, Deutschland, Georgien, Mazedonien, Polen, Rumänien, Serbien und Spanien, sowie Konzerte, wie beispielsweise jene von Emil KiNDLEiN, der zusammen mit dem deutschen Schlagzeuger Matthias Macht, der österreichischen Kuratorin der Amateurfilmausstellung Heidi Fial am Kontrabass auftritt oder der „Sound & Scratches Workshop“ der österreichischen plattenbau crew.

Zur Eröffnung des Festivals fand zudem das Jahrestreffen des Analog Photography Festival Network in Temeswar mit mehreren Werkstätten und Künstlertreffen statt, während im Casa Tineretului an Chris Jankas „Totally Mechanized Midi Orchestra“(T.M.M.O) Heidi Fials Komposition „Rebus“ Premiere feiern durfte. Das T.M.M.O. besteht aus sechs Roboterinstrumenten, gebaut aus Motoren, Relaise, Elektromagneten und pneumatischen Bauteilen, die jedes beliebige Midifile auf ihre Weise interpretieren können. Die Instrumente sind aber nicht einfach von Robotern bediente konventionelle Instrumente, sondern Klangerzeuger, die sich ihrer mechanischen Herkunft bewusst sind und diese als Inspiration zur Tonerzeugung nutzen. MIDI bedeutet „Musical Instrument Digital Interface“ und ist ein digitales Protokoll zur Musikprogrammierung, das Anfang der 80er Jahre entwickelt wurde. Heutzutage basiert ein Großteil der populären und der elektronischen Musik (ob populär oder nicht) auf diesem Protokoll. Als Kritiken laut wurden, das alles klänge viel zu mechanisch und programmiert, wurden sogenannte „humanising“-Algorithmen eingeführt, um dem Programmiertem wieder eine gewisse „menschliche“ Ungenauigkeit zu verpassen. Füttert man nun das MIDI Orchestra mit solchen Files, entstehen neue, ungeahnte Klangwelten. Analog Mania ist auch ein Treffpunkt zwischen Meistern und Schülern, zwischen den Veteranen der Gruppe 77 Graz, den jüngeren Vertretern des Vereins Rotlicht Wien und den Mitgliedern des Iris Photo Club des Studentischen Kulturzentrums in Timi{oara. Andererseits werden Daniel Furian und Adam Wehsely-Swiczinsky, zwei Musiker aus Österreich, kontrapunktische Werke mit instrumentalen Produktionen zur Geschichte des rumänischen Rock präsentieren. Zwei Künstler auf dem Höhepunkt ihrer Karriere – Fritz Maierhofer und Stefan Kelemen, beide aus den siebziger Jahren, der erste ein in Österreich tätiger bildender Künstler und Juwelier, der zweite ein in Rumänien lebender bildender Künstler und Graveur – stehen bei diesem internationalen Austausch einander gegenüber.

Das Analog-Mania-Festival wird von der Jugendstiftung des Kreises Timis (FITT), der Kulturambulanz und dem Künstler Emil Kindlein organisiert. Das Projekt wird von der Gemeinde Temeswar über das Projektezentrum finanziert und mit Unterstützung des Österreichischen Kulturforums, der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest und der Westuniversität von Temeswar realisiert.